PAKISTAN: 30.05.-30.06.2004

Route: Taftan, Quetta, Sibi, Shikarpur, Rawalpindi, Islamabad, Murree, Muzafarrabad, Balakot, Naran, Abbotabad, Islamabad, Rawalpindi, Lahore

Distanz: geradelt 1188 Km, Bus und Bahn: etwa 1800 Km

Höhenmeter: 7775 m

 
Vorwort: Genau wie bereits vom Iran waren wir auch von Pakistan sehr positiv überrascht. Mit der Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit der Pakistanis hatten wir nicht gerechnet. Zelten war zwar nur in den wenigen dünn besiedelten Regionen möglich, doch die Hotels waren durchwegs sehr günstig. Nach den etwas mageren Zeiten im Iran (Essen fast nur Fleisch) gab es in Pakistan wieder ein reichhaltiges Angebot an leckeren Speisen. Insbesondere die leckeren Mangos (nicht zu vergleichen mit den bei uns erhältlichen) und Milchshakes hatten es uns angetan. Besonders faszinierend fanden wir die Bergwelt im Norden Pakistans und wir werden sicherlich nochmal nach Pakistan reisen, um auch den Rest dieses faszinierenden Landes zu sehen.
 
Auch die Einreise nach Pakistan verlief schnell und unkompliziert. Innerhalb weniger Minuten hatten wir unseren Einreisestempel erhalten und waren beim Zoll vorgefahren. Anstatt einer Kontrolle wurden wir aber ins Büro des Chefs gebeten. Dieser nahm nochmals unsere Personalien auf und anschließend folgte ein sehr nettes Gespräch über Religion und Heiraten. Der Zollchef erklärte uns, daß er keiner Religion angehöre, da dies nur zu Folge habe, daß man andere Religionen (Menschen) hassen müsse, und das wolle er nicht. Auch Heiraten sei in seinen Augen völlig unnötig, wörtlich sagte er: "It´s important that I love my girl and that she love me! If we are married this just says, that I am the master of her." Diese beiden sehr weltoffenen Meinungen freuten uns sehr und gaben uns die Hoffnung auf ein weltoffenes Pakistan. Ehe wir uns versahen organisierte er unser Busticket. Auch beim "bargain" zum Geldwechseln auf dem Schwarzmarkt wollte er uns helfen, da die Geldwechsler in seinen Augen alle nur Betrüger seien (es war Sonntag und deshalb hatte die Bank zu). Da eigentlich bald unserer Bus abfahren sollte verabschiedeten wir uns. Im Nu waren unsere Fahrräder aufs Dach des Busses verladen und unserer Gepäck hatte seinen Platz im Stauraum gefunden. Jetzt mussten wir nur noch Geld tauschen und dann sollte der Bus auch eigentlich schon abfahren. Eigentlich!
 
Damit ihr die Geschehnisse von Kerman (Iran) bis Quetta (Pakistan) noch intensiver miterleben könnt, haben wir uns an dieser Stelle für eine kleine Zeitplanübersicht entschieden: 21.30 Uhr: Abfahrt in Kerman (Bus fährt ohne eine einzige Pause durch) 5.00 Uhr: Ankunft in Zahedan 6.30 Uhr: Verladen unsere Räder in einen klein Bus der uns zur Pakistanischen Grenze bringt 6.45 Uhr: Abfahrt 8.45 Uhr: Ankunft an der Grenze bei Mir Javeh 9.00 Uhr: Zur Iranischen Grenze gegangen. 9.03 Uhr: Ausreise Iran erledigt 9.05 Uhr: Zur Pakistanischen Grenze gegangen 9.10 Uhr: Einreisestempel Pakistan erhalten 9.15 Uhr: Werden zum Zoll gebeten, anstelle Kontrolle folgt Gespräch mit Zollchef 9.30 Uhr: Zollchef organisiert Busticket 9.45 Uhr: Wir verladen Bikes und Ausrüstung 10.00 Uhr: Wieder im Büro des Zollchefs, er vermittelt uns Hilfe beim Geldtausch 10.15 Uhr: Wir gehen Geld tauschen, da Bus eigentlich um 10.30 Uhr fahren soll 10.30 Uhr: Abfahrt auf 11.30 Uhr verschoben 12.30 Uhr: Abfahrt!! 12.35 Uhr: Stopp bei Restaurant, Mittagspause für 2 Stunden 13.45 Uhr: Bus fährt weiter 13.50 Uhr: Halt am Marktplatz 14.00 Uhr: Neue Fahrgäste steigen zu 14.05 Uhr: Bus setzt sich wieder in Bewegung 14.10 Uhr: Bus hält, Militärkontrolle! 14.40 Uhr: Es geht weiter. 16.32 Uhr: Erneute Militärkontrolle 16.42 Uhr: Bus fährt weiter 16.43 Uhr: Stopp zuerst unerklärlich, es folgt ein Reifenwechsel. 16.45 Uhr: Klimaanlage fällt aus, wir brüten bei 42 Grad 17.53 Uhr: Es geht endlich weiter 18.50 Uhr: Gebetstopp 19.10 Uhr: Weiterfahrt 19.40 Uhr: Erneuter Gebetstopp 21.05 Uhr: Bus stoppt, neue Gäste steigen zu 21.15 Uhr: Gäste steigen wieder aus, da Klimaanlage defekt, haben immer noch 36 Grad 21.17 Uhr: Klimaanlage wurde repariert, Gäste steigen wieder ein. 23.15 Uhr: Pause 0.00 Uhr: Es geht weiter. Wir messen immer noch 32 Grad im Bus, Klimaanlage wieder defekt 3.00 Uhr: Erneute Pause 3.30 Uhr: Weiterfahrt 5.30 Uhr: Letzte Pause vor Quetta an einem kleinem See 6.00 Uhr: Auf zur letzten Etappe! 7.00 Uhr: Ankunft Quetta!!
 
Da Nadines Füße im Laufe der vergangenen zwei Tage so sehr angeschwollen waren, daß Sie kleinen Elefantenfüßen ähnelten, beschlossen, wir erst mal einen Ruhetag in Quetta einzulegen. Nachdem Nadine eine Weile ihre Beine gekühlt und hochgelegt hatte, starteten wir zu unserem normalen Stadtprogramm: Wäsche waschen, Internet und Basarbesuch ( Nadine erstand wieder einmal ein neues Outfitt).
 
Außerdem stand noch der Besuch eines kleinem Museums auf dem Programm. Wir waren gerade auf der Suche nach dem Museum, als uns der Museumswächter entgegengelaufen kam (wir waren bereits vorbeigelaufen, da am Museum nichts angeschrieben stand). Wir waren die einzigen Besucher und so erhielten wir eine Sonderführung durch die drei Räume des Museums, in denen einige alte Schriften des Koran, etliche Gewehre und Schwerter sowie ein paar alte Tongefäße ausgestellt waren. Es gab zwar ein Ticketoffice, aber bezahlen durften wir nichts.
 
Das 1. Jahr haben wir nun mittlerweile gut hinter uns gebracht. Am 1. Juni 2004 befanden wir uns in Quetta im Westen von Pakistan. Hier kurz einige Statistiken zu den ersten 366 Tagen (für alle die jetzt stutzen: 2004 ist ein Schaltjahr!). Geradelte Km: 15510 Km Gepaddelte Km im Kanu: 1100 Km Stunden auf dem Bike und im Kanu: 996 Std. Benötigtes Budget pro Person und Tag: 5,35 € (zusammen 10,71 €) Anteil des Budgets für Visa, Ausrüstungsgegenstände und Medizin: 1/3 (ziemlich exakt) Technische Defekte Bike Martin: Steuersatz von Vorderrad defekt (Wien) und Schutzblech (Türkei) Mantel von innen Durchgescheuert (Ägypten) Technische Defekte Bike Nadine: Schelle an Lowrider mehrmals gebrochen Platten: 21 (14x Nadine) Kälteste Temperatur beim Radeln: -5°C (Türkei) Heißeste Temperatur: 42°C (Pakistan an Grenze) Krankheiten Martin: Metallsplitter im Auge (Russland), 2 Erkältungen (Türkei), extrem trockene Lippen u. blutende Nase (Iran) Krankheiten Nadine: 1 Erkältung (Türkei), extrem trockene Lippen (Iran) und Heimweh (manchmal) Besuche: Sandra (Türkei), Ufo (Ägypten), Mama Nadine + Steffi (Ägypten), Eltern Martin (Türkei) Zeitungsberichte: 3 (vermutlich mehr aber wir bekommen keine Info wenn sie einen Bericht schreiben) Radiointerviews: HR1 3x und HR3 XXL 4x Verbrachte Stunden im Internet: unzählbar Beste Sehenswürdigkeiten: Petra (Jordanien) und Kapadokien (Türkei) Bester Homesupport: Ufo
 
Da wir uns bezüglich unserer weiteren Reiseroute in Pakistan unsicher waren (Sicherheit), statteten wir der Touristeninformation ein Besuch ab. Nach einem kurzem Gespräch war die Reiseroute klar (viele Regionen waren aus Sicherheitsgründen tabu). Als besonders schön wurde uns eine enges Bergtal zwischen Quetta und Sibi empfohlen. Also beschlossen wir diese Stück mit dem Rad zu fahren und dann erneut ab Sibi bis Shikarpur den Zug zu nehmen, da es in dieser Region sehr sehr heiß sein soll. Die ersten 130 km gingen durch ein wunderschönes Tal entlang eines kleinen Flußes durch die Berge.
 
Pause in einer großen Hochebene zwischen 2 Tälern bei 40°C im Schatten. Sonst waren die Temperaturen mit 38°C gerade noch erträglich (jedoch 6 Uhr morgens immer noch 36°C). 35 km vor Sibi endete das Tal in einer Wüste und die Temperaturen stiegen immer weiter an.
 
Wir waren also heilfroh Sibi erreicht zu haben und wollten eigentlich nur möglichst schnell den nächsten Zug nach Shikapur nehmen (dort sollte es laut unserer Information wieder etwas kühler sein). Wir hatten gerade das Zentrum von Sibi erreicht, als wir von zwei Polizisten angehalten wurden, die uns erklärten, daß wir erst einmal mit aufs Polizeirevier kommen müßten. Dort angekommen wurden unsere Personalien aufgenommen und da Sie eine Kopie unsere Ausweise wollten, mußten wir ihnen erneut in der prallen Mittagshitze quer durch die Stadt folgen. Nun landeten wir auf der Station der Bahnhofspolizei, wo nochmals unsere Personalien aufgeschrieben wurden (eine Fotokopie unserer Pässe haben sie dann doch nicht gemacht). Insgesamt hat die ganze Sache mindestens 1 h beansprucht, in der wir viel lieber unter irgendeinem Baum im Schatten gelegen hätten und uns bei einer kleinen Wassermelone erfrischt hätten. Immerhin zeigte das Thermometer mittlerweile über 40°C im Schatten an. Auch der Kauf der Zugtickets stellte sich als nicht ganz so einfach heraus, so daß er alles in allem ebenfalls 1,5h in Anspruch nahm. Um 15.00 Uhr lief unserer Zug im Bahnhof ein, kurzerhand wurde unserer Gepäck vom Bahnhofspersonal ins Abteil verladen und um 15.30 Uhr fuhr der Zug dann endlich ab. Temperatur mittlerweile 46°C. Nach knapp 2,5 Stunden anstrengender Zugfahrt (extreme Hitze, da aufgrund von Staubstürmen teilweise die Fenster nicht geöffnet werde konnten) wurde der Zug außerdem zunehmend voller, so daß wir unserer Gepäck umpacken mußten und uns dann, gemeinsam mit einem Teil des Gepäckes, hinter die Fahrräder auf die Sitzbank zu quetschen. So wurde die letzte Stunde nochmal um einiges anstrengender als die vorherigen. Als der Zug gerade in Shikarpur einfuhr, wir waren gerade dabei das Gepäck an die Tür zu stellen, überkam Martin plötzlich extreme Übelkeit. Er mußte sich übergeben und bekam gleichzeitig Durchfall. Daher beschlossen wir, uns in Shikarpur ein Hotel zu nehmen. Wir hatten das Bahnhofsgelände gerade mal ein paar Meter hinter uns gelassen, da mußte Martin, umringt von mindesten 50 gaffenden Kindern und Erwachsenen, sich erneut übergeben. Ich (Nadine) war außer mir vor Wut und versuchte die gaffenden Menschenmassen zu vertreiben, was mir aber nicht gelang. Sie kannten anscheinend kein Schamgefühl oder ihre Neugierde überragte einfach jeglichen Respekt vor einer Intimespähre. Also gab ich meinen sinnlosen Versuch auf und bat einen jungen Man uns den Weg zu einem Hotel zu zeigen. Begleitet von der "halben Stadt" machten wir uns also auf den Weg zum Hotel. Nach guten 5 Minuten wurde Martin von Jasif, einem jungen Christen angesprochen, der uns erzählte, daß er bereits zwei Kanadische Gäste hätte und uns ebenfalls gerne einladen würde. Wir waren sehr froh über diese Einladung und so folgten wir nun Jasif zu seinem zu Hause. Es dauerte weitere 5 Minuten und wir standen gemeinsam mit Jasif vor den Toren eines Christlichen Krankenhaus und Jasif lieferte uns direkt bei Priscilla ab, einer Kanadischen Ärztin die gemeinsam mit ihrem Mann Robert und ihrer Familie seit 10 Jahren in dem Missionskrankenhaus arbeitet und lebt. Priscilla nahm eine genaue Anamnese auf und entschied sich, zuerst Martin eine orale Rehydrationslösung trinken zu lassen. Nach aber nur wenigen Schlucken mußte Martin sich erneut übergeben und wurde zunehmend kreislaufinstabiler, so daß Priscilla sich dazu entschied, Martin eine Infusion zu legen und einen Tropf anzugedeihen. Die ersten 1,5 Liter waren innerhalb 1-1,5 h eingelaufen. Martin fühlte sich zwar ein klein wenig besser, musste aber trotzdem noch keinen Urin lassen und so bekam er kurzerhand erneut 500 ml angehangen, welche jetzt aber wesentlich langsamer einliefen (über ca. 2 h). Die Nacht verbrachte Martin im halbdelirium zwischen Toilette (mittlerweile hatten sich wässrige Durchfälle eingestellt) und Bett. Auch am nächsten Morgen ging es ihm nur unwesentlich besser und so wurde kurzer Hand beschlossen, daß wir noch nicht weiterfahren durften. Die nächsten 24.00 Uhr hat Martin eigentlich nur geschlafen (dafür bin ich ja auch berühmt :-)))) Anm. v. M.). Auch ich wurde im Laufe des Nachmittags schlapper und bekam starke Kopfschmerzen. In der Nacht bekam ich zusätzlich noch bis zu 39,0 °C Fieber und Durchfall. Im Verlauf des nächsten Tages ging es mir jedoch bereits wieder wesentlich besser, während Martin mittlerweile nur noch stündlichen Durchfällen und leichten Bauchkrämpfen geplagt wurde. Priscilla entschied sich, auf Grund Martins im wesentlichen unveränderten Lage, für ein anderes Medikament (er hat am Vortag schon eines bekommen), was er nun für die nächsten 3 Tage einnehmen mußte. Rückblickend haben wir sicherlich unglaubliches Glück gehabt in genau dem Moment in dem es Martin am sehr schlecht ging auf Jasif zu treffen der uns dann zu dem Christlichen Missionskrankenhaus brachte (Jasifs Vater ist übrigens der Verwaltungsdirektor des Krankenhauses). Ohne diese selbstlose Hilfe wäre es Martin sicherlich wesentlich schlimmer ergangen. Es ist schön zu wissen, daß es Menschen gibt die einem unvermittelt helfen, wenn es notwendig ist.
 

Da es mir am dritten Abend bereits wieder wesentlich besser ging nahm ich die Einladung von Jasif, die Familie seines Freundes zu besuchen, an. Da es in Shikarpur aber nicht üblich ist, daß die Frauen vor die Tür gehen, besorgten Jasif eine Mopedrikscha, die uns bereits auf dem Krankenhausgelände abholte. Bei der Familie von Jasifs Freund fanden dann unsere Reisebilder mal wieder großen Anklang. Eine der Schwestern von Jasifs Freund bemalte mir noch eine Hand mit Henna, so daß ich jetzt mit meinem neuen Outfit und Hennabemalung quasi nicht mehr von den Pakistanischen Frauen zu unterscheiden bin. Nach drei wunderschönen Stunden ging es dann, natürlich mit einer Mopedrikscha, wieder zurück ins Krankenhaus. Shikarpur selbst war am Anfang dieses Jahrhunderts ein wichtiges Bankenzentrum der Hindus. Seit der Trennung von Indien und der Umsiedlung der Hindus leben hier, bis auf ein paar wenige Christen, ausschließlich Moslems. Laut Karte haben wir eigentlich eine große Stadt erwartet. Angetroffen haben wir aber eine extrem ärmliche chaotische Kleinstadt, die gerade dabei ist in ihrem eigenen Dreck zu versinken. Teerstraßen gab es nur wenige und selbst dort mußten wir uns teilweise durch tiefe Schlammlöcher kämpfen. Vermutlich waren wir in einer der ärmsten Gegenden von Pakistan gelandet.

 
Insgesamt blieben wir 3 ganze Tage bei der Familie von Priscilla und Robert Carpenter. Wir beschlossen am vierten Abend mit dem Zug nach Islamabad zu fahren um dort unserer Visum für Indien zu beantragen und um der großen Hitze hier (Tagsüber 43°C und Nachts 36°C in unserem Zimmer) zu entfliehen. Begleitet vom sehr netten und lustigen Koch der Familie Carpenter besorgten wir bereits am Nachmittag unsere Tickets. Auch mit seiner Hilfe war es nicht wirklich einfach ein Zugticket für uns und die Fahrräder zu bekommen. Nach anfänglichen Diskussionen bezüglich unserer Fahrräder, waren diese dann letztendlich doch relativ zügig im Gepäckwagen verstaut und wir saßen erneut für weiter 1000 Km im Zug. In Lahore sollte es eine Pause von 30 Minuten geben, also beschloss ich die Zeit zu nutzen um ein paar kalte Getränke zu besorgen. Durch intensivere Preisverhandlungen für die Getränke hatte es etwas länger gedauert (ca. 5 Min.) und als ich gerade zu unserem Gleis zurück gehen wollte sehe ich, daß der Zug sich bereits in Bewegung gesetzt hatte. Ich beeilte mich und sprang also gerade noch auf den bereits fahrenden Zug auf (hierzulande nichts ungewöhnlich), doch alle Passanten schrien gleichzeitig "Nein" . Also entschied ich mich kurzerhand wieder abzuspringen Da der Zug jetzt schon verhältnismäßig schnell war, fiel ich natürlich mitten auf dem Bahnsteig auf den Hintern. Neben der Tatsache, daß ich mich riesig blamiert habe, fängt nun die Panik an in mir aufzusteigen. Weiter vorne auf dem selben Gleis standen noch Waggons und ich versuchte nun dort mein Glück. Angeblich soll das auch der Zug nach Islamabad sein, aber es handelt sich lediglich um Waggon 14 und 15. Ich suche also weiter verzweifelt nach unserem Waggon Nr. 7. In meiner Verzweiflung werde ich dann auch noch von den selben Passanten, die meinen Zug Auf- und Absprung mitbeobachtet haben, irregeleitet. Sie erzählen mir: "husband bridge" und machen mir mit Handzeichen klar, daß Martin über die Überführung (zum nächsten Bahngleis) gegangen sei, um mich zu suchen. Also Weite ich meine Suche auf den kompletten Bahnhof aus. Erfolglos beschieße ich nach guten 5 Minuten an den Ausgangspunkt zurückzukehren. Dort werde ich von einem sehr netten Polizisten in zivil angesprochen, der mir dann erklärt, daß Sie manchmal während eines Zugstopps einige Waggons abhängen und dazu nochmals aus dem Bahnhof ausfahren. Er meinte daß ich aber unbesorgt sein könne und der Zug bestimmt gleich wieder im Bahnhof einlaufen würde( leichter gesagt als getan, wenn man Mutterseelen alleine in einem fremden Land ohne Geld und Papiere steht und der Reisepartner mit samt dem Gepäck im Zug sitzt). Gemeinsam machten wir uns nochmals auf die Suche nach Waggon 7 und gerade am Ende des Gleise angekommen läuft der Zug auch schon wieder ein. Ich war schon lange nicht mehr so froh Martin wieder zu sehen und ich glaube ihm ging es nicht viel anders. Heilfroh endlich Rawalpindi (10 km vor Islamabad, Islamabad selbst hat keinen Bahnhof) nach genau 24 Stunden Zugfahrt erreicht zu haben, ließ der nächste Ärger jedoch nicht lange auf sich warten. Martins Vorderrad wurde beim Transport beschädigt, so daß es an der Bremse schleifte. Ferner war der Sattel Beschädigt und ein Schutzblech abgerissen. Etwas sauer wollte Martin von den Gepäckjungs wissen was er jetzt machen solle, worauf Sie nur erwiderten, daß Sie nicht für Schäden haften und das Pakistan ein armes Land sei! So gingen wir dann direkt zum Chef Gepäckabteilung. Auch hier handelte es sich um einen mürrischen und wenig kooperativen Gesellen. Nach gut einer halbstündigen Diskussion erklärte er mir dann genervt, daß sie uns den Schaden zwar nicht ersetzten können, aber wir sollten gegen 8:00 Uhr am nächsten Morgen wiederkommen, dann würden sie es versuchen zu reparieren. Bevor ich mich aber auf den Weg dorthin machte untersuchte ich mein Vorderrad nochmal eingehend und fand heraus, daß das Vorderrad lediglich schief eingesetzt war. Vermutlich hatten die Bahnbediensteten nur etwas an der Schnellspannachse herumgespielt und danach das Vorderrad nicht wieder richtig eingesetzt. Zum Glück konnte ich mit so den Gang zum Bahnhof ersparen.
 
Dank der Hilfe eines sehr netten Pakistani fanden wir relativ zügig ein günstiges Hotel. Schnell war unser Gepäck aufs Zimmer gebracht und, nachdem Martin die 5 (!) Formulare ausgefüllte hatte, die uns der Hotelchef vorgelegt hatte, konnten wir uns endlich in Ruhe auf unser Zimmer zurückziehen. Es hatte tagsüber in Rawalpindi geregnet und so war es bei 30°C C angenehm kühl. Wir hofften eigentlich auf eine erholsame Nacht. Gegen 24:00 Uhr, Nadine wollte gerade auf die Toilette, gehen, wurde sie aber nacheinander zuerst von einer Kakerlake und dann auch noch von einer (gefährlichen) Maus überrascht. Was nun kam kennt Ihr ja bereits von unserem Rattenüberfall aus der Türkei (November 2003). Nadine verschwand in ihrem Innenschlafsack, während ich mich als Kammerjäger betätigte.
 
Nachdem wir unser Indienvisum in Islamabad beantragt hatten entschieden wir uns noch etwas weiter in die kuhlere Bergwelt Pakistans zu fluechten. Bereits seit knapp einer Woche gab es in einigen Städten in Pakistan "kleinere" Unruhen. Zwei islamische Gruppen (glaube Schiiten und Suniten) waren wieder einmal dabei ihre Unstimmigkeiten mit Waffengewalt auszutragen. Während in Karachi (größte Hafenstadt Pakistans) nach einem Bombenattentat auf eine Moschee die Stadt für mehrere Tage durch Streiks komplett lahmgelegt worden war (alle Läden müssen dann schließen, sonst werden sie zerstört), ging es in Gilgit (Nordpakistan) überwiegend darum, dass die Schiiten ihre Version des Islam staerker in den Schulbuechern vertreten sehen wolen. Eigentlich wollten wir noch über den Karakorum Highway nach Gilgit radeln um wenigsten etwas von der phantastischen Bergwelt Pakistans zu sehen. Durch die Unruhen ließen wir aber von unserem Vorhaben ab und entschieden uns nach Murree zu radeln. Murree liegt etwa 62 Km von Islamabad entfernt. Eigentlich eine gemütliche Tagesetappe, wären da nicht auf den letzten 40 Km knapp 1700 Höhenmeter zu überwinden. Die etwas marode Straße führte dann durch wunderschöne Wälder immer weiter in die Berge. Noch geschwächt von unserem Aufenthalt in Shikarpur benötigten wir insgesamt 1,5 Tage, bis wir schließlich in Murree ankamen.
 

Murree, trotz seiner Höhe von 2280m, von den Pakistanis liebevoll auch "Königin der Hügel" genannt, ist einer der beliebtesten Urlaubsorte in Pakistan. Das eigentliche (Einkaufs-) Zentrum des Ortes liegt auf einem Bergkamm zwischen den beiden Aussichtspunkten "Kashmir Point" und "Pindi Point". Während es insbesondere am etwas weiter abgelegene Kashmir Point sehr ruhig war herrschte in der Einkaufsstraße reges treiben. Da Autos in dem Bereich eigentlich nicht fahren dürfen, hat sich hier der Beruf des Wagenschiebers etabliert. Die Wagen sehen aus wie die alten Kinderwagen um die Jahrhundertwende, jedoch aus Stahl mit jeweils 2 kleinen Sitzbänkchen. Normalerweise sind sie gedacht, um die kleineren Kinder durch die "bergige" Einkaufsstraße oder zu den beiden Aussichtspunkten zu schieben. Häufig werden sie aber auch genutzt um das Gepäck ins Hotel zu transportieren. Am skurrilsten war der Anblick zweier anscheinend etwas lauffauler Erwachsener, die sich so zum Pindi Point schieben ließen. Murrree ist bei den Pakistanis vor allem seiner schönen Bergwälder und des angenehm kühlen Klimas wegen sehr beliebt. Daneben ist Murree nur wenige Kilometer von Islamabad entfernt und so im Gegensatz zu den anderen Urlaubsorten sehr leicht und schnell zu erreichen. Um uns ein paar Tage in der kühlen Bergluft zu erholen war uns der Ort aber leider etwas zu hektisch. Irgendwie haben wir uns etwas mehr Natur erhofft und so zogen wir nach einem Tag wieder weiter.

 

Von Murree aus ging es dann eine wunderschöne wenig befahrene Bergstraße hinunter in das Jehlumtal. Auf den insgesamt 45 Km langen Strecke ging es insgesamt 1300 Höhenmeter bergab, so daß wir uns einfach nur rollen lassen brauchten. Zwischendurch wurden wir zwar von einem starkem Gewitter überrascht, doch wir nutzen die Zeit uns in einem kleinen Restaurant unterzustellen und zu stärken. Wir hatten uns bei beiden Touristeninformationen in Murree erkundigt, ob wir die teilweise durch Kaschmir führende Straße als Touristen fahren dürften, und erfuhren jeweils, daß es wäre kein Problem wäre(zumindest wenn wir ein normales Visum hätten). Bis nach Kohala lief auch alles problemlos. Nun wechselte die Straße aber die Flußseite. Kaum hatten wir den Jehlum überquert, wurden wir auch schon von der Polizei angehalten und auf die Polizeistation gebracht. Nachdem sie unsere Ausweise kontrolliert hatten versuchten sie uns zu erklären, daß wir eine Sondergenehmigung aus Islamabad bräuchten um durch Jammu Kashmir radeln zu dürfen. Das Englisch der Polizisten war sehr schlecht und so stellten wir uns erst mal dumm und erklärten ihnen, daß wir von den Touristeninformationen in Murree gegenteilige Informationen erhalten hätten. Wir erklärten ihnen weiterhin, daß wir ja eigentlich gar nicht nach Kashmir wollten sondern direkt in das Kaghan Valley. Wir würden in Kashmir also nur knapp 50 Km an der Grenze entlangfahren. Obwohl sie weiterhin auf ihrer Sondergenehmigung beharrten fingen sie nun an zu funken. Mittlerweile war auch ein höherer Polizist oder Offizier (was genau konnten wir nicht erkennen da ja alle in zivil gekleidet waren) hinzugekommen, doch auch er konnte bzw. wollte uns nicht weiterhelfen. Wie immer in solchen Situationen bewahrten wir erstemal die Ruhe und beschlossen die Sache auszusitzen. Auf keinen Fall waren wir bereit die 1300 Höhenmeter bis Murree wieder hochzuradeln! Nach knapp einer halben Stunde kam dann die gute Nachricht per Funk. Uns wurde erlaubt durch Jammu Kashmir durchzureisen, allerdings nicht per Bike. So stoppten die Polizisten den nächsten Kleinbus, unsere Bikes wurden aufs Dach geladen und in Begleitung eines Polizisten ging es nach Muzaffarabad, die 30 Km entfernt gelegene Hauptstadt Kashmirs. Bezahlen durften wir die Fahrt allerdings nicht, da uns ein anderer Fahrgast bereits zuvorgekommen war. In Muzaffarabad stiegen wir dann am Busbahnhof aus. Unser Polizist organisierte uns einen Pickup und in einer rasanten Fahrt (Nadine wurde ziemlich übel) ging es die letzten 15 - 20 Km zum nächsten Grenzposten. Nachdem nun erneut unsere Personalien aufgenommen wurden, wurden wir wieder auf freien Fuß gesetzt. Wir hatten mittlerweile ja schon viele überwiegend positive Erlebnisse mit der Polizei, doch eine derartige Hilfsbereitschaft hatten wir noch nicht erlebt. Normalerweise sind Polizisten und Soldaten ja berühmt dafür, daß sie strikt ihre Anweisungen befolgen. Wir hatten wieder einmal das Glück genau an die "richtigen" zu gelangen. Anstatt uns einfach die Weiterreise zu verweigern haben sie sich mit der Eskorte und dem Bus einen sehr guten Kompromiß einfallen lassen der alle zufrieden gestellt hat. Danke!!!

 
Nach dem Grenzposten ging es dann direkt in das wunderschöne Kaghan Valley, einen beliebten Urlaubsort der Pakistani (westliche Touristen zieht es eher ins spektakulärere Gilgit). Das Tal war dicht besiedelt und so waren wir froh gerade noch rechtzeitig vor Balakot, der größten Kleinstadt in diesem Tal, eine Zeltmöglichkeit zu finden. Es war noch knapp 1 Stunde bis Sonnenuntergang und so ließen wir uns erst einmal gemütlich nieder. Wir hatten gerade alle viere von uns gestreckt, als zwei junge Männer kamen und uns etwas von ihrer Wassermelone anboten. Wir unterhielten uns erst ein wenig und nachdem sie und mehrmals vehement zu sich nach Hause einluden packten wir unsere sieben Sachen wieder und machten uns mit ihnen auf den Weg. Wir hatten gerade mal die halbe Strecke nach Balakot zurückgelegt als ein Polizeiauto neben uns anhielt. Ein sehr besorgter Polizist erklärte uns, daß es keine gute Idee sei nach Naran zu radeln (warum konnte er uns aber nicht sagen). Um unser Wohlergehen besorgt wollte er unbedingt wissen, wo wir die Nacht verbringen würden. Wir erklärten ihm, daß wir eingeladen worden wären und bei unserem "Freund", übernachten würde (unser Freund hatte sich mittlerweile in die zweite Reihe verzogen und gab keinen Mucks von sich). Da wir dem Polizisten weder Name noch Adresse und Telefonnummer unseres Gastgebers nennen konnten, rückten wir mit der Sprache raus und zeigten ihm unseren Gastgeber. Anscheinend von der Polizei stark eingeschüchtert behauptete dieser auf einmal er hätte uns nie eingeladen. Unserer Einladung "beraubt" und changenlos zu unserem eigentlichen Zeltplatz zurückzukehren erkälten wir dem Polizisten nun, daß wir in Balakot in einem billigen Hotel (max. 3,- € ) übernachten würden. Da es mittlerweile bereits dämmerte geleitete uns die Polizei bis direkt vor ein Hotel in Balakot. Schon von außen war mir klar, daß das Hotel unser Budget sprengen würde. Der Polizist erklärte uns, daß wir uns keine Sorgen um den Preis machen sollten. Normalerweise würde ein Doppelzimmer zwar 7,50 € kosten, doch sie als Polizisten würden spezielle Konditionen aushandeln können, und so würden wir das Zimmer für 3,- € bekommen. Schließlich füllte der Polizist auch noch die Gästekarten für uns aus, bevor er sich mit "see you" mit seiner Truppe verabschiedete.
 
Da der Polizist auch unsere Abreiseuhrzeit für den nächsten Tag wissen wollte rechneten wir eigentlich damit, daß wir bis Naran eine Polizeieskorte bekommen würden. Doch am nächsten Morgen war von der Polizei weit und breit nichts zu sehen. Mühsam kämpften wir uns langsam immer weiter in die Berge. Für die pakistanischen Touristen waren wir anscheinend die Hauptattraktion. Alle paar Kilometer hielt irgendein Auto, ein paar Pakistani sprangen heraus und fragten uns, ob sie ein paar Photos von uns machen dürften. Bei einer unserer Pausen lernten wir einen Landschaftsphotographen aus Rawalpindi kennen. Er zeigte uns einem Kalender und viele Postkarten mit seinen Photos. Insbesondere mit seinen tollen Aufnahmen von der Bergwelt in Gilgit und Hunza hat er uns sehr neugierig gemacht. So werden wir also, wenn irgendwie möglich, in ein paar Jahren nochmal nach Pakistan reisen um auch die anderen faszinierenden Täler und Berge des Himalaja, Karakorum und Hindukusch zu sehen.
 
So läßt es sich aushalten!!! Gemeinsam mit einem Pärchen aus Birmingham (England) verbrachten wir eine nette Zeit in diesem "Bachrestaurant". Dank der kühlen Füße war es trotz der über 30°C im Schatten recht angenehm.
 
Immer noch etwas von unseren Krankheiten geschwächt und durch die vielen steilen Anstiege kamen wir nur recht langsam voran. Nach knapp 5 Stunden und 1055 Höhenmetern hatten wir gerade mal 48 Km zurückgelegt. Von dem nächsten größeren Ort trennten uns immer noch 15 Km und 500 Höhenmeter. Da in dem engen Tal auf jedem ebenem Quadratmeter bereits ein Haus stand und somit an Zelten nicht zu denken war, entschieden wir uns in einem kleinen, direkt an der Straße gelegenen Guesthouse zu übernachten. Zur Auswahl standen ein Zimmer mit kleinem Bad (das nur aus einer Toilette bestand) und einem einfacherem Zimmer ohne Bad. Wir verstauten unsere Ausrüstung in dem Zimme ohne Bad und gingen dann nochmal in das kleine Straßenrestaurant zum Essen. Als Nadine dann auf die Toilette wollte erfuhren wir, daß weder Restaurant noch Hotel über eine Toilette verfügten, und das einzige Zimmer mit Toilette hatten wir nicht genommen. Einzige Hoffnung: warten bis es dunkel wird und dann ab in den Straßengraben (Gebüsch gab es in der näheren Umgebung keines). Nadine, die seit Shikarpur von regelmäßigen Durchfällen geplagt wurde, konnte aber nicht mehr auf die Nacht warten. Also fragte ich die Hotelbesitzer nochmal, ob es hier nicht irgendwo eine Möglichkeit gib einen Toilette oder Plumpsklo zu nutzen. Da es anscheinend wirklich keine (zumindest vorzeigbare) Toilette gab wurde für uns das andere Zimmer wieder geöffnet, so daß wir dort die Toilette nutzen konnten. Nadine, bekannt für ihre Vorliebe für Mäuse und alles was krabbelt, hatte bereits beim Einzug eine Kakerlake in unserem Zimmer entdeckt. Damit sie ruhig schlafen konnte bastelte ich ihr mit unserem Innenzelt einen Moskitoschutz. Mit dem unglaublichen Preis von 1,4 € für das Doppelzimmer war es die bisher günstigste Hotelübernachtung.
 
Entlang des wilden Kunhan Flusses (für Wildwasserspezialisten sicherlich ein Traum) ging es immer weiter in die Berge, und nach weiteren 975 Höhenmetern und einigen Bachdurchquerungen erreichten wir dann Naran, ein kleines Bergstädtchen 2405m über dem Meer.
 
Naran ist ein beliebter Urlaubsort und bildet den Ausgangspunkt für viele Touren (Trekking- und Jeeptouren) in die nähere Umgebung. Im Hochsommer kann man von hier aus auch über einer Schotterpiste über den Babusarpaß (4173m) nach Chilas auf dem Karakorumhighway radeln, doch zur Zeit liegt der Paß noch unter Eis und Schnee begraben. Auch hier hatten wir wieder Glück mit dem Hotel. Bereits auf der Straße wurden wir von einem Hotelbesitzer abgefangen. Der Preis für das Hotelzimmer lag jedoch weit jenseits unseres Budgets und obwohl wir eigentlich gar nicht handeln wollten kam uns der Hotelbesitzer mit dem Preis extrem entgegen. Er meinte wir wären extra von so weit hergekommen, daß es für ihn eine Ehre wäre, uns als Gäste empfangen zu dürfen. Neben einem eigenen kleinen Bad mit Toilette war es auch das erste Hotel unserer Reise mit richtiger (sauberer) Bettwäsche!
 
Das beliebteste Ausflugsziel in Naran ist der knapp 10 Km entfernt gelegene Saiful Muluk Lake. Was die Anreise jedoch ein klein wenig erschwert ist die Tatsache, daß er in einer Höhe von 3200m ü.d.M. liegt. So ist es also kaum verwunderlich, daß die reicheren und etwas lauffauleren reichen Pakistanischen Touristen den Besuch des Sees nicht mit einer kleinen Wandertour kombinieren, sondern sich von Jeeps dorthin karren lassen. Lediglich die letzten 500m müssen gelaufen werden, da die Straße auf den letzten Metern noch von einem Geröllabgang blockiert war. Als Radreisende kam für uns eine Fahrt mit dem Jeep natürlich nicht in die Tüte und so machten wir uns mit unserer Drahteseln auf den Weg um die 800 Höhenmeter zu überwinden. Eigentlich haben wir mit einer normalen Schotterstraße gerechnet, doch was wir vorfanden war eine üble, ausgewaschene Bergstraße, die man teilweise nur deshalb Straße nennen konnte, weil sie breit genug war, daß die Jeeps auf ihr fahren konnten. Neben mehreren Bachdurchfahrten galt es zusätzlich noch einen kleinen "Gletscher" (so haben ihn zumindest die Einheimischen genannt) zu queren. Stellenweise war die Straße so steil, daß an Radeln nicht mehr zu denken war. Nach anstrengenden 2 Stunden erreichten wir dann endlich den See. Bereits auf den letzten Metern zu See fing es bereits an leicht zu regnen. Kaum hatten wir jedoch den See erreicht fing es richtig an zu schütten, so daß wir, anstatt uns gemütlich auf unsere Picknickdecke zu legen, fluchtartig eines der Zeltrestaurants aufsuchten. So richtig gemütlich war es dort aber auch nicht, da der Wind ordentlich durch das halb offene Zelt pfiff. An etwas Erholung war leider auch nicht zu denken, da wir wieder einmal (wie auch schon in den letzten Tagen) zum Hauptphotoobjekt wurden. Als der starke Regen nach knapp einer halben Stunde zu einem Nieselregen wurde entschieden wir uns sofort wieder aufzubrechen. Wir befürchteten, daß sich die Straße in eine gefährlich Schlammrutsche verwandeln würde und wollten vorher noch so weit wie möglich ins Tal kommen. Wie es der Zufall dann auch immer so will hörte bereits nach wenigen Minuten auch der Nieselregen auf. Wir hatten gerade mal ein Drittel der Strecke wieder zurückgelegt als sich auch alle Wolken schon wieder verzogen hatten. Um noch einmal zurückzufahren war und die Straße jedoch etwas zu anstrengend und so radelten wir weiter ins Tal. Durch den "guten" Straßenbelag brauchten wir dann auch "nur" eine Stunde zurück ins Tal! Als wir unserem Hotelchef von dem Regeneinbruch erzählten meinte er nur "Ja, ja, genau daß ist die Schönheit des Sees".
 
Ein paar Tage bevor wir ins Kaghanvalley radelten wurde im Pakistanischen Fernsehen ein Bericht über zwei Fahrradtouristen gesendet. So war es dann auch nicht verwunderlich, daß sie die pakistanischen Touristen wir eine Meute ausgehungerter Reporter auf uns stürzten, egal ob wir gerade einen Steilhang hinaufkeuchten oder im strömenden Regen den Saiful Muluk Lake erreichten. Immer wen wir mit unseren Rädern unterwegs waren mußten wir alle paar Kilometer anhalten um ein Bild von uns machen zu lassen. Nach dem zwanzigsten Phototermin am Tag kann einem das jedoch etwas auf die Nerven gehen. Zum Glück sind wir keine Promis, die das über Jahre hinweg ertragen müssen.
 
Auf dem Rückweg von Naran nach Islamabad legten wir wie versprochen einen kleinen Zwischenstopp bei der Polizei in Balakott ein. Suleman, der Polizist der uns vor ein paar Tagen ein günstiges Zimmer vermittelt hatte erwartete uns bereist zusammen mit seinem Chef und dem Leiter des Tourismusverbandes im Kaghanvalley auf der Terrasse des PCDT Hotels (Hotel des pakistanischen Tourismusverbandes). Gemeinsam wurde erst einmal zu Mittag gegessen. Anschließend zeigte uns der Polizeichef von Balakot seine von den Engländern erbaute Polizeistation, von der aber mittlerweile leider die Hälfte dem Fluß zum Opfer gefallen ist. Anschließend lud er uns in sein, auf der anderen Straßenseite gelegenes kleines Häuschen ein. Bevor wir von seinem Haushälter mit Obst und Getränken bewirtet wurden, legte er jedoch seine Uniform ab und zog sich zivile Bekleidung an. In dem folgenden Gespräch erzählte er uns dann, daß man als Polizist in Pakistan rund um die Uhr im Dienst ist. Feierabend oder Wochenende gibt es nicht, so daß es für Polizisten unmöglich ist, eine eigene Familie zu haben. Alle Polizisten, die jedoch vorübergehend nicht benötigt werden ziehen sich in bequemere zivile Bekleidung um. So kommt es dann auch, daß selbst auf den Polizeistationen der Großteil der Polizisten keine Uniform trägt. Wir hätten zwar im Garten des Polizeichefs zelten dürfen, doch irgendwie war uns die ganze Sache dann doch zu sonderbar, so daß wir uns gegen Abend wieder auf den Weg machten.
 
Die ersten 10 Km ging es auch noch sehr flott voran, doch dann ging es wieder in die Berge. Wir hatten die ersten beiden Zeltmöglichkeiten verschmäht und kaum auf der anderen Seite der Berges angekommen war die Gegend wieder reichlich dicht besiedelt. Wir hatten die Hoffnung auf einen Zeltplatz schon nahezu aufgegeben, als wir im letzten Tageslicht ein kleines Straßenrestaurant entdeckten, das anscheinend auch über einige Zimmer verfügte. Eigentlich hatten sie nur einen große Raum in dem man auf so genannten Seilbetten (anstelle eines Lattenrostes und einer Matratze ist einfach ein Seilgeflecht zwischen einen Bettrahmen gespannt) schlafen konnte. Extra für uns wurden in einem kleinen anderen Raum, der eigentlich als Gastraum genutzt wurde, die beiden Tische durch zwei Seilbetten (für uns mit dünner Futonmattte und Kopfkissen) ersetzt, und fertig war unserer Zimmer. Es war gerade mal wieder Stromausfall, so daß wir uns, nach dem wir eine Tasse Tee getrunken hatten, mit romantischem Kerzenlicht auf unser Zimmer zurückzogen. Die Nacht war jedoch nicht so erholsam wie erhofft. Nach dem wir ein paar Tagen in der kühlen Bergwelt verbracht hatten machte uns nun das schwül warme Wetter neben den unzähligen Moskitos sehr zu schaffen. Eigentlich wollten wir in dem Restaurant noch etwas frühstücken, doch nachdem wir bereits weder für den Tee noch für die Übernachtung etwas bezahlen durften, machten wir uns mit hungrigen Mägen auf den Weg.
 

In Haripur, eigentlich auf der Suche nach einem günstigen Hotel (auch hier gab es wegen der dichten Besiedelung keine Zeltmöglichkeit), als uns Basal Einlud bei seiner Familie zu übernachten. Basal Familie ist vor über 20 Jahren von Afghanistan nach Pakistan ausgewandert und war etwas stenger religiös. So kam es dann, daß Martin direkt von der Straße aus in einen gesonderten Gästeraum geführt wurde, und diesen nur verlassen durfte, wenn vorher alle Frauen "versteckt" worden waren, während Nadine sich frei bewegen durfte. Angestachelt von seinem älteren Bruder erklärte uns Basal erst, daß sie sehr arm wären und daß wir ihn mit nach Deutschland nehmen sollten. Er meinte wir sollten ihm einfach einen Paß und ein Visum kaufen und ihn mitnehmen. Es kostete uns einige mühe ihm zu erklären, daß man in Deutschland nicht einfach so ein Visum und schon gar keinen Paß kaufen kann aber so richtig verstanden hat er es nicht. Nun erklärte er uns daß er uns auf unserer Reise begleiten wolle. Da wir prinzipiell nichts dagegen hatten, meinte er, wir sollten ihm doch morgen Vormittag ein Fahrrad kaufen und uns dann darum kümmern, daß er ein Visum für Indien bekommen würde. Leider mußten wir ihn auch hier enttäuschen. Zum einen reicht nämlich unsere Reisekasse nicht aus um noch einen weiteren Mitradler dauerhaft durchzufüttern und zum anderen können wir uns natürlich nicht um seine Visaangelegenheiten kümmern (dauert für Pakistanis die nach Indien wollen mehrere Wochen bis Monate). Schon ein paar mal war uns in den islamischen Ländern aufgefallen, daß einige Menschen hier recht eigentümliche Vorstellungen darüber haben, wie man ein Visum bekommt. Zum anderen haben wir, so wie auch hier, oft das Gefühl daß es vielen Menschen hier an echtem Ehrgeiz fehlt. Vielmehr träumen viele oft davon nach Europa zu gehen oder ihre Lebensumstände zu verändern, doch meist bleibt es nur bei diesem Wunschdenken (kennt man bei uns ja auch). Richtig darum kümmern tun sie sich nicht. Treffen sie dann auf uns kommen die Träume wieder hoch, doch anstatt sich dann um die Umsetzung zu kümmern erwarten sie von uns, daß wir alles erledigen, was natürlich, zumindest im Moment, nicht möglich ist. Nach einer anstrengenden Nacht (Hitze und Moskitos) in der ich mich nicht einmal auf die Toilette traute, aus Angst einer der Frauen zu begegnen wurden wir am nächsten Morgen (nachdem wir erneut wegen eines Deutschlandvisums bearbeitet wurden) wieder in die Freiheit entlassen. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man in einem Haus zu Gast ist in dem man das vorgesehene Gastzimmer nur dann verlassen darf, wenn vorher alle Frauen "versteckt" worden sind.

 
Zurück in Islamabad holten wir dann unser Indienvisum ab und erkundeten etwas die moderne Hauptstadt Pakistans. Nach Staatsgründung 1947 wurde Islamabad von griechischen Architekten geplant und von 1960 bis 1966 künstlich angelegt. Alle Straßen sind rechtwinklig angelegt und ein richtiges Zentrum gibt es leider auch nicht. Insgesamt wirkt die Stadt relativ Langweilig. Wahrzeichen der Stadt ist, neben den viele Pompösen Verwaltungsgebäuden, die berühmte Shah Faisal Moschee. Zunächst wunderten wir uns über das äußerst futuristische Aussehen der riesigen Moschee, die bis zu 10000 Gläubige fassen kann. Normalerweise sind die Moscheen in Pakistan eher klein und schlicht, und oftmals sogar kaum zu erkennen. Die 1976 errichtete Shah Faisal Moschee erinnerte uns jedoch eher an einen modernen europäischen Konzertsaal. Das kleine Geheimnis lüftete sich jedoch als wir die Mamortafel am Eingang der Moschee lasen. Die Moschee war ein Geschenk vom König von Saudi Arabien an die Bevölkerung von Pakistan, und die Vorliebe der Saudis für extravagante Bauten ist ja hinreichend bekannt.
 
Beim Abendessen in einem kleinen Straßenrestaurant lernten wir 2 Studenten der Quaid-e-Azam Universität kennen. Wie verabredet uns und trafen sie dann am übernächsten Tag auf dem Universitätsgelände wieder. Nachdem wir uns bei Dahl (Linsengericht), Reis und einigen superleckeren Lassis (Joghurtdrink) gestärkt hatten, zeigten sie uns ihre Universität. Die noch recht junge Quaid-e-Azam Universität (keine 30 Jahre alt) ist eine der Eliteuniversitäten Pakistans (Unterricht auf Englisch) und liegt in einer hügeligen Waldlandschaft knapp außerhalb von Islamabad. Wir hatten Glück und kamen gerade rechtzeitig als sich ein paar frisch examinierte Studenten zum Gruppenfoto aufstellten, bei dem sie, wie hier üblich, ihre Hüte in die Luft warfen.
 
Direkt hinter dem Universitätsgelände beginnt die Bergwelt Pakistans. Rizwan (studiert Computerwissenschaften) und Muhammad (sein Vater lebt in Berlin) packten uns also kurzerhand in ein Auto und zeigten uns zwei wunderschöne Täler. Anders als bei uns, wo die schönen Gegenden um die Großstädte überwiegend von den "Reichen" bewohnt werden, leben hier, bedingt durch die fehlende Infrastruktur, die ärmeren Pakistanis. Im zweiten Tal besuchten wir einen beliebte Picknickplatz. Der Picknickplatz lag direkt an einem kleinen Bachlauf und so war es dann auch nicht verwunderlich, daß sich die voll bekleideten Pakistanis vergnügt im Wasser tummelten. Da wir am Abend noch weiter nach Rawalpindi wollten, mussten wir uns leider schweren Herzens am späten Nachmittag, nach einer viel zu kurzen Zeit, wieder von unseren Studenten verabschieden.
 
2,5 Tage nachdem wir in Rawalpindi aufgebrochen waren, erreichten wir nach 300 geradelten Kilometern Lahore, das kulturelle Zentrum Pakistans. Wir hatten zwei Einladungen für Lahore und so meldeten wir uns zunächst bei Aeyesha. Aeyesha lebt eigentlich in den USA und war gerade hier um ihre Familie zu besuchen. Nach vielen Versuchen erreichten wir sie schließlich am Nachmittag und verabredeten uns für den späten Nachmittag auf eine Tasse Tee. Nun gingen wir auf Hotelsuche. Genau wie in Teheran wurde aus der eigentlich unkomplizierten Sache eine den ganzen Nachmittag füllende Aktion. Entweder durften die Hotels keine Touristen aufnehmen, sie waren prinzipiell zu teuer, oder schraubten für uns ihre Preise künstlich in die Höhe. Man konnte ganz klar merken, daß man in Lahore an ausländische Touristen gewöhnt war. Nach der gut 2,5 Stunden dauernden Sucherei in der prallen Mittagshitze fanden wir schließlich ein nettes Hotel. Mittlerweile war die Zeit jedoch schon so fortgeschritten, daß wir es mit viel Hektik gerade noch rechtzeitig zu dem mit Aeyesha ausgemachten Treffpunkt geschafft hätten. Wir waren von der langen Sucherei ziemlich erschöpft und so entschieden wir uns Aeyesha für heute abzusagen und uns für den nächsten Tag mit ihr zu verabreden. Am nächsten Vormittag trafen wir uns dann wie verabredet, verluden das Gepäck in den Kofferraum ihres Autos und folgten ihr. Welch ein Glück, daß wir am Vorabend abgesagt hatten, den von unserem Hotel waren es immerhin 25 Km bis zu ihr nach Hause.
 
Am Abend zogen wir dann gemeinsam mit Aeyesha und ihrer Mutter los. Zuerst besuchten wir einen "Holy Shrine" (Grabmal eines Heiligen in einer Moschee). Von allen "Holy Shrines", die wir bisher besucht hatten, hatten wir hier am stärksten das Gefühl, daß die Besucher aus einem inneren Bedürfnis heraus das Heiligtum besuchten, und nicht wie so oft als Touristenziel sehen. Hier in Pakistan gibt es übrigens einen netten Brauch. Die Muslims pilgern zu den heiligen Plätzen um für die Erfüllung ihrer Wünsche zu bitten. Solange bis der Wunsch in Erfüllung gegangen ist schließen sie ein kleines Schloß an die Gitterstäbe die den "Holy Shrine" umgeben. Wenn sich ihr Wunsch erfüllt hat kommen sie wieder zurück um dafür zu danken und ihr Schloß wieder mitzunehmen. Zur späterer Abendstunde sollte auf einem kleinen Platz neben der Moschee noch eine kleine Trommelperformance stattfinden. Aeyesha und ihrer Mutter war die Sache aber nicht ganz geheuer, so daß wir noch Aeyeshas Cousin zur Verstärkung holten. Gemeinsam ging es dann zu dem kleinen Platz neben der Moschee. Jeden Donnerstag Abend gibt es hier eine Sufi-Trommelveranstaltung (Die Sufis sind die Mystiker im Islam). Hauptakteur der Trommelsession ist Pappu Sain, der sein Können bereits auf mehreren Tourneen in der ganzen Welt dargestellt hat. Trotz seiner Berühmtheit sind die Donnerstagabendsessions reine Insiderveranstaltung, auf die sich neben den Einwohnern von Lahore nur selten ein Tourist verirrt. Die sicherlich 700 pakistanischen Zuschauer konnte man laut Aeyesha grob in zwei Gruppen unterteilen. Zum eine die Schickimicki Szene aus Lahore, vertreten durch die Kinder sehr reicher Eltern und einige Models. Auf der anderen Seite durch die um Lahore lebende normale Landbevölkerung, die eigentlich den Holy Shrine besuchen wollte und dann aber auch noch die Trommelsession sehen wollte. Nach und nach kamen dann auch immer mehr der langhaarigen in rote Gewänder gekleideten Sufis, die, sowohl ihrem Äußeren als auch ihrem Verhalten nach auf uns eher wie die Sadhus aus Indien wirkten. Besonders beeindruckt hat uns einer der Sufis, der über und über mit Kuhglocken und Schellen behängt war. Alleine um seine ganzen Schätze abzulegen benötigte er etwas 10 Minuten. Beginnen sollte die Veranstaltung eigentlich gegen 22:00 Uhr, doch passiert ist natürlich nichts. Um sich die Wartezeit zu vertrösten, vergnügten sich vor allem die reicheren Pakistanis und die Sufis mit reichlich Drogen. Insbesondere Joints erfreuten sich großer Beliebtheit. Obwohl wir natürlich alle Angebote dankend ablehnten waren wir sicherlich auch etwas benebelt, da der ganze Haschischrauch wie eine Dunstglocke über dem Platz lag. Fast wären wir unverrichteter Dinge wieder abgezogen, als plötzlich kurz nach Mitternacht Baaba Sait gemeinsam mit einem Gehilfen zu trommeln begann. Wie von der Tarantel gestochen stürmten darauf alle Sufis auf die in der Mitte des Platzes gelegene Tanzfläche, verscheuchten die dort sitzenden Zuschauer, und fingen wild an zu tanzen. Insbesondere durch schnelles drehen auf der Stellen und durch extremes Haareschütteln (jeder Heavy Metal Fan wäre neidisch darauf) versuchten sie sich in Trance zu tanzen. Während die Session noch bis in die frühen Morgenstunden (6 Uhr) dauern sollte, verabschiedeten wir uns bereits gegen 01:30 Uhr. Alleine hätten wir sicherlich nie von der Veranstaltung erfahren und selbst wenn hätten wir uns vermutlich nie mitten in der Nacht zu einer in das verwinkelte Viertel gewagt. Dank unserer pakistanischen Freunde hatten wir so ein wirklich einmaliges Erlebnis!
 
Berühmt ist Lahore vor allem für sein Schloß und die Badschahi Moschee. Das Schloß mit seinem imposanten Eingangsportal präsentierte sich als riesige Anlage mit vielen Gebäuden und Parks. Besonders faszinierend fanden wir neben der Weitläufigkeit des Geländes eine spezielle Treppe, die eigens dafür errichtet wurde, damit der Herrscher auf seinen Elefanten ins Schloß reiten konnte.
 
Gegenüber des Schlosses lag die berühmte Badschahi Moschee. Die 1674 n.Chr. errichtete Badschahi Moschee zählt zu den größten Moscheen der Welt und bietet bis zu 100000 Gläubigen Platz zum beten. Anders als in den Moscheen die wir bisher gesehen hatten war diese Moschee auch in den großen Gebeetssäle reichlich und sehr schön verziert.
 
Bereits bei unserem ersten Stadtbummel in Lahore stellte Nadine mit bedauern fest, daß man die wunderschönen und farbenprächtigen Kleider der pakistanischen Frauen nicht einfach so kaufen kann. Üblicherweise werden hier nämlich nur die Stoffe gekauft und diese dann zum Schneider gegeben. Für uns natürlich doppelt schwierig, da wir zum einen nicht tagelang warten können, bis der Schneider fertig ist, und zum anderen hatten wir natürlich keine Ahnung was er kosten würde ein Kleid anfertigen zu lassen. Aeyesha verfügte über einen eigenen Schneider und so ging es mit ihr dann zum Stoffshopping. Obwohl ich eigentlich kein Freund von Klamotteneinkaufsbummeln bin, war es doch sehr schön und faszinierend die vielen farbenfrohen Stoffe zu sehen. Als Europäer fiel es uns zuweilen relativ schwer einen Stoff auszuwählen, da wir Schwierigkeiten hatten uns vorzustellen, wie der Stoff als fertiges Kleid oder als Bluse aussehen würde. Gemeinsam mit Aeyesha gelang es Nadine dann aber doch ein paar ganz nette Stoffe auszuwählen.
 
Am nächsten Morgen ging es mit Aeyesha und dem Schneider dann an die Auswahl der Schnitte (Anhand von Modezeitschriften) und nachdem Nadine vermessen wurde legte der Schneider auch schon los. Am nächsten Morgen waren bereits ein wunderschönes Oberteil (Traditionelles pakistanisches Kleid, ein Zwischending zwischen Kleid und Bluse) und eine Hose fertig. Nachdem am übernächsten Tag dann auch noch ein sehr schönes Abendkleid fertig war, erhielt der Schneider einen kleinen Vorschuß. Die nächsten 2,5 Tage war daraufhin von unserem Schneider weit und breit keine Spur mehr zu sehen. Vermutlich war der Vorschuß doch etwas zu groß, denn nach Aussage von seinem Bruder war unser Schneider mit seiner Frau losgezogen. Am Spätnachmittag des dritten Tages tauchte unser Schneider gemeinsam mit seinem Bruder dann wieder auf (dafür waren aber auch einige Telefonanrufe nötig) und zusammen verwandelten sie Nadines restliche Stoffe in einen wunderschönen Rock und zwei entzückende Oberteile.
 
Und so sah das fertige Resultat dann aus! Zum radeln zwar nicht gerade das praktischte, aber zumindest bei unseren abendlichen Cocktailparties in den Nobelhotels dieser Welt, in denen wir ja immer wieder absteigen, wird Nadine sicherlich nicht mehr unbeachtet bleiben.
 
Lahore ist weit über die Grenzen Pakistans für seine Essenskultur bekannt. Insbesondere viele Pakistanis besuchen Lahore nur um in den vielen Nobel- und Straßenrestaurants zu schlemmen. So ist es dann auch nicht verwunderlich, daß es eine eigene Foodstreet gibt. Auch wir statteten der berühmten Foodstreet einen Besuch ab, um in einem Staßenrestaurant die verschiedensten pakistanischen Köstlichkeiten zu probieren. Wir fanden die pakistanische Küche sehr abwechslungsreich (auch für Vegetarier) und lecker, doch leider meist etwas zu scharf. Besonders angetan hatten es neben Dahl mit Chapatti, die leckeren Milchshakes wie Lassi, Mangomilch und Bananenmilch, die es an fast jeder Ecke gab. Die eigentliche Foodstreet lag jedoch im "Defence- Viertel", genauer gesagt bei Aeyesha und ihrer Mutter zu Hause. Nach einem reichhaltigen Frühstück wurden wir ein paar Stunden später mit einem noch reichhaltigerem Mittagessen, bestehend aus mehreren frisch zubereiteten Gemüsegerichten, verwöhnt. Auch zum Abendessen gab es stets mehrere verschiedene leckere Gemüsegerichte. Damit wir auch ja nicht verhungern gab es zwischen den Mahlzeiten immer wieder reichlich Obst. Eigentlich grenzt es fast an ein Wunder, doch irgendwie haben wir es ohne fremde Hilfe wieder geschafft auf unsere Fahrräder zu steigen
 
Eigentlich wollten wir bei Aeyesha und ihrer Mutter nur eine Nacht bleiben um dann Mohammed (der nette Pakistani, mit dem wir im Bus bis nach Quetta gefahren waren) zu besuchen. Mohammed hatte aber leider keine Zeit, da seine Nichte im Krankenhaus lag und er sich um sie kümmern wollte. So sind wir dann statt einer Nacht insgesamt eine Woche bei Aeyesha und ihrer Mutter geblieben. Schweren Herzens (und mit einem etwas dickerem Bauch) verabschiedeten wir uns letztendlich wieder. Sind ja schließlich auch keine Models auf Shoppingtour, sondern wilde Radfahrer. Diesen Satz habe ich jedoch von Shin, dem japanischen Radfahrer den wir in Syrien getroffen haben, geklaut. Er verkündete nämlich, nachdem er zuvor 3 Monate lang im Roten Meer mit schnorcheln und tauchen verbracht hatte, daß er jetzt endlich wieder weiter müsse, da er ja kein Beachresorttaucher sondern ein wilder Biker sei.
 
Bisher hatten wir mit der Exekutive (Polizei und Co.) in Pakistan nur sehr gute Erfahrungen gemacht. An der Grenze nach Indien lernten wir dann jedoch eine ganz besondere Art der Korruption kennen. Bereits im Büro in dem die Ausreisepaßformalitäten erledigt wurden, wurden wir vehement dazu gedrängt doch hier Geld zu wechseln. Um etwas mehr Druck auf uns aus zu üben behaupteten die zivil gekleideten Beamten sogar, daß am nächsten Tag in Indien das neue Bankjahr beginnen würde, und somit alle Banken geschlossen wären. Noch wilder wurde es dann bei der Zollkontrolle. Ich wurde von einem Gehilfen des Zollchefs abgefangen und in einen Nebenraum geführt. Dort erklärte er mir dann, daß ich bei seinem Chef Geld tauschen könnte. Würde ich dies machen, so würde sein Chef auf eine genaue Kontrolle unserer Ausrüstung verzichten. Natürlich lag der uns angebotene Kurs 10% unter dem offiziellen Bankkurs. Zum einen tauschen wir ja prinzipiell nur bei Banken oder offiziellen Geldwechslern, und zum anderen lief die Zeit für uns. Bereits beim Betreten der pakistanischen Grenzkontrolle wurde wir dafür gerügt, daß wir so spät kommen würden. Wir hatten gerade 15:00 Uhr und die Grenze würde in 20 Minuten schließen (um 15:30 Uhr). Nach der Kontrolle unserer Pässe war es dann mittlerweile schon 15:10 Uhr, so daß nach Auskunft des Zollbeamten die Grenze in 10 Minuten schließen würde. Außerdem lief mit dem heutigen Tag unser Visum für Pakistan aus, so daß sie keine Chance hatten uns zurückzuschicken. Natürlich wechselten wir kein Geld, und da der Zollchef Feierabend machen wollte kamen, wir auch ohne Geld zu wechseln, um die angedrohte ausgiebige Kontrolle unserer Ausrüstung herum. Mittlerweile war es bereits 15:16 Uhr und jeder Beamte an dem wir nun vorbeikamen rief uns zu, daß wir uns beeilen müssten, da die Grenze in 2-3 Minuten schließen würde. So gelang es uns also gerade noch "rechtzeitig" Pakistan zu verlassen. Was es jedoch mit dem Bild auf sich hat erzählen wir erst in unserem ersten Indienbericht.
 

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