Radtour Ladakh:

Land: Indien Tour: Ladakh:
Start: Manali Ende: Shrinagar
Route: Manali, Keylong, Sarchu, Leh, Lamayuru, Kargil, Drass, Kaschmirtal, Shrinagar
Distanz:   Dauer:  
Versorgung:   Höhenmeter:  
Schwierigkeiten::

Pässe über 5000m, grosse Distanzen ohne Läden

Rating: Superschöne Bergwelt mit buddistischer Kultur, Martins Lieblingstrecke
 
Manali, ein Touristenort in einer Höhe von etwa 2000m ist bei den Indern ein beliebter Ort für Flitterwochen, und Ausgangspunkt für eine abenteuerliche Reise nach Ladakh. Viele ausländische Touristen zieht es jedoch eher wegen der angeblich so guten Qualität der örtlichen "Gartenbauprodukte" in die Berge Indiens. Auch ich wurde mehrmals von einigen etwas "dumpf" grinsenden Indern angesprochen, ob ich nicht ein bißchen von ihrem guten "Tabak" kaufen wolle.  
 
Von Manali aus ging es dann ins 496 Km entfernt gelegene Leh in Ladakh. Normalerweise nichts ungewöhnliches, doch die beiden Orte waren durch die  höchste mit Motorfahrzeugen befahrbare Straße der Welt verbunden. Es warteten also einige der höchsten Pässe der Welt auf mich. Am ersten Tag schlängelte sich die Straße langsam durch das grüne Kullu Tal, vorbei an wunderschönen Bauernhäusern, immer höher in die Berge. Nach nur 38 Km und 1400 Höhenmetern schlug ich schließlich in einer Höhe von 3300m mein Zelt auf.
 
Am nächsten Tag stand dann mein erster großer Paßübergang an. Der Rothang Paß ist mit seinen 3980m ein beliebtes Ausflugsziel für die Tagestouristen aus Manali. Der Parkplatz liegt etwas unterhalb des Gipfels, so daß die letzen Höhenmeter eigentlich zu Fuß zurückgelegt werden müssten. Um den vorwiegend indischen Touristen diese "beschwerliche" Wanderung zu ersparen stehen hier unzählige kleine Pferde zur Verfügung, die die Gipfelstürmer nach oben tragen. Da es hier oben doch sehr kalt und windig ist konnte man sich in einem der vielen Läden entlang der Straße von Manali bis zum Paß einen langen Kunstpelzmantel leihen, und so bot sich mir also ein wirklich skurriles Bild, als ich endlich am Paß angelangt war. Auf dem Paß wehte mir dann ein starker und eiskalter Wind um die Ohren, so daß ich mir umgehend einen warmen Pullover meine Regenjacke und die Winterhandschuhe anzog. Das konnte ja noch schön werden, wenn ich bereits auf dieser Höhe zu frieren begann, wo es doch insgesamt auf über 5000 Höhenmeter hochgehen sollte.
 
Am Abend des 2. Tages traf ich dann in Keylong, der wichtigsten Stadt der Region und letzte vernünftige Einkaufsmöglichkeit, ein. Ich war gerade auf Zimmersuche als ich von zwei Australiern angesprochen wurde, die ebenfalls nach Leh radeln wollten. Beim gemeinsamen Abendessen verabredeten wir uns dann, um am nächsten Vormittag gemeinsam weiter zu radeln. Schnell stellte sich heraus, daß die beiden jedoch um einiges schneller waren als ich; vielleicht lag es ja daran daß sie nur mit einem Gesamtgewicht von knapp 35 Kg unterwegs waren anstatt wie ich mit über 50 Kg. So zogen sie also bereits nach einer knappen halben Stunde davon. Da sie jedoch, im Gegensatz zu mir, einige Pausen einlegten, gelang es mir immer wieder kurz zu Ihnen aufzuschließen. Marc und Tim hatten den ausgearbeiteten Routenplan eines Amerikaners bei sich und so erreichten sie bereits gegen 16:00 Uhr in Patseo ihr Tagesziel. Da es mir jedoch zum Aufhören noch etwas zu früh war, und mir auch die nächste Tagesetappe etwas zu lang erschien, radelte ich noch knapp 1,5 Stunden lang weiter bis zur Zing Zing Bar. Erwartet habe ich dort eigentlich ein kleines Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeit, doch vorgefunden habe ich nur ein Camp der Straßenbautrupps. Ich hatte meinen Drahtesel gerade mal zum stehen gebracht, da wurde mir vom dortigen Militäringenieur auch schon eine Tasse Milchtee in die Hand gedrückt. Ich hatte diesen gerade mal zur Hälfte gelehrt, als mich der Offizier auch schon fragte, ob ich hier übernachten wolle. Er meinte ich könne entweder mein Zelt aufschlagen oder auch in einem Bett in ihrem Camp nächtigen. Zuerst wollte ich eigentlich mein Zelt aufschlagen, doch da es extrem stürmisch und kalt war, entschied ich mich doch für das Bett (anstatt eines Lattenrostes gab es jedoch eine Metallplatte und die Matratze wurde von einer dünnen Decke ersetzt). Gegen 20:00 Uhr wurde ich dann von einem der Staßenbaujungs in ihren Schlafsaal geholt, wo ich dann gemeinsam mit ihnen ein leckeres Abendessen bekam. Leider war ich von der Tagesetappe so erschöpft, so daß ich nicht sehr kommunikativ war und mich recht früh in mein Bett verkroch.
 
Auch wenn ich vielleicht manchmal etwas über den schlechten Zustand der Straße geschimpft habe (gerade am Anfang der Strecke bestehen große Teile der Straße aus Schotterpiste), so habe ich doch einen unglaublichen Respekt vor der Leistung der Menschen, die die Straße in einer Höhe zwischen 3000m und 5000m erbaut haben und nun weiterhin in mühevoller Arbeit reparieren. Gerade zwischen Keylong und dem Baralacha La (La bedeutet Paß), habe ich sehr oft Männer und Frauen getroffen, die dabei waren die durch Geröllabgänge zerstörte Straße wieder zu reparieren. Während die Frauen damit beschäftigt waren mit einem Fäustel etwa Fußballgroße Felsstücke zu Schotter zu zertrümmern planierten die Männer die Straßen per Hand um sie anschließend zu teeren. Auch das Teeren erfolgte ausschließlich per Hand. Der Teer wurde stets zuerst in großen Fässern über einem kleinen Feuer erhitzte und anschließend über die "planierte" strecke geschüttet. Die einzige Maschine die sie in ihrer Arbeit unterstützte war ein "Dampfwalze". Entlohnt werden die Arbeiter und Arbeiterinnen für ihre schwere Arbeit dann mit der unglaublichen Summe von 20,- US$ pro Monat!
 
Am nächsten Morgen schlief ich etwas länger, so daß ich gerade noch sah, wie die ganzen Straßenarbeiter auf einen Lkw aufstiegen und in die Berge verschwanden. Während die Arbeiter wieder ihrer schweren Arbeit nachgingen erklomm ich mit meinem Rädchen den 4830m hohen Baralacha La. Auch hier war es wieder kalt und windig so daß ich für die nun kommenden Tage und Nächte in den Hochebenen (es blieb von nun an bis kurz vor Leh stets über 4000m) das Schlimmste befürchtete, hatte doch unser Weltreiseradführer von plötzlichen Schnee- und Hageleinbrüchen gewarnt. Vom Paß radelte ich dann noch zum nächsten Versorgungszelt um mich wieder etwas zu stärken und um auf die beiden Australier zu warten. Nachdem sie jedoch nach etwa 2 Stunden immer noch nicht in Sichtweite waren, radelte ich weiter nach Sarchu, einer Zeltstadt auf 4200m Höhe, und Hauptübernachtungsplatz der zweitägigen Bustouren von Leh nach Manali. Nachdem ich mich beim dortigen Polizeicheckposten hatte registrieren lassen entschied ich mich, noch knapp 20 Km weiter zu radeln, um den für den nächsten Tag anstehenden Doppelpaß in einem Zug fahren zu können (die beiden Australier wollte in der Mitte und in einer Höhe von 4700m in ihrem Zelt übernachten).
 
Den Einstieg zu dem Doppelpaß Nekeela La und Lachungla La bilden die 21 Kehren der Gata Loops, mit denen man innerhalb weniger Kilometer 400 Höhenmeter überwindet. Eigentlich hätten es nach dem Ende der Gata Loops nur noch ein paar Höhenmeter bis zum ersten Paß sein dürfen, doch die Straße windete sich immer höher in die Berge. Ziemlich erschöpft erreichte ich schließlich den Nekeela La. Laut meinem Höhenmesser lag der Paß jedoch nicht auf einer Höhe von 4740m wie es meiner Karte zu entnehmen war, sondern auf zumindest knapp über 4900m (alle anderen Radler die ich später getroffen habe bestätigten meine Erfahrungen und prognostizierten mit ihren Höhenmessern stets eine Höhe zwischen 4900m und 5000m).
 
Vom Nekkela La ging es dann wieder 200 Höhenmeter bergab um anschließend umgehend auf schwieriger Straße 9 Km lang zum Lachuglang La auf 5030m anzusteigen. Insbesondere die letzten 2 Km waren sehr anstrengend und ich war sehr froh endlich den höchsten Punkt für diesen Tag erreicht zu haben. Nach kurzer Pause ging es von dort dann die nächsten 20 Km bis Pang nur noch bergab. Den größtenteils der Strecke vom Lachuglang La bis nach Pang ging es durch eine eindrucksvolle Sandgebrigslandschaft. Müde und erschöpft erreichte ich schließlich Pang.
 
In Pang übernachtete ich dann in einer Höhe von 4500m in einem Zelthotel. Im Gegensatz zu den aufwendiger aufzubauenden Jurten der Normaden hatten sie hier einfach einen Fallschirm als Dach genommen und als Wände eine einfache robuste Folie angenäht. Die Zelte boten reichlich Platz für Küche und Sitzgelegenheiten und schützen wunderbar vor Wind und Wetter. Nachdem ich die letzten Nächte oft aufgewacht war, mein Nacken hatte sich durch die holprige Strecke so verspannt, daß ich Kopfweh bekam den ich nur mit Tigerbalsam wieder losbekam, konnte ich hier erstmals wieder richtig erholsam schlafen.
 
Nun stand mir die "Königsetappe" bevor. Um auf der über 90 km langen Etappe mit dem 5360m hohen Taglang La nicht in Zeitprobleme zu kommen brach ich bereits gegen 7:20 Uhr in Pang auf. Zunächst erfolgte der Aufstieg zur 4800m hoch gelegenen Morre Hochebene. Die nächsten 45 Km ging es dann über die riesige flache Hochebene. Die spärliche bewachsene Hocheben wurde von einigen Normaden (Tibetische Flüchtlinge) genutzt, die dort mit ihren Viehherden (überwiegend Schafe und Ziegen) ein einfaches Leben führten. Nach dem ständigen Bergauf und Bergab der letzten Tage wirkte diese riesige ebene Fläche sehr beruhigend und beeindruckend auf mich. Ich hatte Glück und mit Rückenwind gelang es mir die Hochebene zügig zu durchqueren und so erreichte ich den Einstig zu meinem letzen Paß vor Leh bereits gegen 11:30 Uhr.
 
Nach einer kurzen Pause machte ich mich dann daran die letzen 16 Km und 600 Höhenmeter zu erklimmen und nach drei sehr anstrengenden Stunden stand ich dann schließlich auf dem Taglang La. Mit seinen 5360m ist der Taglang La der zweithöchste mit Motorfahrzeugen befahrbare Paß der Welt! Völlig wieder Erwarten ging es mir in dieser Höhe doch relativ gut, und auch das Radeln bereitete mir keine besonderen Schwierigkeiten. Bereits von einigen Bergsteigern die in dieser Höhe unterwegs waren hatte ich von starken Atemproblemen, bedingt durch die dünne Luft, gehört, doch davon konnte ich nichts spüren. Lediglich nach kurzen Steilstücken brauchten meine Oberschenkelmuskeln wieder eine Weile, bis sie sich erholt hatten und aufhörten zu schmerzen. Auf dem Paß traf ich dann Nico (einen Österreicher) und seine amerikanische Freundin die mit ihrer Royal Endfield ebenfalls nach Leh unterwegs waren. Nach einem kurzen Schwätzchen machte Nico jedoch die Höhenluft so zu schaffen, daß sie sich wieder auf den Weg machten. Nachdem ich noch ein paar Bilder von der grandiosen umliegenden Bergwelt gemacht hatte, machte auch ich mich wieder auf den Weiterweg. Nun ging es auf guter Teerstraße (gut immer auf die hiesigen Verhältnisse bezogen!) in vielen Kehren knapp 1000 Höhenmeter bergab und gegen Spätnachmitag erreichte ich dann die Versorgungszelte von Rumtse.
 
In Rumtse traf ich dann auf Don, einen radfahrenden Amerikaner. Nach einem netten und langem Abend voller Geschichten radelten wir am nächsten Vormittag dann gemeinsam weiter. Nach der kargen und unbelebten (zumindest habe ich seit Zing Zing Bar keine Häuser mehr gesehen) Bergwelt wurde es nun nach und nach wieder belebter, und bereits nach einigen Kilometern tauchten die ersten Ortschaften auf. Die Häuser der Ladakhi (Bewohner von Ladakh) waren wirklich herrlich anzusehen. Irgendwie passten die liebevoll gepflegten Häuser so gar nicht in das doch sonst sehr "schmuddelige" Indien. Auch die Menschen waren wirklich ungewöhnlich nett und nahezu aus jedem Garten und von jedem Feld hörte man ein freundliches "Jooley" (Hallo) von einem lachendem und winkendem Ladakhi. Nach den Anstrengungen der letzen Tag verbummelten wir nun den Tag und verbrachten den halben Nachmittag zusammen mit Luc, einem französischen Reiseradler, in einem Straßenrestaurant in Uphsi. Erst am Spätnachmittag konnten wir uns wieder aufraffen und während Don und Luc noch bis Thikse, kurz vor Leh, weiterradelten, machte ich noch einen Abstecher in das etwas oberhalb des Industales gelegene Kloster Hemis.
 
In einem Gartenrestaurant mit "Campingplatz" traf ich dann am Abend auf Ingo und Peter, zwei Schweitzer Radler. Ich hatte von den Beiden schon in Zing Zing Bar gehört, da sie einen Tag vor mir dort genächtigt und mit den Straßenarbeitern ebenfalls einen lustigen Abend verbracht hatten. Natürlich hatten auch wir uns viel zu erzählen und so war es dann auch schon ziemlich spät und kalt, bis wir schließlich in unsere Schlafsäcke krochen. Am nächsten Morgen besichtigten wir dann gemeinsam das Kloster Hemis. Obwohl es eigentlich das reichste Kloster in Ladakh sein sollte war von dem Reichtum nichts zu sehen. Besonders beeindrucken für mich war jedoch eine Situation in einem Gebetsraum in dem ein Mönch eine Trommel schlug, dazu Gebete sang und Räucherwerk verbrannte. Ich war ansonsten der einzige Besucher in dem Raum und so setzte ich mich, um die Zeremonie genau beobachten zu können. Nach einer Weile kam dann eine Ratte angesaust um an den Butterlampen zu trinken. Bereits in dem Kinofilm Kundün fand ich diese Situation sehr faszinierend. Als ich jedoch versuchte ein Photo von der Ratte zu machen verschwand sie bei meiner ersten kleinen Bewegung fluchtartig.
 
Gemeinsam radelten wir dann weiter Richtung Leh. Unterwegs machten wie dann noch einen Abstecher in das Kloster Thikse. Obwohl anfangs etwas widerwillig gingen Ingo und Peter dann doch mit. Ganz im Gegensatz zu der Beschreibung im Reiseführer der Beiden war das Kloster jedoch absolut sehenswert. Im Gegensatz zu Hemis hatten die Mönche hier die Eintrittsgelder dazu verwendet ihr Kloster zu renovieren. So erstrahlen sowohl die Gebetsräume als auch die Außenfassaden in fast neuem Glanz. Abgerundet wurde der gepflegte Eindruck durch unzählige Blumen, die in voller Pracht blühten und so das ganze Kloster in einen wunderschönen Ort verwandelten. Imposant war auch eine riesige Buddhastatue, die sich über 2 Stockwerke erstreckte. Der Mönch der diesen Raum "bewachte" war so von meiner Digitalcamera fasziniert, daß ich mich eine Weile zu ihm setzte, um gemeinsam mit ihm die Bilder der letzten Tage betrachtete.
 
Am Nachmittag erreichten wir dann endlich Leh, und, nachdem wir uns für den Abend verabredet hatten, gingen wir getrennt auf Zimmersuche. Ich war gerade mal 100m weit gekommen, als ich auf Nico und seine Freundin traf und ehe ich mich versah saßen wir auch schon in einem Café (Nico hatte mir nicht geglaubt, daß ich eine Gitarre dabei habe und lud mich daher zum Tee ein). Dabei trafen wir auch Franz, einen Tiroler, der mir erzählte, daß er eigentlich den Kardung La (mit 5600m der höchste befahrbare Paß der Welt) befahren wollte, doch in ganz Leh noch kein vernünftiges Fahrrad gefunden habe. Ich bot ihm also an, daß er  mein Fahrrad habe könne und so lud er mich ein, daß ich bei ihm im Guesthouse übernachten könne, was ich dann auch gerne annahm.
 
Ich hatte Glück und genau zu der Zeit in der ich in Leh war, fand im Kloster Phyang, etwa 17 Km hinter Leh, ein Klosterfest statt. Um meine etwas müden Glieder etwas zu schonen, fuhr ich mit dem Bus in das Kloster. Dort traf ich dann auf Heerscharen von Touristen aus aller Herren Länder die hierher kamen, um das Festival zu sehen (einige Reiseveranstalter bieten extra Reisen anläßlich dieses Festivals an). So war es dann auch kein Wunder, daß es mehr ausländische als einheimische Besucher gab, und daß der Weg bis zum Kloster mit unzähligen fliegenden Händlern gesäumt war. Der Buddhismus, der in Ladakh praktiziert wird ist übrigens mit dem tibetischen Buddhismus sehr eng verwandt, weshalb Ladakh (auch wegen der ähnlichen Lebensweise der Ladkhis) auch "Little Tibet" genannt wird.
 
Besonders faszinierend fand ich die Maskentänze der Mönche. Da es sich bei dem Festival um eine wichtige religiöse Zeremonie handelte, die auch Touristen besuchen durften, und keine Touristenveranstaltung, gab es leider niemanden, der den Touristen die tiefe Bedeutung der einzelnen rituellen Tänze erklärte. Lediglich über den letzten Tanz, den "Deer Dance" erfuhr ich, daß während des Tanzes das Ego der Menschen, in Form einer Puppe, zerstört wird. Begleitet von Trommeln und Schellen dauerten die verschiedenen Tänze mehrere Stunden.
 
In Ladakh ist es üblich, daß bereits viele Kinder als Novizen in die Klöster geschickt werden. Der Hauptgrund dafür liegt darin, daß so jede Familie ihren eigenen Mönch hat, der die religiösen Rituale, die in jedem Haus (in jedem Haus gibt es einen Hausaltar) vollzogen werden, durchführen kann. Es kann aber auch passieren, daß eine Familie eines ihrer Kinder in ein Kloster schickt, wenn zu befürchten steht, daß das Ackerland nicht alle Familienglieder ernähren können wird. Wie auch alle anderen Kinder in Ladakh (habe hier seit langem wieder einmal Kinder einfach nur spielen gesehen!!!!) haben auch die jungen Novizen allerlei Flausen im Kopf. Erst wenn sie es allzu bunt trieben wurden sie von den älteren Mönchen wieder zur Vernunft gerufen.
 
Obwohl die Masse der Besucher aus Touristen bestand, besuchten auch viele Ladakhis das Festival. Besonders angetan hatten es mir natürlich die alten Ladakhis in ihrer traditionellen Bekleidung. Kaum zu glauben, doch trotz des Rauhen Klimas in einer Höhe von 3500m ü.d.M. (im Winter meist -30°C) und der harten bäuerlichen Arbeit (die Felder werden noch von Hand bestellt und abgeerntet) werden viele Ladakhis über 80 Jahre all. Anders als bei uns nehmen sie auch in hohen Alter noch ihren vollen Platz im täglichen bäuerlichen Leben ein und sind dementsprechend rüstig und gesund.
 
Um mir meine Zeit in Leh etwas zu vertreiben besuchte ich zuerst einen größtenteils wirklich sehr guten Film über das bäuerliche Leben in Ladakh. Eindrucksvoll war auch der Besuch der von den Japanern erbauten Shanti Stupa. Die Shanti Stupa liegt oberhalb von Leh, und gerade kurz vor Sonnenuntergang hat man einen Eindrucksvollen Blick über das Industal. Das Kloster von Leh ist die Soma Gompa mitten im Zentrum. Besonders interessant fand ich hier die wunderschönen Schnitzereien, die sich über einen gesamte Wandfront zogen.
 
Mein Zeitrahmen für die insgesamt 430 Km lange Strecke mit 3 Paßüberquerungen von Leh nach Shrinagar war auf 6 Tage zusammengeschrumpft. Bereits die erste Tagesetappe gestaltete sich wenig erfreulich. Obwohl ich, dem Indus folgend, flußabwärts radelte, ging es ständig bergauf und bergab, so daß ich am Tagesende insgesamt knapp 1000 Höhenmeter bewältigt hatte. Viel schlimmer war aber der starke Gegenwind auf der 90 Km langen Etappe, der auch in den nächsten Tagen, trotz zweier Pässe, mein schlimmster Widersacher werden sollte. Egal in welche Richtung ich radelte (Westen, Süden, taleinwärts oder talauswärts), ständig hatte ich mit starkem Gegenwind zu tun.  Die Pässe selbst waren dann nur halb so schlimm. Zum einen hatte ich mich ja mittlerweile sehr gut akklimatisiert und zum anderen führte die Straße in vielen Kehren nicht allzu steil über die Paßhöhen.
 
In Mulbeck, dem vorletzten buddhistischen Ort bevor es ins islamische Kargil ging, hatte ich dann das Glück, daß hier gerade ein kleines Klosterfest stattfand. Anders als bei dem ersten Klosterfest, das ich besuchte, tanzten hier aber nicht die Mönche (mir ihren wundervollen Masken) sondern die Einheimischen der Gegend in ihren Trachten. Außer mir war weit und breit kein anderer Tourist zu sehen und so konnten sich die Tänzer vollkommen entspannen. Besonders faszinierend fand ich die aufwendigen, mit vielen Türkisen besetzten Kopfbedeckungen der Frauen. Diese Schmuckstücke (die zum Teil zum Schlafen nicht abgelegt werden können) sind Familienerbstücke und oft bis zu viele tausend Euro Wert. Etwas später kam dann eine kleine Gruppe Touristen in einem Jeep angefahren. Kaum angekommen zückten sie auch schon ihre Spiegelreflexkameras und stürzten sich auf die herausgeputzten Dorfbewohner. Teilweise aus nächster Nähe mußten sich die Frauen gegen ihren Willen photographieren lassen, was zumindest für mich die anfangs so friedliche Stimmung etwas zerstört hat. Leider erinnerte mich jedoch mein knapper Zeitplan viel zu früh an mein Pflicht, und so schwang ich mich am Nachmittag schweren Herzens wieder auf mein Fahrrad.
 
Während ich in Mulbeck gemütlich dem Treiben des Klosterfestes zuschaute kam ein Pärchen aus  Slowenien mit ihren Bikes angeradelt. So legten wir dann die letzten 40 Km bis Kargil gemeinsam zurück. Zum Glück ging es bis Kargil ständig bergab, denn ansonsten hätte uns der immer noch starke Gegenwind sicherlich schwer zu schaffen gemacht. Kargil, der zweitgrößte Ort in Ladakh, dient vorwiegend als Standort für Militärs und als Durchgangsort für den Fernverkehr und einige Touristen. Während der heißeren Phasen des Kaschmirkonfliktes wurde Kargil des öfteren von der Pakistanischen Armee überfallen, und wie in sovielen Grenzstädten konnte ich mich auch hier nicht so richtig wohl fühlen. Irgendwie haben für mich alle grenznahen Orte und ihre Bewohner eine sehr aggressive Ausstrahlung. Gemeinsam mit den beiden Slowenen stieg ich dann in einem wirklich schäbigen Hotel ab. Wir verbrachten jedoch einen sehr netten Abend gemeinsam beim Abendessen, so daß wir unser ekeliges Hotelzimmer (das Schlimmste auf unserer Reise bisher!!!) wirklich nur zum schlafen genutzt haben.
 
Die beiden Slowenen wollten jedoch weiter nach Zanskar, und so trennten sich am nächsten Morgen unsere Wege wieder. Für mich ging es nun nahezu direkt an der Pakistanischen Grenze entlang bis nach Drass. Schon ein komisches Gefühl, wenn man weiß, daß noch vor einigen Jahren die pakistanische Armee einfach auf Reisende auf diese Straße geschossen hat. Auch die vielen Soldaten die alle Paar Kilometer an der Strecke postiert waren, trugen nicht gerade dazu bei, daß ich mich hier sehr wohl fühlte.
 
Gegen Nachmittag erreichte ich dann Drass, den zweitkältesten ständig bewohnten Ort der Welt. 1995 wurden hier - 60 °C gemessen, und auch ich wurde nicht vom Wetter verwöhnt, denn es war kalt und regnerisch. Am nächsten Tag stand für mich der Zoja La, mein letzer Paß, auf dem Programm. Da der Paß jedoch noch etwa 40 Km entfernt war, und nur im Einbahnstraßenverkehr befahren werden darf (Öffnungszeiten des Posten auf meiner Seite: 04:00 Uhr bis 8:00 Uhr), entschied ich mich noch die letzten 25 Km bis zum Checkposten zu radeln. Als ich endlich am Checkposten ankam (immer noch starker Gegenwind!) war es bereits dunkel. Ich hatte Glück und wurde von von zwei Sikh Truckern in ihren Tanklastwagen zum Abendessen eingeladen. Besonders mit Jolly, der Beifahrer, der seinen Freund nur auf dieser Tour begleitete um so ein paar Tage Urlaub zu machen, verstand ich mich auf Anhieb sehr gut. Nach einem nicht allzu langem aber sehr lustigen Abend mit einem leckeren Abendessen verkroch ich mich schließlich direkt hinter dem Checkposten in mein Zelt.
 
Nun trennte mich nur noch der Zoija La, mit seinen 3529 Höhenmetern der niedrigste aller Pässe zwischen Manali und Shrinagar, von Kaschmir. Doch ganz so leicht wir erhofft sollte er mir seine Überquerung nicht machen. Durch die schwierigen Straßenverhältnisse (lange üble Passagen aus Kopfsteinpflaster und eine gefährliche Schotterpistenabfahrt ins Kashmirtal) herrschte von dem Polizeicheckposten bis Somarang Einbahnstraßenverkehr. Da alle Lkw´s bereits in den frühen Morgenstunden aufgebrochen waren, hatte ich die Straße nahezu nur für mich alleine. Lediglich ein paar Nomaden mit ihren Ponys, Schafen und, Ziegen mühten sich bei regnerischem und kaltem Wetter durch die schlammigen Straßen Richtung Kaschmir.
Von den kargen Hochebenen in Ladakh ging es nun ins grüne Kashmirtal mit seinen großen alten Wäldern und Reisfeldern. Ich hatte Glück und vom Zoija La ging es, bis auf wenige kurze Gegenanstiege, fast nur bergab, so daß ich schließlich am Abend nach 131 Kilometern Shrinagar, die Sommerhauptstadt Kaschmirs, erreichte. Bekannt ist Shrinagar unter anderem für seine Lage am Dal See. Zur Zeit der Besetzung Indiens durch Großbritannien war Shrinagar bereits ein beliebter Zufluchtsort der Briten in den Monsunmonaten. Der Maharaja hatte den Briten jedoch untersagt, Land zu erwerben. Um dennoch ihre eigenen vier Wände in Shrinagar zu haben, bauten sich die Briten daraufhin eine Vielzahl von Hausbooten und residierten fortan auf dem Dal See (heute beliebte Übernachtungsorte für Touristen). Nach der Offenheit und Herzlichkeit der Ladakhis war es für mich nun eine riesige Umstellung, da die islamischen Kaschmiris durch den jahrelangen Kaschmirkonflikt sehr verschlossen und unfreundlich auf mich wirkten. Ich fühlte mich so unwohl, daß ich eigentlich beschloß, noch am selben Abend mit dem Bus weiter nach Jammu zu fahren. Ich war bereits kurz vor dem Busbahnhof, als mich ein Rikschafahrer überredete, doch auf seinem Hausboot zu nächtigen. Ganz entgegen meiner Gewohnheit ließ ich mich überreden, so daß auch ich nun die obligatorische Hausbootübernachtung vorweisen kann. Am nächsten Morgen verließ ich dann gerade noch rechzeitig das Hausboot, bevor es von einer Gruppe Soldaten "gestürmt" wurde, die dabei war, alle Hausboote auf versteckte Terroristen zu durchsuchen. Ich hatte Glück und kam mit einer einfachen Ausweiskontrolle davon.
 
Von Shrinagar ging es dann in einer Busfahrt von 12 Stunden (die halbe Zeit war mir ob des wilden Fahrstiles des Busfahres kotzübel) quer durch die wilde grüne Bergwelt von Kashmir nach Jammu. Ich entschied mich die Nacht in Jammu zu verbringen, denn so konnte ich mich auf der einen Seite von den Strapazen der Busfahrt erholen und auf der anderen Seite hatte ich die Gelegenheit Jolly (den Sikh der mich zum Abendessen in den Lkw seines Freundes eingeladen hatte) wieder zu treffen. Von Jammu ging es dann in einer 20-stündigen Zugfahrt zurück nach Delhi wo ich meine Mutter, die mich den ganzen August besuchen kommt, am Flughafen abzuholen.
 

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