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INDIEN 1: 30.06. - 04.10.04Route: Amritsar, Delhi,Candigarh, Bilaspur, Mandi, Manali, Keylong,
Sarchu, Leh,Pangkong, Leh, Lamayuru, Kargil, Drass, Kaschmirtal, Shrinagar,
Jammu, Delhi, Pathankot, Amritsar, Kangar, Mc Leod Ganj,Manali, Keylong,
Upshi, Hemis, Leh, LikirLeh, Manali, Delhi, Agra, Manali, Kaza, Rekong
Peo, Shimla, Solan, Rishikesh Distanz: 2331 Km
Höhenmeter: 26010m Vorwort: Indien, das von anderen entweder verteufelt oder vergoettert
wird, war fuer uns einfach nur ein Land wie jedes andere auch. Klar die
starke Ueberbevoelkerung und die zuweilen starke Armut machten auch uns
zu schaffen, doch wir sind ja auch nicht nach Indien geradelt und haben
hier eine Ueberflussgesellschaft erwartet! Waehrend Nadine 2 Monate Urlaub
gemacht hat, bin ich zuerst 4 Wochen alleine in die Berge von Ladakh geradelt
und anschliessend nochmal 4 Wochen zusammen mit meiner Mutter, die mich
besucht ha, durch Nordindien gezogent. Die Letzen 4 Wochen ging es dann
nochmal zusammen mit Nadine in die Berge. Fuer Radfahrer die die Berge
lieben ist Indien sicherlich ein Traum!!!! Die politischen Beziehungen zwischen Indien und
Pakistan sind ja seit jeher etwas problematisch. Besonders der Kaschmirkonflikt
der beiden Atommächte wird von der Weltöffentlichkeit sehr kritisch beobachtet
(hätte er doch 2002 fast zu einem Atomkrieg geführt). Eine etwas amüsantere
Art des Auseinandersetzung der beiden Nachbarstaaten kann man täglich
in Wahga, dem einzigen Grenzübergang zwischen Pakistan und Indien, erleben.
Um die eigene Überlegenheit zu demonstrieren haben beide Staaten irgendwann
angefangen, das Schließen der Grenztore und das Einholen der Flagge mit
einer kleinen Parade zu zelebrieren. Mittlerweile hat sich das Ganze zu
einem ausgewachsenen Spektakel entwickelt. Innerhalb der Grenze gibt es
eine 100m lange neutrale Zone. Diese nutzen die Soldaten für ihre eindrucksvollen
Paraden. Um das ganze besser beobachten zu können wurden zu beiden Seiten
der neutralen Zone große Tribünen errichtet. Täglich pilgern nun mehrere
hundert Pakistanis und Inder zur Grenze, um ihre Soldaten anzufeuern und
lautstark zu unterstützen. Die Atmosphäre ist fast wie in einem Fußballstadion.
Jede Paradeeinlage der Soldaten wird mit Beifall und Gejohle gefeiert.
Angefeuert von einem Vorsprecher per Mikrophon werden die Soldaten zusätzlich
auch noch mit verschiedenen Schlachtrufe angefeuert. Nachdem die Flaggen
eingeholt und die Tore geschlossen sind (offizielle Schließung der Grenze
war jedoch schon gut 2 Stunden früher) ist dann der ganze Zauber vorbei.
Auch wir wollten uns in Ruhe die Zeremonie ansehen, und waren gerade auf
dem Weg dorthin (nachdem wir in Indien eingereist waren mußten wir 2 Stunden
außerhalb des Grenzbereiches warten, um dann wieder, zusammen mit den
hunderten von Indischen Zuschauern, an den Rand der neutralen Zone gehen
zu dürfen). Wir hatten schon dreiviertel des Weges zurückgelegt, als wir
von einem Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde mit unseren Bikes wieder
hinauskomplimentiert und hinausbegleitet wurden. Er meinte wir könnten
die Bikes ja auf dem Motorradparkplatz abstellen. Die Inder die die Imbissbuden
und Verkaufsstände betrieben waren uns jedoch alle nicht geheuer, so daß
wir die Zeremonie dann lieber nacheinander sehen wollten. Auch damit war
unser Beamter nicht zufrieden. Er meinte wir könnten die Bikes in einem
Hotelzimmer einschließen. Da wir auch dies ablehnten, die Baken hatten
bereits geschlossen und wir konnten noch kein Geld tauschen, brachte er
mich zu einem Geldwechsler. Das Grenzhotel verlangte dann jedoch für ein
einfaches Zimmer einen etwas unverschämten Preis, so daß wir wieder auf
unseren ursprünglichen Plan zurückgreifen mußten. Durch das ganze Heckmeck
hatte die Parade aber längst angefangen. Ich ging also vor bis an die
Zuschauertribüne und machte ein paar Photos. Nach ein paar Minuten ging
ich jedoch wieder zurück, damit auch Nadine das Spektakel sehen konnte.
Nadine hatte gerade die Hälfte des Weges zurückgelegt, als sie wieder
von unseren "Freund" abgefangen wurde, der ihr erklärte, daß nun alles
vorbei sei und sie wieder zurückschickte. Dank der Hilfe des Grenzbeamten,
der uns im übrigen auch eine falsche Anfangsuhrzeit und eine falsche Dauer
der Parade (1 Stunde statt 1/2 Stunde) genannt hatte, haben wir, bis auf
die 3 Minuten in denen ich die Photos machen konnte, die Zeremonie verpasst.
Zum Abschied meinte der Grenzbeamte dann nur lapidar, wir könnten ja morgen
wiederkommen! Das Wahrzeichen von Amritsar, einer Hochburg der
Sikhismus (Religion) ist der Goldene Tempel. Umrahmt von prunkvollen in
weiß gehaltenen Gebäuden steht der Goldene Tempel inmitten eines künstlich
angelegten Sees, und ist nur über eine Brücke zu erreichen. Erbaut wurde
der heiligste Tempel der Sikh unter Regie des 5. Guru der der Sikh, Guru
Arjan Dev, zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Wie unschwer zu erkennen ist,
hat der Goldene Tempel seinen Name von seiner goldenen Kuppel, die, wie
man sagt, mit 100 Kg Gold überzogen ist. Wir fanden die Bilder die wir
vom Goldenen Tempel gesehen hatte ja schon faszinierend, doch in der Realität
war dann alles noch viel beeindruckender. Von allen von Menschenhand erbauten
Tempeln, Kirchen und Moscheen, die wir bisher auf unserer Reise gesehen
hatten, ist der Goldene Tempel in Amritsar mit Abstand der Beeindruckendste
von allen. Da der Sikhismus bei uns völlig unbekannt ist,
hier einiges wissenswertes zu dieser Religion. Gegründet wurde der Sikhismus
15. Jahrhundert von Guru Nanak. Unzufrieden mit den beiden bestehenden
Religionen (z.B. Hinduismus mit seinem Kastensystem und der Frauenfeindlichkeit
des Islam), wurde im Sikhismus das beste aus beiden Religionen vereint.
So glauben die Sikh an einen einzigen allmächtigen Gott der Gnade, der
die Menschen nicht geschaffen hat um sie später für ihr Fehlverhalten
zu bestrafen (wie im Islam und im Christentum), sondern daß der Mensch
auf der Erde ist um seine wahre Stellung im Kosmos zu erkennen und sich
mit dem Kosmos zu vereinigen. Da das Leben in seiner ursprünglichen Form
nicht voller Sünde ist, gibt es auch keine Erbsünde wie im Christentum.
Vom Hinduismus hingegen haben sie die Konzepte von Karma (man erschafft
durch vergangene und gegenwärtige Verhaltensweisen (gute oder schlechte)
seine eigene Gegenwart und Zukunft) und Samsara (Reinkarnationskreislauf)
angenommen. Rechtes Leben und Meditation und die somit erlangte Wiedervereinigung
mit dem Kosmos ermöglichen es den Sikhs, den Reinkarnationskreislauf zu
beenden. Zu den Regeln für gute Lebensführung gehören bei den Sikh: der
tägliche Besuch des Tempels, mehrmaliges tägliches Gebet, Haare dürfen
nicht geschnitten werden sondern werden mit einem imposanten Turban verhüllt,
Abstinenz von jeglicher Art von Rauschmitteln (auch Tabak), Gleichberechtigung
der Frauen, usw.. Durch das Haarschneideverbot tragen alle männliche Sikh
einen meist sehr eindrucksvollen Bart. Einzig die Tatsache, daß die Sikh
anstatt der christlichen Maxime "wenn dich einer auf die Wange schlägt,
dann halte ihm auch die andere Wange hin" zu folgen nach dem Grundsatz
"wenn alle Mittel versagt haben, ist es berechtigt, das Schwert zu ziehen"
handeln, fanden wir etwas unschön. So ist es auch nicht verwunderlich,
daß viel Sikh entweder mit einem Speer (Tempelwärter), einem Säbel oder
zumindest mit einem kleinen Dolch bewaffnet sind.
In New Delhi wollten wir dann das Rotes Schloß besichtigen.
Laut unserem Reiseführer sollte der Eintrittspreis 2 Rupies betragen (umgerechnet
4 Cent) so waren wir dann auch leicht geschockt als wir am Eingang dann
auf einmal den Unglaublichen Preis von 100 Rupies lasen. Ok. unser Reiseführer
ist noch von 1999 aber alle anderen Preise sind stabil geblieben bzw.
teilweise sogar etwas gesunken (wie z.B. die Fahrradrikschas). Eine Steigerung
um das 50-fache ist natürlich schon gewaltig, zumal sich für die Einheimischen
nicht viel geändert hat. Am Abend sollte dann eine Sound- und Lightshow
stattfinden, die für 50 Rupies quasi als Schnäppchen zu haben war. Natürlich
haben wir sofort bei der Sound und Lightshow zugeschlagen. Die 3 Stunden
bis Showbeginn vergnügten wir uns beim Shopping auf dem Sonntagsbasar,
einem Sikhtempel und in einer Moschee. Die Schloßanlage selbst ist riesig
und sicherlich auch bei Tag einen Besuch wert. In der Sound- und Lightshow
selbst wurde anhand der Geschichte des Roten Schlosses die Geschichte
Indiens der letzten Jahrhunderte erzählt. Die Show war zwar in Englisch,
jedoch konnte man das meiste sehr gut verstehen. Insgesamt war die Show
recht gut aber nach der Sound und Lightshow im Karnaktempel in Luxor waren
wir natürlich diesbezüglich schon sehr verwöhnt, so daß wir zu hohe Erwartungen
hatten. Leider gab es nur eine Handvoll Touristen, die die Show besuchten,
was sicherlich neben dem für die Einheimischen Touristen zu hohen Eintrittspreis
darin liegt, daß die Aussicht auf eine nächtliche Heimfahrt durch die
chaotischen Straßen Delhis so manchen ausländischen Touristen abschreckt. Bisher waren wir der Meinung, daß der Verkehr in Kairo am chaotischten
und in Teheran am gefährlichsten war. Beide Kategorien (Chaos und Gefahr)
haben nun jedoch einen neuen Spitzenreiter bekommen: DELHI !!! Wir haben
uns zwar noch nicht richtig mit unseren Bikes auf die Straße gewagt, doch
allein unsere Erfahrungen als Fußgänger reichen uns für dieses Urteil
aus. I den wenigen Tage die wir nun hier sind haben wir bereits mehrere
Unfälle, insbesondere mit Fahrradrikschas, gesehen. Im Zweifelsfall wird
hier vermutlich der schwächste Verkehrsteilnehmern einfach über den Haufen
gefahren. Am sichersten kann man vermutlich als Kuh verkleidet am Straßenverkehr
teilnehmen. Kühe gelten in Indien als Heilig und haben somit immer Vorfahrt!
Wir hoffen, es im Land selbst dann besser wird. Bevor ich lange um den heißen Brei herum
schreibe: Nachdem ich nun also ganz auf mich alleine
gestellt war, bin ich dem Verkehrschaos in Delhi erst einmal mit dem Zug
entflohen. Wie immer war auch hier der Kauf des Zugtickets in Kombination
mit der Fahrrad etwas kompliziert. Obwohl ich das Ticket bereits am Vortag
in dem speziell für Touristen eingerichteten Büro gekauft habe, konnte
mit der Ticketverkäufer keine klare Auskunft darüber geben, wie es mit
meinem Bike laufen würden. Nach mehrmaligen Nachfragen meinte er dann,
daß ich es im Clookroom bekommen würde. Als ich dort nachfragte erhielt
ich die Auskunft, daß ich das Ticket für mein Bike hier oder beim Gepäckchef
auf dem entsprechenden Bahngleis bekommen würde. Laut Auskunft würde es
ausreichen eine halbe Stunde vor Abfahrt zu kommen. Sicherheitshalber
war ich dann aber schon 1 Stunde vor Abfahrt an besagtem Clookroom, doch
dort wußte natürlich niemand etwas von einer Möglichkeit, daß man hier
eine Fahrradticket buchen kann. Von dort wurde ich zu einen Büro am anderen
Ende des selben Bahnsteiges geschickt. Von dem "Station Supervisor" erfuhr
ich dann, daß ich mein Fahrradticket von dem Gepäckchef auf Gleis 2 bekomme
würde (dort sollte auch mein Zug abfahren). Dort angelangt erklärte mir
der Gepäckchef dann, daß ich mein Biketicket natürlich nur vom Parceloffice
bekommen kann. Diese Möglichkeit war bisher jedoch sowohl von dem Ticketverkäufer
am Vortag, als auch von den Beamten im Clookroom und vom "Station Supervisor"
vehement bestritten worden. Also machte ich mich auf den Weg zum Parceloffice,
das natürlich ganz am anderen Ende des Bahnhofes, quer über alle Geleise
hinweg, lag. Mein Ticket war dann schnell gebucht, doch nun erklärte mir
der Beamte, daß ich mein komplettes Gepäck abladen müsste. Ich erwiderte,
daß ich das Bike mit Gepäck nur schnell zurück auf Gleis 2 radeln würde
um dann beim dortigen Gepäckchef mein Gepäck abzuladen. Der Ticketverkäufer
des Parceloffice erklärte mir nun, daß dies leider nicht möglich sei,
da mit dem Ausstellen des Tickets mein Fahrrad nur noch von einem Angestellten
der Bahn bewegt werden dürfe. Alles Argumentieren half nichts und so schleppte
ich dann mein gesamtes Gepäck quer über den ganzen Bahnhof zurück zu Gleis
2, während mein leeres Fahrrad 50m (am Anfang, am Ende hatte er weitaus
mehr Vorsprung) vor mir hergeschoben wurde. Völlig entkräftet und erschöpft
(an meinem T-Shirt war kein trockener Fleck mehr) erreichte ich schließlich
den Zug. Von Chandigarh aus ging es dann wieder in die Berge. Laut Karte sollte
es zwar gemütlich an einem Flußtal entlanggehen. Irgendwie haben sie hier
jedoch riesigen Spaß dabei, die Straßen über die Berge, anstatt an den
Bergen entlang zu bauen. Obwohl mein Zielpunkt an diesem Tag nur etwa
200 Höhenmeter höher lag als mein Startpunkt legte ich insgesamt 1460
Höhenmeter zurück. Bei der tropischen Hitze und einer Luftfeuchtigkeit
die nahezu bei 100% lag (vermute ich zumindest) eine ganz schöne Quälerei.
Während es in der Nacht zwar etwas abkühlte blieb jedoch die hohe Luftfeuchtigkeit,
so daß mein verschwitztes T-Shirt, das ich aufs Zelt zum trocknen gelegt
hatte, am nächsten Morgen noch genauso naß war wie am Vorabend war! Nun traf ich ihn: meinen ersten freilebenden Affen. Ich mühte mich gerade einen der steilen Anstiege hoch, als ich ihn auf einmal neben der Straße sitzen sah. Ich hielt natürlich sofort an um ein Photo zu machen, doch bis ich nach mehreren Fehlversuchen endlich herausgefunden hatte, daß meine Kameraeinstellungen verstellt waren, wurde es dem Affen wohl zu dumm, und er verkrümelte sich in einen Baum. Offen ist bisher nur die Frage wer von uns beiden wohl der größere Affe war; er wie er da so am Wegesrand saß, oder ich, der ich auf dem Fahrrad die Berge erklomm. In den nächsten Tagen traf ich dann noch des öfteren wilde Affen. War immer irgendwie ein nettes Erlebnis so einen ganzen Affenfamilienclan zu sehen, wie er aufgereiht wie auf einer Perlenschnur am Straßenrand saß und in aller Ruhe den Verkehr beobachtete. Besonders interessiert schienen sie vor allem ein meinem sonderbaren Gefährt zu sein, denn jedesmal wenn ich an ihnen vorbeiradelte schauten sie mir solange hinterher, bis ich um die nächste Ecke verschwunden war. Schon ein lustiges Gefühl wenn man von 20 - 30 Affen aufmerksam gemustert wird.
59. Wochenbericht 12.07. - 20.07.2004 Route: Manali, Keylong, Sarchu, Leh
Am nächsten Tag stand dann mein erster großer
Paßübergang an. Der Rothang Paß ist mit seinen 3980m ein beliebtes Ausflugsziel
für die Tagestouristen aus Manali. Der Parkplatz liegt etwas unterhalb
des Gipfels, so daß die letzen Höhenmeter eigentlich zu Fuß zurückgelegt
werden müssten. Um den vorwiegend indischen Touristen diese "beschwerliche"
Wanderung zu ersparen stehen hier unzählige kleine Pferde zur Verfügung,
die die Gipfelstürmer nach oben tragen. Da es hier oben doch sehr kalt
und windig ist konnte man sich in einem der vielen Läden entlang der Straße
von Manali bis zum Paß einen langen Kunstpelzmantel leihen, und so bot
sich mir also ein wirklich skurriles Bild, als ich endlich am Paß angelangt
war. Auf dem Paß wehte mir dann ein starker und eiskalter Wind um die
Ohren, so daß ich mir umgehend einen warmen Pullover meine Regenjacke
und die Winterhandschuhe anzog. Das konnte ja noch schön werden, wenn
ich bereits auf dieser Höhe zu frieren begann, wo es doch insgesamt auf
über 5000 Höhenmeter hochgehen sollte. Am Abend des 2. Tages traf ich dann in Keylong,
der wichtigsten Stadt der Region und letzte vernünftige Einkaufsmöglichkeit,
ein. Ich war gerade auf Zimmersuche als ich von zwei Australiern angesprochen
wurde, die ebenfalls nach Leh radeln wollten. Beim gemeinsamen Abendessen
verabredeten wir uns dann, um am nächsten Vormittag gemeinsam weiter zu
radeln. Schnell stellte sich heraus, daß die beiden jedoch um einiges
schneller waren als ich; vielleicht lag es ja daran daß sie nur mit einem
Gesamtgewicht von knapp 35 Kg unterwegs waren anstatt wie ich mit über
50 Kg. So zogen sie also bereits nach einer knappen halben Stunde davon.
Da sie jedoch, im Gegensatz zu mir, einige Pausen einlegten, gelang es
mir immer wieder kurz zu Ihnen aufzuschließen. Marc und Tim hatten den
ausgearbeiteten Routenplan eines Amerikaners bei sich und so erreichten
sie bereits gegen 16:00 Uhr in Patseo ihr Tagesziel. Da es mir jedoch
zum Aufhören noch etwas zu früh war, und mir auch die nächste Tagesetappe
etwas zu lang erschien, radelte ich noch knapp 1,5 Stunden lang weiter
bis zur Zing Zing Bar. Erwartet habe ich dort eigentlich ein kleines Restaurant
mit Übernachtungsmöglichkeit, doch vorgefunden habe ich nur ein Camp der
Straßenbautrupps. Ich hatte meinen Drahtesel gerade mal zum stehen gebracht,
da wurde mir vom dortigen Militäringenieur auch schon eine Tasse Milchtee
in die Hand gedrückt. Ich hatte diesen gerade mal zur Hälfte gelehrt,
als mich der Offizier auch schon fragte, ob ich hier übernachten wolle.
Er meinte ich könne entweder mein Zelt aufschlagen oder auch in einem
Bett in ihrem Camp nächtigen. Zuerst wollte ich eigentlich mein Zelt aufschlagen,
doch da es extrem stürmisch und kalt war, entschied ich mich doch für
das Bett (anstatt eines Lattenrostes gab es jedoch eine Metallplatte und
die Matratze wurde von einer dünnen Decke ersetzt). Gegen 20:00 Uhr wurde
ich dann von einem der Staßenbaujungs in ihren Schlafsaal geholt, wo ich
dann gemeinsam mit ihnen ein leckeres Abendessen bekam. Leider war ich
von der Tagesetappe so erschöpft, so daß ich nicht sehr kommunikativ war
und mich recht früh in mein Bett verkroch. Auch wenn ich vielleicht manchmal etwas
über den schlechten Zustand der Straße geschimpft habe (gerade am Anfang
der Strecke bestehen große Teile der Straße aus Schotterpiste), so habe
ich doch einen unglaublichen Respekt vor der Leistung der Menschen, die
die Straße in einer Höhe zwischen 3000m und 5000m erbaut haben und nun
weiterhin in mühevoller Arbeit reparieren. Gerade zwischen Keylong und
dem Baralacha La (La bedeutet Paß), habe ich sehr oft Männer und Frauen
getroffen, die dabei waren die durch Geröllabgänge zerstörte Straße wieder
zu reparieren. Während die Frauen damit beschäftigt waren mit einem Fäustel
etwa Fußballgroße Felsstücke zu Schotter zu zertrümmern planierten die
Männer die Straßen per Hand um sie anschließend zu teeren. Auch das Teeren
erfolgte ausschließlich per Hand. Der Teer wurde stets zuerst in großen
Fässern über einem kleinen Feuer erhitzte und anschließend über die "planierte"
strecke geschüttet. Die einzige Maschine die sie in ihrer Arbeit unterstützte
war ein "Dampfwalze". Entlohnt werden die Arbeiter und Arbeiterinnen für
ihre schwere Arbeit dann mit der unglaublichen Summe von 20,- US$ pro
Monat! Am nächsten Morgen schlief ich etwas länger, so daß ich gerade noch sah, wie die ganzen Straßenarbeiter auf einen Lkw aufstiegen und in die Berge verschwanden. Während die Arbeiter wieder ihrer schweren Arbeit nachgingen erklomm ich mit meinem Rädchen den 4830m hohen Baralacha La. Auch hier war es wieder kalt und windig so daß ich für die nun kommenden Tage und Nächte in den Hochebenen (es blieb von nun an bis kurz vor Leh stets über 4000m) das Schlimmste befürchtete, hatte doch unser Weltreiseradführer von plötzlichen Schnee- und Hageleinbrüchen gewarnt. Vom Paß radelte ich dann noch zum nächsten Versorgungszelt um mich wieder etwas zu stärken und um auf die beiden Australier zu warten. Nachdem sie jedoch nach etwa 2 Stunden immer noch nicht in Sichtweite waren, radelte ich weiter nach Sarchu, einer Zeltstadt auf 4200m Höhe, und Hauptübernachtungsplatz der zweitägigen Bustouren von Leh nach Manali. Nachdem ich mich beim dortigen Polizeicheckposten hatte registrieren lassen entschied ich mich, noch knapp 20 Km weiter zu radeln, um den für den nächsten Tag anstehenden Doppelpaß in einem Zug fahren zu können (die beiden Australier wollte in der Mitte und in einer Höhe von 4700m in ihrem Zelt übernachten).
Nach einer kurzen Pause machte ich mich dann daran
die letzen 16 Km und 600 Höhenmeter zu erklimmen und nach drei sehr anstrengenden
Stunden stand ich dann schließlich auf dem Taglang La. Mit seinen 5360m
ist der Taglang La der zweithöchste mit Motorfahrzeugen befahrbare Paß
der Welt! Völlig wieder Erwarten ging es mir in dieser Höhe doch relativ
gut, und auch das Radeln bereitete mir keine besonderen Schwierigkeiten.
Bereits von einigen Bergsteigern die in dieser Höhe unterwegs waren hatte
ich von starken Atemproblemen, bedingt durch die dünne Luft, gehört, doch
davon konnte ich nichts spüren. Lediglich nach kurzen Steilstücken brauchten
meine Oberschenkelmuskeln wieder eine Weile, bis sie sich erholt hatten
und aufhörten zu schmerzen. Auf dem Paß traf ich dann Nico (einen Österreicher)
und seine amerikanische Freundin die mit ihrer Royal Endfield ebenfalls
nach Leh unterwegs waren. Nach einem kurzen Schwätzchen machte Nico jedoch
die Höhenluft so zu schaffen, daß sie sich wieder auf den Weg machten.
Nachdem ich noch ein paar Bilder von der grandiosen umliegenden Bergwelt
gemacht hatte, machte auch ich mich wieder auf den Weiterweg. Nun ging
es auf guter Teerstraße (gut immer auf die hiesigen Verhältnisse bezogen!)
in vielen Kehren knapp 1000 Höhenmeter bergab und gegen Spätnachmitag
erreichte ich dann die Versorgungszelte von Rumtse. In Rumtse traf ich dann auf Don, einen radfahrenden
Amerikaner. Nach einem netten und langem Abend voller Geschichten radelten
wir am nächsten Vormittag dann gemeinsam weiter. Nach der kargen und unbelebten
(zumindest habe ich seit Zing Zing Bar keine Häuser mehr gesehen) Bergwelt
wurde es nun nach und nach wieder belebter, und bereits nach einigen Kilometern
tauchten die ersten Ortschaften auf. Die Häuser der Ladakhi (Bewohner
von Ladakh) waren wirklich herrlich anzusehen. Irgendwie passten die liebevoll
gepflegten Häuser so gar nicht in das doch sonst sehr "schmuddelige" Indien.
Auch die Menschen waren wirklich ungewöhnlich nett und nahezu aus jedem
Garten und von jedem Feld hörte man ein freundliches "Jooley" (Hallo)
von einem lachendem und winkendem Ladakhi. Nach den Anstrengungen der
letzen Tag verbummelten wir nun den Tag und verbrachten den halben Nachmittag
zusammen mit Luc, einem französischen Reiseradler, in einem Straßenrestaurant
in Uphsi. Erst am Spätnachmittag konnten wir uns wieder aufraffen und
während Don und Luc noch bis Thikse, kurz vor Leh, weiterradelten, machte
ich noch einen Abstecher in das etwas oberhalb des Industales gelegene
Kloster Hemis. In einem Gartenrestaurant mit "Campingplatz" traf ich dann am Abend auf Ingo und Peter, zwei Schweitzer Radler. Ich hatte von den Beiden schon in Zing Zing Bar gehört, da sie einen Tag vor mir dort genächtigt und mit den Straßenarbeitern ebenfalls einen lustigen Abend verbracht hatten. Natürlich hatten auch wir uns viel zu erzählen und so war es dann auch schon ziemlich spät und kalt, bis wir schließlich in unsere Schlafsäcke krochen. Am nächsten Morgen besichtigten wir dann gemeinsam das Kloster Hemis. Obwohl es eigentlich das reichste Kloster in Ladakh sein sollte war von dem Reichtum nichts zu sehen. Besonders beeindrucken für mich war jedoch eine Situation in einem Gebetsraum in dem ein Mönch eine Trommel schlug, dazu Gebete sang und Räucherwerk verbrannte. Ich war ansonsten der einzige Besucher in dem Raum und so setzte ich mich, um die Zeremonie genau beobachten zu können. Nach einer Weile kam dann eine Ratte angesaust um an den Butterlampen zu trinken. Bereits in dem Kinofilm Kundün fand ich diese Situation sehr faszinierend. Als ich jedoch versuchte ein Photo von der Ratte zu machen verschwand sie bei meiner ersten kleinen Bewegung fluchtartig.
Bereits auf meinem Weg von Manali nach Leh habe ich Nico (einen Österreicher) und seine amerikanische Freundin Margret kennengelernt. Während ich durch die Bergwelt radle waren die beiden mit ihrem Motorrad, einer neuen Royal Enfiel unterwegs. Wir trafen uns in Leh wieder und verbrachten einige nette Abende zusammen. Die beiden planten zusammen mit ihrem Freund Dean einen dreitägigen Ausflug zu den Bergseen Tso Kar, Tso Moriri und Pangong. Kurzerhand entschied ich mich, mich ihrem kleinen Ausflug anzuschließen. Leider hatte Dean sein Zweitmotorrad bereits verliehen so daß ich mir von einem Freund meines Vermieters eine Honda Hero mit 100 ccm lieh. Die ersten 45 Km waren flach und somit kein Problem, obwohl ich nie über 65 Km/h kam. Ab Upshi ging es jedoch wieder in die Berge und die Leistung des Motorrades nahm rapide ab. Natürlich prüften wir sofort Luftfilter und Zündkerze, und luden mein Gepäck auf die anderen Motorräder um, doch nichts half. Mit zunehmender Höhe wurde die Honda immer langsamer. Auf einer Höhe von 4400m tuckerte ich schließlich nur noch 15 - 20 Km/h dahin. Ich hatte dem Besitzer des Motorrades versprochen auf sein Bike aufzupassen, und da es noch auf 5300m ü.d.M. gehen sollte entschied ich mich umzukehren. So war ich also am Abend wieder in Leh. Eigentlich wollte ich mir umgehend ein stärkeres Motorrad suchen um den anderen noch hinterher zu fahren, doch alle Motorradverleiher rieten mir davon ab, alleine auf die technisch schwierige Tour (überwiegend Sand und Geröll) zu gehen. So verbrachte ich die nächsten beiden Tage wieder in Leh.
Eigentlich wollte ich mich schon auf den Weg nach Shrinagar in Kaschmir machen, als Nico, Margret und Dean wieder von ihrer Motorradtour zurückkehrten und so davon schwärmten, daß ich mich entschied, mit ihnen nochmal 2 Tage in die Berge zum Pangong See zu fahren. Das Zweitmotorrad von Dean war wieder verfügbar und so ging es einen Tag später (wir mußten erst auf unsere Genehmigungen warten, die man für diese Tour benötigt, da der See sehr nahe an der chinesischen Grenze liegt) wieder los. Für mich ein völlig neues Gefühl, da bei der Enfield (indische Motorradmarke) nicht nur die Seiten von Fußbremse und Schaltung vertauscht sind, sondern auch noch die Gänge andersherum geschaltet werden (vom 2. in den 3. Gang nicht nach oben wie bei uns sondern nach unten!). Insbesondere der erste halbe Tag war für mich äußerst schwierig, da ich ständig sowohl Bremse und Schaltung, als auch die Schaltrichtung verwechselt habe, was insbesondere vor Kurven sehr spannend wurde! Auch die Straßenverhältnisse waren relativ schwierig, da wir bis zum Pangong See den dritthöchsten Paß der Welt überqueren mußten (5330m); natürlich mit unzähligen Kurven und vielen langen Schotterpassagen. Gegen Abend wurde es dann aber spannend. Im Laufe des Tages schwollen nämlich die Bäche durch das Schmelzwasser der Gletscher immer mehr an, so daß wir bereits ab Nachmittag bei einigen Bachdurchquerungen ganz schön zu kämpfen hatten. Irgendwie haben wir es dann aber doch immer wieder geschafft die Motorräder durch die Fluten zu bugsieren.
Am nächsten Tag ging es dann nach einem gemütlichen Frühstück wieder zurück nach Leh. Mittlerweile hatte ich mich schon relativ gut an die Enfield gewöhnt und war schon fast ein bißchen Stolz, daß ich bereits mit den anderen gut mithalten konnte. Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall und kurz vor Leh, wir hatte den Paß mit seinen schwierigen Passagen, schon lange hinter uns gelassen und waren fast schon im Industal, als es dann passierte: in einer der letzten Kurven rutschte ich auf einer breiten Ölspur aus und stürzte! Dummerweise lag mein Fuß unter dem Gepäckträger, so daß ich von alleine nicht unter dem Motorrad rauskam. Nico und Margret kamen aber kurz später und befreiten mich aus meiner misslichen Lage. Ich glaube ich hatte wieder einmal mehr Glück als Verstand, denn außer zwei kleineren Rissen in meiner Hose und einem kleinen Riß in meiner Jacke, sowie einer kleinen Schramme am Ellenbogen und einer am Knie ist mir nichts weiter passiert. Auch der Schaden am Motorrad war mit einem verbogenen Sturzbügel (10,-€) nicht weiter erwähnenswert. Die letzten 60 Km saß ich dann zwar etwas wackelig auf dem Motorrad, bin aber letztendlich doch, vielleicht nicht ganz gesund aber zumindest munter, in Leh wieder angekommen.
In Mulbeck, dem vorletzten buddhistischen
Ort bevor es ins islamische Kargil ging, hatte ich dann das Glück, daß
hier gerade ein kleines Klosterfest stattfand. Anders als bei dem ersten
Klosterfest, das ich besuchte, tanzten hier aber nicht die Mönche (mir
ihren wundervollen Masken) sondern die Einheimischen der Gegend in ihren
Trachten. Außer mir war weit und breit kein anderer Tourist zu sehen und
so konnten sich die Tänzer vollkommen entspannen. Besonders faszinierend
fand ich die aufwendigen, mit vielen Türkisen besetzten Kopfbedeckungen
der Frauen. Diese Schmuckstücke (die zum Teil zum Schlafen nicht abgelegt
werden können) sind Familienerbstücke und oft bis zu viele tausend Euro
Wert. Etwas später kam dann eine kleine Gruppe Touristen in einem Jeep
angefahren. Kaum angekommen zückten sie auch schon ihre Spiegelreflexkameras
und stürzten sich auf die herausgeputzten Dorfbewohner. Teilweise aus
nächster Nähe mußten sich die Frauen gegen ihren Willen photographieren
lassen, was zumindest für mich die anfangs so friedliche Stimmung etwas
zerstört hat. Leider erinnerte mich jedoch mein knapper Zeitplan viel
zu früh an mein Pflicht, und so schwang ich mich am Nachmittag schweren
Herzens wieder auf mein Fahrrad. Während ich in Mulbeck gemütlich dem Treiben des
Klosterfestes zuschaute kam ein Pärchen aus Slowenien mit ihren
Bikes angeradelt. So legten wir dann die letzten 40 Km bis Kargil gemeinsam
zurück. Zum Glück ging es bis Kargil ständig bergab, denn ansonsten hätte
uns der immer noch starke Gegenwind sicherlich schwer zu schaffen gemacht.
Kargil, der zweitgrößte Ort in Ladakh, dient vorwiegend als Standort für
Militärs und als Durchgangsort für den Fernverkehr und einige Touristen.
Während der heißeren Phasen des Kaschmirkonfliktes wurde Kargil des öfteren
von der Pakistanischen Armee überfallen, und wie in sovielen Grenzstädten
konnte ich mich auch hier nicht so richtig wohl fühlen. Irgendwie haben
für mich alle grenznahen Orte und ihre Bewohner eine sehr aggressive Ausstrahlung.
Gemeinsam mit den beiden Slowenen stieg ich dann in einem wirklich schäbigen
Hotel ab. Wir verbrachten jedoch einen sehr netten Abend gemeinsam beim
Abendessen, so daß wir unser ekeliges Hotelzimmer (das Schlimmste auf
unserer Reise bisher!!!) wirklich nur zum schlafen genutzt haben.
Von den kargen Hochebenen in Ladakh ging es nun
ins grüne Kashmirtal mit seinen großen alten Wäldern und Reisfeldern.
Ich hatte Glück und vom Zoija La ging es, bis auf wenige kurze Gegenanstiege,
fast nur bergab, so daß ich schließlich am Abend nach 131 Kilometern Shrinagar,
die Sommerhauptstadt Kaschmirs, erreichte. Bekannt ist Shrinagar unter
anderem für seine Lage am Dal See. Zur Zeit der Besetzung Indiens durch
Großbritannien war Shrinagar bereits ein beliebter Zufluchtsort der Briten
in den Monsunmonaten. Der Maharaja hatte den Briten jedoch untersagt,
Land zu erwerben. Um dennoch ihre eigenen vier Wände in Shrinagar zu haben,
bauten sich die Briten daraufhin eine Vielzahl von Hausbooten und residierten
fortan auf dem Dal See (heute beliebte Übernachtungsorte für Touristen).
Nach der Offenheit und Herzlichkeit der Ladakhis war es für mich nun eine
riesige Umstellung, da die islamischen Kaschmiris durch den jahrelangen
Kaschmirkonflikt sehr verschlossen und unfreundlich auf mich wirkten.
Ich fühlte mich so unwohl, daß ich eigentlich beschloß, noch am selben
Abend mit dem Bus weiter nach Jammu zu fahren. Ich war bereits kurz vor
dem Busbahnhof, als mich ein Rikschafahrer überredete, doch auf seinem
Hausboot zu nächtigen. Ganz entgegen meiner Gewohnheit ließ ich mich überreden,
so daß auch ich nun die obligatorische Hausbootübernachtung vorweisen
kann. Am nächsten Morgen verließ ich dann gerade noch rechzeitig das Hausboot,
bevor es von einer Gruppe Soldaten "gestürmt" wurde, die dabei war, alle
Hausboote auf versteckte Terroristen zu durchsuchen. Ich hatte Glück und
kam mit einer einfachen Ausweiskontrolle davon. Von Shrinagar ging es dann in einer Busfahrt von 12 Stunden (die halbe
Zeit war mir ob des wilden Fahrstiles des Busfahres kotzübel) quer durch
die wilde grüne Bergwelt von Kashmir nach Jammu. Ich entschied mich die
Nacht in Jammu zu verbringen, denn so konnte ich mich auf der einen Seite
von den Strapazen der Busfahrt erholen und auf der anderen Seite hatte
ich die Gelegenheit Jolly (den Sikh der mich zum Abendessen in den Lkw
seines Freundes eingeladen hatte) wieder zu treffen. Von Jammu ging es
dann in einer 20-stündigen Zugfahrt zurück nach Delhi wo ich meine Mutter,
die mich den ganzen August besuchen kommt, am Flughafen abzuholen. Mit zwei Stunden Verspätung kam mein Mutter dann
mitten in der Nacht am Flughafen an. Natürlich mussten die wichtigsten
Neuigkeiten sofort ausgetauscht werden und so war es dann kurz vor Tagesanbruch,
als wir endlich einschliefen. Damit sich meine Mutter in aller Ruhe an
das neue Klima, die neue Kultur, und das andere Essen gewöhnen konnte,
ließen wir es sehr ruhig angehen, und bei Einbruch der Dunkelheit hatten
wir außer einem gemütlichem Frühstück und einem Cafébesuch nicht viel
geschafft. So entschieden wir uns noch den berühmten Bahai Tempel zu besuchen,
der bei Sonnenuntergang und in der Dämmerung besonders eindrucksvoll sein
sollte. Wir kamen natürlich etwas zu spät, so daß die Tempelanlage bereits
komplett geschlossen war und wir nur einen kurzen Blick über den Zaun
werfen konnten, Was wir sahen versetzte und einen kleinen Schock. Für
uns ähnelte das Bauwerk eher einem dunklen Bunker als einem Tempel in
Form einer sich öffnenden Lotusblüte, so daß wir unverrichteter Dinge
und enttäuscht wieder abzogen. Hätte man uns nach der Farbe des Bahai Tempel
gefragt, so hätten wir sicherlich aus tiefster Überzeugung behauptet,
daß er aus dunklen (roten oder braunen) Steinen gebaut worden war. Als
wir am nächsten Tag wieder am Tempel ankamen, staunten wir nicht schlecht,
als sich der Tempel auf einmal in strahlendstem weiß präsentierte. Der
Bahai-Glaube ist eine sehr junge universale Weltreligion, die erst Mitte
des 19. Jhr. entstanden ist. Die Bahai erkennen alle anderen Religionen
mit alle ihren Propheten voll an. Sie glauben, daß alle Religionen von
Gott an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten offenbart wurden
und den zeitbedingten Bedürfnissen und der Aufnahmefähigkeit der Menschen
entsprachen. So war es dann also kaum verwunderlich, daß insbesondere
im Besucherzentrum Informationen und Hinweise auf alle größere Religionen
zu finden waren (Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus,
Zorathismus, Janiismus, ...). Auffällig waren insbesondere die umfassenden
Grundsätze der Bahai: Einheit der Menschheit, unabhängiges Forschen nach
Wahrheit, alle Religionen haben gemeinsame Grundlage, innere Harmonie
von Wissenschaft und Religion, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Beseitigung
von Vorurteilen aller Art, weltweit allgemeine Schulbildung, Weltfrieden,
Annahme einer Welthilfssprache, Beseitigung der Extreme von Armut und
Reichtum, Einrichtung eines Weltschiedsgerichtshofes, Gerechtigkeit ist
herrschendes Prinzip der Gesellschaft, Gottesdienst ist jede Arbeit im
Geiste des dienens, Religion ist Bollwerk zum Schutz der Völker
und Nationen, Lösung wirtschaftliche Probleme auf geistiger Grundlage,
"Strikter Gehorsam der Regierung gegenüber dem eigenen Land". Bisher kenne
ich keine Religion, die einen so umfassende Sichtweise gewählt hat und
auch die Lösung weltweiter Probleme als wichtigen, elementaren Grundsatz
benannt hat. Nachdem Nadine und mich der Goldene
Tempel in Amritsar bereits so stark beeindruckt hatte, wollte ich ihn
natürlich auch meiner Mutter zeigen. Durch die heftigen Monsunregenfälle
war die Bahnstrecke nach Amritsar jedoch so stark beschädigt worden, daß
auf nicht absehbare Zeit alle direkten Zugverbindungen eingestellt worden
waren. Wir ließen uns davon jedoch nicht abschrecken und fanden heraus,
daß man über einen kleinen Umweg (2-3 Stunden) Amritsar trotzdem per Zug
erreichen konnte. Wir wählten den Nachtzug und verließen so Delhi gegen
21:00 Uhr. Auf den Liegepritschen im Zug lies es sich halbwegs gut schlafen
doch zur offiziellen Ankunftszeit (7:40 Uhr) waren wir immer noch kilometerweit
von unserem Ziel entfernt und erreichten schließlich mit einer Verspätung
von über 5 Std. Pathankot unseren Umsteigebahnhof. Wir hatten Glück und
bereits eine Stunde später saßen wir in unserem Folgezug nach Amritsar.
Nach einer Reisezeit von knapp 21 Stunden (für etwa 450 Km) erreichten
wir dann endlich Amritsar.
Am nächsten Morgen besichtigten wir auch noch
den hinduistischen Mata Tempel. Wir hatten Glück und kamen gerade zu einem
Tempelfestival, so daß der ohnehin schon etwas "abgefahrene" Tempel mit
seinen vielen Götterstatuen und dem "Abenteuerrundweg" (man krabbelt durch
künstlich angelegte Höhlen und läuft durch künstliche kleine Bäche) noch
mehr wie eine kleine Kopie von Disneyland wirkte. Die Hindus, überwiegend
Frauen, die kamen um um reichen Kindersegen zu bitten, hatten keinerlei
Berührungsängste und nahmen uns herzlich auf und beschenkten und mit gesegneten
Kokusstücken. Meine Mutter bekam sogar, wie alle anderen Frauen, Rosenblätter
zum essen. Unser nächstes Etappenziel war Mc Leod Ganj (bei Dharamsala). Wir bestiegen also wieder die Eisenbahn und machten uns auf den Weg. Statt der normalen 2,5 Std. Fahrzeit bis zu unserem Umsteigebahnhof brauchte der Zug aber wieder etwas länger (über 4 Std.) so daß uns in Pathankot gerade mal 15 Minuten blieben um unsere Gepäck und unsere Fahrräder von der Gepäckaufbewahrung abzuholen, die Zugtickets zu kaufen und die Fahrräder für die Zugfahrt zu buchen (werden in einem gesonderten Gepäckabteil mitgenommen). Als wenn wir sonst keine Probleme hätten beschloß auf einmal einer der Ticketverkäufer, daß wir den Zug eh nicht mehr erwischen würden und verkaufte uns keine Fahrkarte (zum Glück gab es noch einen zweiten Schalter) und der Verantwortliche für die Gepäckbuchung der Züge beschloß, daß er jetzt Teepause hätte. Eigentlich hatten wir keine Chance den Zug zu erreichen, doch irgendwie (der Zug fuhr auch mit etwas Verspätung ab) klappte es dann doch noch. Da wir ja bereits mit Verspätung losgefahren waren und viele Teile dieser Strecke nur eingleisig waren, mußte der Zug einige male auf den Gegenzug warten, so daß wir mitten in der Nacht in Kangra ankamen. Der Bahnhof lag etwa 3 Km vom nächsten Ort entfernt, so daß kein Hotel in erreichbarer Nähe war, und da es ziemlich heftig regnete entschieden wir uns, einfach unter dem überdachten Wartebereich des Bahnhofes zu schlafen.
Am nächsten Tag ging es dann mit dem Bus weiter
Richtung Leh. Die Fahrräder wurden auf dem Dach verstaut und mit einer
Verspätung von 2,5 Stunden ging es dann los. Kaum zu glauben, doch trotz
all der Anstrengung beim Radeln würde ich das Fahrrad auf dieser Strecke
dem Bus immer wieder vorziehen. Obwohl der Busfahrer sehr zivilisiert
fuhr, war uns meist ziemlich übel von der Schaukeilei. Nach "nur" 7 Stunden
erreichten wir am ersten Abend dann das 115 Km entfernt gelegene Keylong
(kaum zu glauben aber mit dem Fahrrad habe ich nur 12 Std. gebraucht).
Nach einer viel zu kurzen Nacht waren wir dann kurz vor 04:00 Uhr wieder
am Bus. Der Kondukteur hatte uns dummerweise eine falsche Abfahrtszeit
genannt. Als um 5:15 Uhr vom Busfahrer weit und breit immer noch nichts
zu sehen war fragte ich mal vorsichtig am Verkaufsschalter nach. Kurz
darauf erschienen dann sowohl Busfahrer und Kondukteur. Später erfuhren
wir dann von Schorsch, einem Mitreisenden, daß am Vorabend in seiner Unterkunft
alle Busfahrer so kräftig mit Alkohol und Haschisch gefeiert hatten, daß
sie sogar den Abfahrtstermin seines Busses verschlafen hatten. Irgendwie
schon ein komisches Gefühl, wenn man von einem Busfahrer über einige der
höchsten Pässe der Welt chauffiert wird, der alles andere als nüchtern
ist! Gegen Abend des zweiten Tages erreichten wir dann Upshi (etwa 60
Km vor Leh) wo wir erleichtert den Bus verließen. Von Upshi aus radelten wir am nächsten Tag dann
nach Hemis, ein in einem Seitental hoch über dem Industal versteckt liegendes
Kloster. Hemis lag zwar nur 20 Km von Upshi entfernt, doch auf den letzten
7 Km ging es noch mal ordentlich steil bergauf. Sowohl durch den schnellen
Klimawechsel (In Ladakh ist es wüstenartig heiß und trocken), als auch
durch die große Höhe (Hemis lag auf einer Höhe von etwa 3700 m.ü.N.N.)
war für meine Mutter das radeln sehr anstrengend, so das sie die letzten
7 Kilometer ihr Rad nur noch geschoben hat. So erreichten wir das Kloster
erst am Spätnachmittag. Das Kloster von Hemis war/ist das reichste Kloster
von Ladakh, was sicherlich größtenteils an seiner versteckten Lage lag.
Da es von den meisten Invasoren in Ladakh erst gar nicht wahrgenommen
wurde, wurde es auch nie angegriffen und ausgeplündert. Leider konnten
wir von dem Reichtum nicht viel sehen. Anscheinend hielten die Mönche
ihre Schätze immer noch sehr gut versteckt, und auch die Renovierungsarbeiten
hatten gerade erst begonnen. Nach der Klosterbesichtigung ließen wir uns
dann auf unseren Rädern einfach wieder bergab Richtung Indus rollen. Kurz
vor dem Indus hielten wir aber an um auf einem wunderschönen Wiesenstück
unter schönen Bäumen und mit einem kleinen Bachlauf unser Zelt aufzuschlagen.
So verbrachten wir einen idyllischen Nacht in einer zauberhaften Umgebung.
Nach einer kurzen Akklimatisationspause
in Leh brachen wir zu einer kleine 4-tägigen Trekkingtour auf. Am ersten
Tag stand lediglich die Busfahrt nach Likir, unserem Ausganspunkt, auf
dem Programm. Leider kamen wir etwas zu spät in Likir an, so daß die dortige
Gompa (Kloster) bereits geschlossen war, doch selbst ein Spaziergang durch
die große Anlage mit ihrer riesigen Buddhafigur beeindruckte uns sehr.
Das Kloster von Likir wurde auch das Kloster des Wassergeistes genannt,
so das viele Bilder und Balken des Klosters in leuchtenden Blautönen gemalt
waren. Die Nacht verbrachten wir in einem zwar neu erbauten, aber sehr
familiären Guesthouse. Neben einem wunderschönen Zimmer mit einem faszinierenden
Ausblick kümmerte sich auch die Gastfamilie (Großvater, Tochter und Enkeltochter)
rührend um uns und die anderen Gäste. Insbesondere beim Abendessen und
Frühstück konnten wir gar nicht so schnell essen und trinken, wie uns
nachgelegt und nachgeschenkt wurde. Vor allem die leckere hausgemachte
Aprikosenmarmelade werden wir noch lange in Erinnerung behalten. So viel
es uns wirklich sehr schwer, am nächsten Morgen wieder aufzubrechen. Von Likir aus folgten wir nun einer staubigen Straße in Richtung
Yangtang. Es gab zwar etwas Abseits der Straße auch sehr schöne kleine
Steige, doch um meine Mutter zu schonen (die Höhe, mit über 3500m, und
die trockene Hitze machten ihr bereits sehr zu schaffen) wählten wir den
einfacheren Weg. Nach etwa 1,5 Stunden erreichten wir den ersten kleinen
Pass (3700m). Nach einer kurzen Rast ging es dann auf der anderen Seite
wieder ins Tal. Beim Anstieg zu unserem 2. kleinen Pass machten sich dann
die Magenprobleme, die meine Mutter bereits die letzten Tage hatte, wieder
bemerkbar und so entschieden wir uns kurzerhand das nächste Auto anzuhalten
(haben an dem ganzen Tag nur ein Auto gesehen, und das hatte uns bereits
3x überholt). So erklommen wir den zweiten kleinen Pass ohne große Anstrengung
und erreichten Yangtang, unser Tagesziel, bereits am frühen Nachmittag.
Mit dem Guesthouse hatten wir diesmal nicht ganz so viel Glück. Zum einen
war es relativ schmuddelig und zum anderen waren die Gastgeber auch etwas
sonderbar. Zum ganzen Haushalt gehörten lediglich 3 Männer (Frauen, haben
wir keine gesehen). ein Junge von ungefähr 12 Jahren, ein Großvater und
ein Urgroßvater. Während der Urgroßvater (übrigens der netteste von allen)
mit seiner Gebetsmühle in der Ecke saß und das obligatorische (Om Mani
Padme Hum) vor sich hin betete, war der Großvater, insbesondere bei der
Butterteezubereitung am nächsten Morgen, damit beschäftigt ständig irgendwelche
Beschwörungen vor sich hin zu murmeln. In der Nacht fing es dann etwas
an zu regnen. Dummerweise hatten man den Rauchabzug über unserem Zimmer
mit einem Stück Pappkarton abgedeckt und diesen mit einem Stein beschwert.
Nachdem nun der Pappkarton vom Regen durchweicht war, fiel der etwa faustgroße
Stein meiner Mutter direkt aufs Knie! Zum Glück gab es aber nur einen
blauen Flecken. Auch mit dem Essen bekleckerten sich unsere Gastgeber
nicht mit Ruhm. Zum Frühstück gab es lediglich pro Person 2 Chapatis mit
etwas Marmelade und Tee, bevor wir wieder auf die Straße komplimentiert
wurden. Die 2. Tagesetappe war um einiges kürzer als die vorherige
und es galt auch nur einen Pass zu überwinden. Am Morgen brachen wir noch
gemeinsam mit den letzten Regentropfen auf, doch nach bereits einer halben
Stunde klarte der Himmel wieder auf. So erreichten wir Hemis Shukpachen,
unser 2. Etappenziel bereits gegen Mittag. Diesmal hatten wir wieder richtig
Glück mit unserem Guesthouse und landeten beim Dorfschullehrer und seiner
Familie. Gemeinsam mit zwei Lehrerinnen aus der Schweiz verbrachten wir
einen sehr netten Abend in der Küche der Familie, in der wir wieder aufs
köstlichste bewirtet wurden. Die Küchen in Ladakh sind, obwohl man auf
dem Boden sitzt, sehr reich ausgestattet. Es gibt Unmengen von Töpfen,
Tassen Tellern, ..... die alle sehr schön in den die halbe Küche umrahmenden
Wandschränken dekoriert sind. Insbesondere in den langen Wintermonaten
spielt sich nahezu das gesamte Leben in der Küche ab. Oft kommen Verwandte
und Nachbarn zu Besuch und gemeinsam verbringt man dann die kalten Wintertage
mit dem spinnen von Wolle und anderen häuslichen Arbeiten, wobei es an
Chang (Gerstenbier) und Buttertee selten mangelt. Manchmal, so erzählte
uns der Dofschullehrer, lädt man sich sogar einen Märchenerzähler ein,
der dann in mehreren aufeinanderfolgenden Nächten (das längste Märchen
benötigt 18 Nächte) die Märchen der Ladakhis erzählt.
Wir hatten Glück und bereits nach etwa 45 Minuten kam der nächste Bus
Richtung Leh. Nach etwa 20 Kilometern verließen wir den Bus jedoch wieder,
um noch einen kleinen Abstecher nach Alchi, laut Reiseführer ein "Geheimtip"
zu machen. Nun ja, mein Reiseführer war bereits 5 Jahre alt, und so hatte
sich der Geheimtip in ein kleines Dorf mit einer Infrastruktur verwandelt,
die in der Lage war, ganze Busladungen von Touristen zu versorgen. Nach
der Ruhe und Einsamkeit der letzten Tage zumindest für mich ein kleiner
Schock. Auch die Gompa in Alchi war etwas eigen. Trotz der vielen Touristen,
und den so aus den Eintrittsgeldern erwirtschafteten Geldern, war es den
Mönchen noch nicht gelungen zumindest einige Renovierungsarbeiten durchzuführen
(zumindest konnten wir nichts erkennen), so daß die gesamte Anlage eher
einer baufälligen Ruine ähnelte. Nach dem Abendessen drehten wir noch
eine kleine Runde durch den Ort und so wie wir etwas abseits der Hauptstraße
waren wurde Alchi auf einmal idyllisch. Kleine Bäche sprudelten durch
Gerstenfelder und Wiesen, die überall zwischen den weit verstreuten Häusern
lagen, und Dzos (Mischung zwischen Yak und Kuh) weideten friedlich an
den Bachrändern. Auch der Ausblick aus unserem Zimmer war wieder atemberaubend
(eigentlich unglaublich, daß sie hier in der rauen Bergwelt mit ihren
kalten Wintern trotz Einfachverglasung so riesige Glasfensterfronten haben).
Nach knapp zwei Monaten bin ich (Nadine) nun wieder dabei
:-)) Die ersten zwei Tage ließen wir es etwas ruhiger angehen, da ich
mich erst wieder aklimatisieren musste und Martins Mutter ebenfalls die
extreme Hitze und ein Brech-Durchfall zu schaffen machte. Wir gingen also
morgens immer in einem netten Café gemütlich Frühstücken und vertrieben
uns den Nachmittag mit organisatorischen Dingen (Boot vom Flughafen abholen,
Ausrüstung sortieren um uns wieder einmal von überflüssigem Gewicht zu
verabschieden). Für den Freitag beschlossen wir mit dem Zug nach Agra
zu fahren, um das Taj Mahal zu besichtigen. Auf der Zugfahrt dorthin nutzte
Martin die Zeit im Lonely Planet Ausgabe 1999 sich das Kapitel über das
Taj Mahal durchzulesen und fand heraus das es Freitags keinen Eintritt
kostet und daher mit 100.000 - 200.000 Besuchern zu rechnen ist.
In Agra organisierten wir dann eine Rikscha, die uns zu einem Café in
der Nähe des Taj Mahal fahren sollte. Der Rikschafahrer fragte uns etwas
schüchtern was wir eigentlich in Agra wollten. Ich verstand die Frage
nicht. Wollten nicht alle Touristen das selbe in Agra? Ich antwortet also
etwas zögernd, daß wir uns das Taj Mahal anschauen möchten. Der Rikschafahrer
verkündete uns, daß das Taj Mahal seit zwei Jahren Freitags geschlossen
sei. Wir wollten es zuerst kaum glauben, aber es war die traurige Wahrheit.
Unser Rikscha Fahrer entschuldigte sich mehrfach dafür, dass uns keiner
seiner Landsleute in Delhi darüber informiert habe und machte uns zum
guten Schluß das Angebot uns den ganzen Tag zur Verfügung zu stehen um
uns die anderen Sehenswürdigkeiten von Agra zu zeigen. Wir beschlossen
erst einmal Frühstücken zu gehen und neue Pläne zu schmieden. Nach einer
kurzen Krisensitzung beschlossen wir sein Angebot anzunehmen (der Preis
war 3,60 € auch mehr mit als in Ordnung). So zeigte er uns zuerst
das Baby Taj Mahal, ein Gebäude das 6 Jahre vor dem Taj Mahal erbaut wurde
und von dem viele Bauideen ins Taj Mahal übernommen wurden. Danach brachte er uns zu der gegenüberliegenden Flußseite
des Taj Mahal. Bei windstillen Tagen spiegelt sich dort das Taj Mahal
im Fluß, aber auch dieses Glück sollte uns vergönnt bleiben, doch der
Anblick war dennoch beeindruckend. Danach ging es noch zum Fort, in welchem
Shah Jahan, Herrscher der Mugeln und Erbauer des Taj Mahals von seinem
eigenem Sohn gefangen gehalten wurde. Der Legende unseres Rikscha nach,
hielt ihn sein Sohn dort gefangen, da er nicht zulassen wollte, daß sein
Vater seinen Plan zum Bau eines weiteren Taj aus schwarzem Marmor als
eigenes Mausoleum in die Tat umsetzten konnte (das weiße Taj Mahal hatte
er für seine geliebte Frau, die im Kindbett verstorben war erbaut). Das
eingesparte Geld sollte lieber für die Armen und Bedürftigen verwendet
werden. Die aber wahrscheinlichere Geschichte hörten wir aber bereits
vor zwei Monaten in Delhi im Red Fort bei der Sound und Light Show. Dort
erzählten sie, daß Shah Jahan erkrankt war und seine Söhne sich dementsprechend
um die Nachfolge stritten. Der dritte Sohn, Aurangzeb, machte das Rennen,
krönte sich selbst, und nachdem der Vater genesen war, lies Aurangzeb
ihn kurzerhand einsperren! Schließlich verstarb der Vater nach siebenjähriger
Gefangenschaft. ...aber die Legende des Rikschafahrers erzählt sich
halt soviel schöner. Zum Abschluß des Tages wollte er uns noch in einen Stadtteil bringen,
wo wir das alte Handwerk, der aus dem Iran stammenden Mugeln sehen könnten.
So landeten wir also kurze Zeit später in einer Marmormosaik"verkaufs"fabrik.
Wir konnten sehen wie per Handarbeit Miniatur Marmormosaike hergestellt
wurden und dann in Marmorplatten, Schatullen und ähnliches eingesetzt
wurden. Ebenso sollte es noch ein Stadtteil mit Christen geben, im dem
noch die traditionelle Gold- und Silberschmiedekunst ausführt wurde. Diesmal
landeten wir aber nur in einem stink normalen Schmuckladen ohne Einsicht
in die Handwerkskunst. Wir rundeten den Tag noch mit einem Abendessen
ab und saßen kurze Zeit später wieder im Zug zurück nach Delhi (2,5 Std.
Fahrzeit). Ihr fragt euch bestimmt warum wir nicht einfach eine Nacht
in Agra geblieben sind und uns das Taj Mahal am folgenden Tag besichtigt
haben. Zum einen hatten wir leider bereits das Rückfahrticket, und zum
anderen war es bereits der vorletzte Tag von Martins Mutter, so daß wir
leider keine Zeit mehr hatten. Nachdem wir jetzt wieder alleine waren, hieß es
die Fahrräder reparieren um uns wieder auf den Weg zu machen. Was aber
mal wieder leichter gesagt als getan war. Die folgenden Tage verliefen
vom Ablauf eigentlich alle gleich: Nach dem Frühstück sofort das nächstgelegene
Internetcafe aufsuchen, immer in der Hoffnung neue Informationen zum Einbau
von Martins Federgabel zu bekommen (vor dem Frühstück machte Aufgrund
der 3,5h Zeit Verschiebung keinen Sinn). Anschließend sofort zurück zum
Hotel um die neuen Einbauanweisungen in die Tat umzusetzen. Leider klappte
es nie wie es sollte. Also hieß es alles Werkzeug wieder wegräumen, Fahrräder
wieder absperren und ab ins Internet um erneut um Hilfe zu flehen. Dieser
Vorgang wiederholte sich zwei- bis dreimal am Tag. Nach einer Woche und
unzähligen gescheiterten versuchen (wo bei einmal auch das frisch gelieferte
Ersatzteil zerbrochen ist und notdürftig mit Sekundenkleber wieder geklebt
werden konnte) sollte es uns endlich gelingen. Leider hatten wir in der
ganzen Aufregung um die Federgabel ganz vergessen, daß bei Nadines Rad
der Leerlauf nicht funktionierte und dadurch immer die Kette heruntersprang.
Also folgte auch dieses mal trotz erfolgreichen Federgabel Einbau der
Gang ins Internetcafe um diesmal Hilfe beider Firma Rohloff zu suchen.
Rohloff Antwortete zum Glück sehr schnell, nur leider brauchten wir für
die Reparatur einen Kunsstoffhammer. Wir klapperten also unzählige Werkzeugläden
ab, wurden aber leider immer wieder damit vertröstet, daß Sie uns bis
morgen evtl. einen besorgen könnten. Nach mehrstündiger Suche wurden wir
dann endlich fündig. Die Reparatur an sich war dann schnell erledigt :-)).
Insgesamt haben wir jetzt eine ganze Woche nur damit verbracht unsere
Fahrräder zu reparieren (daheim würde man das locker in einem Tag schaffen)
und haben schon einen leichten Delhikoller (eigentlich nur Nadine). Delhi
ist die dreckigste, stinkendste, ärmste Stadt auf unserer gesamten Reise. Damit Nadine sich von ihrem "Delhikoller"
wieder etwas erholen konnte (bevor sie auf dem Ganges den "Kanukoller"
bekommt) entschieden wir uns doch nochmal in die Berge zu fahren.
Da ich bereits zweimal in Ladakh war und keinesfalls nochmal mit
dem Bus die Strecke nach Leh fahren wollte (und für hin und Rückweg per
Bike war es bereits zu spät im Jahr) entschieden wir uns ins Spiti-Tal
und nach Kinnaur zu fahren. Die Tour würde dann von Manali über den 3978m
hohen Rothang Pass und den 4551m hohen Kunzum La über Kaza nach Shimla
führen. Wir wählten diese Richtung, da wir so die beiden hohen Pässe bereits
in den ersten Tagen bewältigen würden, um so eventuellen Wintereinbrüchen
zuvorzukommen. Also fuhren wir mit dem Zug nach Shimla (Zug weil uns die
Straßen um Delhi einfach zu gefährlich sind). Shimla wurde Anfang des
19. Jahrhundert von den Briten entdeckt. Shimla liegt in einer Höhe von
2100 m.ü.d.M. und bietet, insbesondere während der Sommermonate, ein angenehm
kühles Klima. So entwickelte sich das ehemalige Bergdorf innerhalb kürzester
Zeit zur Sommerhauptstadt der Briten in Indien. Schon beeindruckend, wenn
man sich bewusst macht, daß von diesem "Bergdorf" aus 1/5 der Menschheit
regiert wurde! Nach Abzug der Briten wandelte sich Shimla zum beliebten
Feriendomizil der reichen Inder, und so hatten wir etwas Mühe ein halbwegs
günstiges Hotel zu finden. Wir deponierten in dem Hotel unser Kanu (ist
um es über den 4551m Kunzum La zu radeln doch etwas zu groß und zu schwer),
um es nach unserer Rückkehr wieder mitzunehmen. Von Shimla sind es dann
nämlich nur noch etwa 4 Tagesetappen bis nach Rishikesch am Ganges. Vom Shimla ging es dann mit dem Nachtbus nach Manali, unserem Ausgangspunkt für unsere kleine Bergtour. Im Greenland Hotel war ich mittlerweile ein alter Bekannter, residierte ich dort doch mittlerweile zum 4. mal, und so hatten wir keine Probleme um 5 Uhr morgens ein Zimmer zu bekommen. Bereits auf dem Weg zum Bahnhof in Delhi zeigten sich erneut Probleme bei unseren Fahrrädern. Nach dem Wenden unseres Hinterradritzels war nun ständig ein Durchrutschen im Antrieb zu spüren. Wir tippten erst auf einen weiteren Problem in unserer Nabe und schickten erneut Hilfegesuche per e-mail an den Hersteller. In Manali machte ich mich dann an die Fehlerbehebung. Dank der Tips von Carsten (Fa. Rohloff) war das Problem dann auch schnell gefunden. Nachdem wir unser Wenderitzel erst nach 18000 Km gewendet haben war es (obwohl es noch recht gut aussah) anscheinend bereits so verschlissen, daß die neue Kette (übrigens auch das erste mal getauscht!) ständig übersprang und so der Durchrutscheffekt entstand. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! Da ich seit Deutschland bereits 2 Ersatzritzel dabei hatte, konnte ich also die defekten Ritzel problemlos austauschen, so daß unsere Räder jetzt wieder einwandfrei funktionieren!
68. Wochenbericht 13. - 19.09.04
Eigentlich hofften wir auf einen lockeren Tag, standen doch nur 34 Km, einem Fluß bergauf folgend, auf dem Programm. Daß wir mit Schotterpiste zu rechnen hatten war uns ja bereits klar, doch daß unser Fahrbelag an einer Stelle sogar so übel wurde, daß wir nicht einmal mehr fahren konnten hätten wir nicht gedacht. Insbesondere zwischen Chatru und Chotta Dhara hatten wir schwer zu kämpfen, da hier sehr oft die Straße einfach nur aus runden Flußkieseln gebaut wurde (grobes Kopfsteinpflaster ist ein Traum dagegen). Ab Chotta Dhara hatten wir zu allem Überfluß auch noch mit Regen zu kämpfen. Der Einzige der uns an diesem Tag zur Hilfe kam war, eigentlich ganz unüblich, der Wind, der uns freundlicherweise etwas von hinten anschob. Bei den widrigen Bedingungen waren wir dann auch ziemlich erschöpft, als wir am Abend, nach insgesamt 5,5 Stunden für 37 Km (es waren 3 mehr als laut Karte) Batal erreichten.
Am Tag nach der Überquerung des Kunzum La trafen
wir auf John und Anne, ein älteres Ehepaar aus Neuseeland, die mit ihrem
Tandem die Berge von Nordindien erkunden wollten. Sie kamen gerade aus
Leh in Ladakh zurück und waren, wie wir, auf dem Weg nach Shimla. Wir
verstanden uns auf Anhieb sehr gut, doch ihre wohlgemeinte Aufforderung,
wir bräuchten nicht auf sie warten, und sollten doch ruhig schon weiterfahren,
klappte nie so richtig. Wir waren nämlich genauso schnell, bzw. besser
gesagt genauso langsam wie die beiden, so daß wir den Tag gemeinsam radelten
(was nicht nur daran lag daß Martins Bike schwerer war als ihr Tandem).
Am Nachmittag wollten wir eigentlich nur kurz ein Nonnenkloster besichtigen
doch ehe wir uns versahen wurden wir vom einzigen Mann des Klosters, einem
Mönch und Lehrer, in die Küche geführt und dort von den Nonnen aufs köstlichste
mit Tee und selbstgemachtem Salzgebäck verwöhnt. Nach dem kleinen Nachmittagstee
bekamen wir dann doch noch eine kleine Führung durch das Kloster, wo wir
neben einem gemütlich eingerichteten Schlafraum der Nonnen (mit eigenem
kleinen Ofen für die kalten Wintermonate), auch den Unterrichtsraum der
kleinen Klosterschule besuchen durften. Am Abend erreichten wir dann gemeinsam
Kaza. Kaza ist die "Hauptstadt" von Spiti und der Platz an dem wir unsere
Genehmigung für die Weiterreise nach Kinnaur und Shimla beantragen mußten.
Die Straße von Kaza nach Shimla führt sehr nahe an die chinesische / tibetische
Grenze heran (bis 10 Km), so daß man hierfür eine problemlos zu erhaltene
Sondergenehmigung benötigt. Nachdem wir, gemeinsam mit John und Anne,
unsere Genehmigung erhalten hatten (nach etwa 3,5 Std.), fuhren wir am
Abend noch mit dem Bus ins auf 4205m gelegene Kibber, das sich selbst
das höchste Bergdorf der Welt nennt (obwohl der Nachbarort 50m höher liegt!!!). Bereits am Vorvorabend, kurz vor unserer Ankunft in Kaza,
konnten wir die eindrucksvolle Lage der Gompa von Ki, von der anderen
Flußseite aus bewundern. Nun, 2 Tag später, auf unserem Rückweg von Kibber,
statteten wir der Gompa einen Besuch ab. Bereits kurz vor der Gompa trafen
wir auf die jungen Mönche, die sich den Sonntagvormittag mit Cricket vertrieben.
Im Klosterinnenhof trafen wir dann anstatt auf Mönche auf ein paar Ältere
Einheimische. Fast wären wir schon wieder gegangen, hätte uns nicht einer
der Einheimischen, der fröhlich schwatzend seine Gebetsmühle drehte, nicht
dazu ermutigt, durch eine kleine Türe weiter ins Innere des Klosters zu
gehen. Zögerlich folgten wir seinem Rat, nur um ein paar Meter weiter
vor einer Türe zustehen, auf der stand, daß der Zutritt nur Mönchen gestattet
ist. Die nächste Türe war halb offen und als wir vorsichtig in den dahinter
liegenden Raum (die Küche) spitzten, wurden wir auch schon von einem jungen
Mönch herein gebeten. Alswäre es das selbverständlichste der Welt kochte
er unserst einmal eine Tasse Tee. Zum Tee bekamen wir dann auch noch Tsampa,
die Hauptnahrung der Ladakhis, gereicht. Tsampa besteht im wesentlichen
aus gerösteten Gerstenmehl, das mit etwas Butter und vermutlich etwas
Zucker (ob Zucker normalerweise dazugehört wissen wir nicht, doch bei
uns war er zumindest mit dabei) angereichert ist. Anschließend bekamen
wir eine kleine Privatführung durch die Gompa. Der junge Mönch öffnete
für uns alle verschlossenen Räume und nachdem er uns den letzten Raum,
die Gebetshalle, gezeigt hatte, war er so schnell verschwunden, wie er
vorher aufgetaucht war. Wir hatten nicht einmal Zeit uns bei ihm richtig
zu bedanken. Wieder im Innenhof öffnete uns dann ein älterer, um nicht
zu sagen alter Mönch, den Raum mit der großen Gebetsmühle. Nachdem wir
etwas schüchtern den Raum begutachteten forderte er uns auf, die Gebetsmühle
doch mal kräftig anzuschupsen. Ganz geheuer war ihm die ganze Sache aber
anscheinend nicht, denn er blieb die ganze Zeit über an der Türe stehen
und murmelte sein " O Mani Padme Hum". 69. Wochenbericht 20.09. - 26.09.04 Tabo Gompa: Eine Tagesetappe von Kaza entfernt liegt
Tabo. Die Gompa von Tabo ist eines der wichtigsten Klöster der tibetischen
Buddhismus und wurde vor über 1000 Jahren erbaut. Zudem ist geplant, daß
sich der IVX Dalai Lama hier zur Ruhe setzten wird (dachten eigentlich
daß der Dalai Lama auf Lebenszeit das weltliche und religiöse Oberhaupt
der Tibeter ist und erst der Tod ihn von seinen Aufgaben entbindet). Auffällig
ist zunächst erst einmal die ungewöhnlichen Lage des Klosters. Während
alle Gompas, die wir bisher gesehen haben entweder auf Bergkuppen oder
an steilen Berghängen positioniert waren lag die Tabo Gompa mitten im
Tal. Interessant ist auch, daß der ganze ganze Klosterkomplex hier ebenerdig,
und nicht mehrstöckig wie sonst üblich, angelegt wurde. Des weiteren verfügt
die Tabo Gompa über einige der am Besten, erhaltenen Beispiele der Indo-
Tibetischen Kunst, weshalb das photographieren in den verschiedenen Tempeln
verboten war (um die Farben der bemalten Wände nicht zu beschädigen).
Morgenpuja in der Tabo Gompa: Nachdem wir
nun bereits je eine Nacht in einer Kirche und in einer Moschee verbracht
hatten entschieden wir uns nun im zum Kloster gehörenden Guesthouse zu
übernachten. Nach einer, zumindest für mich, viel zu kurzen Nacht klingelte
bereits kurz nach 5 Uhr morgens wieder der Wecker. Wir wollten an der
all morgentlichen Puja (Gebetszeremonie) teilnehmen. Kurz vor 6 Uhr standen
wir also frisch gewaschen vor der Gebetshalle doch weder von den Mönchen
noch von den anderen Touristen war weit und breit etwas zu sehen. Nach
einer weile kam dann der erste, noch reichlich verschlafen wirkende Mönch,
öffnete der Gebetsraum und verschwand darin. Nachdem noch zwei weitere
Mönch und ein Tourist in dem Gebetsraum verschwunden waren gingen auch
wir hinein nur um festzustellen, daß die Puja bereits in vollem Gange
war (mit nur 3 Mönchen). Nach und nach trudelten nun auch die restlichen
Klostermitglieder ausgerüstet mit je einer leeren Teetasse ein, ließen
sich auf ihren angestammten Plätzen nieder und vielen in den Sprechgesang
der anderen mit ein. Nach knapp 20 Minuten, die letzten Mönche waren gerade
erst angekommen, gab es dann eine Runde Tee für alle (auch für uns Touristen)
und zwei junge Novizen knabberten sogar ein paar Kekse. Während die Touristen
überwiegend sehr verkrampft auf ihren Plätzen saßen (bewußt entspannt
und konzentriert wirkend) nahmen die Mönche die Morgenpuja eher etwas
lockerer. Nach knapp einer halben Stunde, ich hatte noch nicht einmal
meinen Tee ausgetrunken, war die Puja auf einmal vorbei. Normalerweise
dauert die Puja etwa eine Stunde, doch da sich für den heutigen Tag der
Ministerpräsident von Himachal Pradesch (ein Indischer Bundestaat) zu
Besuch angekündigt hatte, mußten natürlich noch einige Vorbereitungen
getroffen werden. Nun wurde uns auch klar, warum wir auf dem Weg von Kaza
nach Tabo so viele Straßenarbeiter gesehen hatten, die die Straße kehrten
und reparierten, sollte doch der Ministerpräsident auf diesem Streckenabschnitt
statt mit seinem Helikopter mit dem Jeep reisen. Für einen Tageslohn von
umgerechnet etwa 1,1 € kehrten die Frauen die Straße während die Angestellten
der Straßenbaufirma für etwa 3,- € pro Tag arbeiteten. Uns war der Ganze
Trubel etwas zu viel und so machten wir uns bereits vor Ankunft des Hohen
Gastes aus dem Staub. Erdrutsch bei Milling: Bei Milling, auf halben Weg
zwischen Tabo und Rekon Peo, lag eine seit Jahren für ihre Erdrutsche
berüchtigte Stelle. Der letzte Erdrutsch war jedoch so heftig, daß dabei
der halbe Berg mit abgerutscht ist und so eine Reparatur der Straße unmöglich
machte. Also entschied man sich eine neue Straße zu bauen (sie ist größtenteils
bereits fertiggestellt) und in der Zwischenzeit die Erdrutschstelle mit
zwei Materialseilbahnen zu überbrücken. Kommt nun also ein Bus auf der
einen Seite der Seilbahn steigen alle Fahrgäste aus und schicken ihr Gepäck
mit der Seilbahn auf die andere Seite. Da die Seilbahnen keine Personen
transportieren muß man den die Erdrutschstelle umgehen, was einen Abstieg
ins Tal und Wiederaufstieg von je 250 Höhenmetern bedeutet. Als wir an
besagter Stelle ankamen war gerade kurz zuvor eine der beiden Materialseilbahnen
Kaput gegangen und somit die andere Seilbahn sehr stark frequentiert.
Der Winter nahte und so mußte massenhaft Holz und Stroh für Militär und
Zivilbevölkerung in die abgelegene Bergregion transportiert werden. Mit
der fehlenden Konkurrenz verdoppelte sich natürlich auch der Preis für
die Gepäckbeförderung, doch ein umtragen der Ausrüstung wäre extrem anstrengend
gewesen (wir hätten vermutlich einen ganzen Tag benötigt). Nachdem
unsere Fahrräder und unser Gepäck bereits auf der anderen Seite des Erdrutsches
waren, machten wir uns auf den Weg, und nach etwa 1,5 Stunden hatten auch
wir die Erdrutschstelle überwunden. Apfeldiebstahl in Kalpa: Mittlerweile
sind wir sehr froh daß wir mit einem Reiseführer unterwegs sind. Gerade
wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist kann es einem sehr leicht passieren,
daß man nur wenige Kilometer an besonders sehenswerten Orten vorbei radelt.
Ohne unseren Reiseführer hätten wir sicherlich auch nie von Kalpa, dem
netten kleine Bergdorf 10 Km oberhalb von Rekong Peo (das Verwaltugszentrum
von Kinnaur) erfahren. Da auf der 10 Km langen Strecke aber etwa 600 Höhenmeter
zu bewältigen waren entschieden wir uns den Bus zu nehmen. Kalpa selbst,
obwohl einst Hauptstadt von Kinnaur, ist eher ein kleines Dorf soll der
Ort sein an dem sich die hinduistische Gottheit Shiva im Winter zurückzieht.
Besonders reizvoll ist der Ort durch seine verwinkelten Gassen, die mit
Steinplatten gedeckten Dächer und die vielen Apfelbäume. Vermutlich gerade
weil es in jedem Garten mehrere über und über gefüllte Apfelbäume gab,
war in keinem Laden in ganz Kalpa auch nur ein Apfel zu finden. Nadine
die ja ein klein wenig nach Äpfeln süchtig ist konnte deshalb der Versuchung
nicht widerstehen und stibitzte sich von einem der am Wegrand stehenden
Bäume einfach 2 Äpfel.
70. Wochenbericht 26.09. - 03.10.04
Nächtliche Störung bei Solan: Während in
den Tagen zuvor die Zeltplätze sehr rar gesät waren, entweder steile Berge
oder dichte Besiedelung, hatten wir diesmal das Glück bereits 45 Minuten
vor Einbruch der Nacht einen schönen Platz zu finden. Der Einzige Haken
an der Sache war, daß wir unser gesamtes Gepäck über einen etwa 8m hohen
sehr steilen Erdwall schleppen mußten. Sonst eigentlich sehr darauf bedacht
von niemandem gesehen zu werden, wenn wir unseren Schlafplatz aufsuchen
liesen wir uns diesmal nicht von zwei jungen Männern mit ihrem Roller
stören, die uns erst aus einiger Entfernung beobachteten und schließlich
zu uns herkamen um uns zu fragen, woher wir denn kommen würden. Wir blieben
wortkarg und schleppten einfach unsere Ausrüstung weiter. Nachdem wir
alles aufgebaut und eingeräumt hatten machten wir uns über unser reichhaltiges
Abendessen her (Kakao, Chips und Kekse). Wir waren gerade mit unserem
Menü am Ende, als wir draußen jemand durch das Gebüsch streifen hörten
und machten daher sofort unsere Taschenlampen aus. Dir Person entfernte
sich nun von unserem Zelt, erklomm den Erdwall und fing dann an unser
Zelt mit Steinen zu beschmeissen. Wir beschlossen erst einmal nicht darauf
zu reagieren um so einen eventuellen Konflikt zu vermeiden. Nachdem wir
uns durch die Steine nicht reizen liesen, wurde unser "gegenüber" vermutlich
etwas aggressiver und warf einen Stein so stark gegen das Zelt, daß das
Außenzelt riß und der Stein Nadine am Hinterkopf traf. Nun wollten wir
die Störung nicht mehr einfach so hinnehmen und so krabbelte ich, bewaffnet
mit Taschenlampe und Pfefferspray, aus dem Zelt. Als ich aber auf dem
Erdwall ankam war von unserem Störenfried keine Spur mehr zu sehen. Erst
als knapp 15 Minuten vergangen waren, lief ein junger Mann die Straße
entlang, ging zu seinem etwa 50m entfernt geparkten Roller und brauste
davon. Erst jetzt wurde mir klar, daß es die beiden jungen Männer (oder
zumindest einer von ihnen) waren dir neugierig waren was wir da so machen.
Als Nadine, nachdem sie am Kopf getroffen wurde, laut aufschrie und ich
aus dem Zelt kam wurde ihnen die Sache aber anscheinend zu mulmig und
sie sind einfach abgehauen! Wir wollten auf alle Fälle kein weiteres Risiko
eingehen und entschieden uns den Zeltplatz zu verlassen, und so durfte
ich erneut unsere gesamte Ausrüstung über den steilen Erdwall schleppen.
Wir hatten Glück und wir hatten fast Vollmond und eine sternklare Nacht,
so daß wir auch ohne Licht weiterfahren konnten. Nadine wollte nach der
Steinatacke nicht mehr im Zelt schlafen und so radelten wir die 10 Km
in den nächsten Ort und nahem uns ein Hotel. Hotel ohne Wasser aber mit TV: Das einzige Hotel im Ort war natürlich
eines der eigentlich gehobenen Klasse (unser teuerstes bisher in Indien).
Besonders geärgert hat mich die Tatsache, daß uns die letzten 50m noch
ein Einheimischer begleitet hat der dann im Hotel behauptet hat er hätte
uns hierher geführt und dafür eine Provision (vom Hotel bzw. von uns)
eingesteckt hat. Nun ja das Hotel hatte auch schon bessere Zeiten gesehen
und das versprochene heiße Wasser, das es am nächsten Morgen geben sollte,
gab es natürlich auch nicht. Genauer gesagt: es gab gar kein Wasser. Wir
bekamen dann einen Eimer kaltes Wasser geliefert und dazu einen selbstgebastelten
Tauchsieder, der natürlich auch nicht funktionierte. Eigentlich ein Wunder,
daß ich keinen Stromschlag bekommen habe! Das Einzige was funktionierte
war der Fernseher, was ich auch (wie bereits in den letzten beiden Hotels)
intensiv nutzte. Der Vormittagsspielfilm (Die Firma) endete leider erst
um 11:30 Uhr so daß wir erst recht spät wieder auf die Straße kamen. Achtung Geier: Bei uns freut
man sich ja schon wenn man mal einen Mäusebussart fliegen sieht, hier
in Indien sieht man jedoch relativ häufig Greifvögel. Auf unserem Weg
nach Rishikesh kam es dann aber doch auf einmal recht dicke. Ich wollte
gerade in eine Parkbucht einfahren, als ich auf einmal 10m vor mir einen
Geier sitzen sehe. Hätte ich nicht sofort gebremst und wäre er nicht weggehumpelt
hätte ich ihn vermutlich sogar noch angefahren. Nun erst bemerkten wir,
daß in einem der benachbarten Bäume noch 2 weitere Geier saßen. Da von
etwas unterhalb ständig so komische Geräusche kamen wurden wir neugierig
und blickten über den Abgrund. Hier saßen etwa 15- 20 Geier auf einer
toten Kuh und schlugen sich den Bauch voll. Leider war ich etwas zu langsam
um davon noch ein Bild zu machen und so konnte ich die Geier nur noch
photographieren, als sie sich in einem nahegelegenen Baum nieder ließen
und darauf warteten, wieder zu ihrem Festmahl zu dürfen (jeder etwas größere
dunkle Punkt ist ein Geier). Abendzeremonie in Rishikesh: Da es nun
von den Bergen wieder ins Flachland ging kamen wir schneller voran als
erwartet und erreichten Rishikesh einen Tag früher als erwartet. Rishikesh
ist ein wichtiger Pilgerort der Hindus und bezeichnet sich selbst als
die "Yogahauptstadt der Welt". Wir kamen nach Rishikesh jedoch nicht um
irgendwelche Yogapraktiken zu lernen, sondern um hier unseren Faltkanadier
zu Wasser zu lassen um auf dem Ganges nach Varanasi zu paddeln. Neben
den vielen Yogakursen gibt es hier auch einen Zeremonie bei der Priester
kleine Lämpchen in der Abenddämmerung auf den heiligen Fluß Ganges setzten.
Viele Gläubige Hindus nehmen an der Zeremonie teil, und anschließend entweder
selbst ein paar Blumen in den Ganges zu werfen oder vom Gangeswasser zu
trinken (da der Ganges gerade erst aus dem Himalaja kommt hier vermutlich
noch "relativ" unbedenklich!" Begleitet wird die Ganze Zeremonie von Priestern
die ständig einen Gong anschlagen und einem Priester der über Lautsprecher
ein heiliges Lied über den Fluß erschallen läßt. Grosser Spendenaufruf!!!!!! Haben vor ein paar Tagen eine Einladung in ein Kinderheim in der Naehe von Kalkutta bekommen!!!! Ueber die Arbeit des Kinderheimes (Sitz in Deutschland in Bad Camberg) koennt ihr Euch unter http://www.gandhi-kinderhilfe.de/ informieren. Wir planen das Kinderheim Anfang November zu besuchen und werden alle bis dahin auf unserem Spendenkonto “Hilfe fuer Kinder und Menschen in Not” eingegangenen Spenden direkt vor Ort uebergeben! Unsere Bankverbindung lautet: Nassauische Sparkasse: BLZ: 510 500 15
KontoNr.: 535297770
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