TÜRKEI 2: 04.04 - 25.04.2004

Route: Nuseybin, Diyarbakir, Tatvan, Konya, Side, Pamukale, Konya, Nevsehir, Alanya, Ankara, Tatvan, Van, Dogubayazit

Distanz: 790 Km          Höhenmeter: 6190 m

 
Vorwort: Bei unserem 2. Türkeibesuch haben wir uns überwiegend im östlichen Bergland aufgehalten. Völlig überraschend war für uns, daß es trotz der frühen Jahreszeit bereits so warm war, so daß wildes Zelten problemlos möglich war. Folgt man unserer Route, so kommt man ohne große Mühen und Höhenmeter bis nahe an die iranische Grenze. Lediglich auf den letzten 100 Km muß man einmal einem Paß mit 2644m überqueren. Anders als bei unserem ersten Besuch empfanden wir diesmal die Türkei nicht ganz so gastfreundlich. Wir hatten fast das Gefühl, daß viele der überwiegend im Osten lebenden Kurden durch ihre jahrzehntelangen Auseinandersetzungen mit der Türkischen Regierung etwas verbittert und frustriert sind. Landschaftlich ist der Osten der Türkei mit seiner wilden Bergwelt jedenfalls einen Besuch Wert.
 
In der Türkei ging es dann wieder in die Berge. Da sich auch das Wetter ebenso wie der Zustand der Straßen zunehmend verschlechterte wurden die Etappen immer anstrengender. Die Temperaturen sanken und der Wind blies immer stärker. Obwohl wir etwa 18 Km vor Diyarbakir unser Zelt unter einer Brücke aufbauten waren unsere Schlafsäcke am nächsten Morgen von einer ganzen Sandschicht, die der Wind durch das Moskitonetz des Innenzeltes gedrückt hatte, bedeckt. Gleichzeitig fielen die Temperaturen tagsüber bis knapp über den Gefrierpunkt. Der Wind blies uns mit voller Wucht entgegen (Laut Wetterbericht mit Geschwindigkeiten um die 60 Km/h). Die Landschaft war hügelig und nachdem wir nach zweistündiger mühevoller Radlerei erst 14 Km zurückgelegt hatten, waren wir heilfroh, als uns ein LKW die letzten paar Kilometer mit in die Stadt nahm. Wir waren vollkommen durchgefroren und entschieden uns daher ein Hotelzimmer zu nehmen. Genauso wie wir wurden jedoch auch die Hotelbesitzer von dem Kaltwettereinbruch überrascht, so daß sie ein kleines Heizungsproblem hatten. In unserem Hotelzimmer hatten wir (trotzt ständig geschlossenem Fenster) nur 11°C!!! Erst am Nachmittag des nächsten Tages ließ der Wind dann nach, und von Tag zu Tag wurde es wieder wärmer.
 
Kurz vor und kurz nach Bitlis war dann wieder einmal großer Radlertreff. Zuerst trafen wir Philip und Beatrice (von Nepal über den Krakorum Highway in Pakistan und die zentralasiatischen ehemaligen russischen Republiken und den Iran  in 9 Monaten bis in die Osttürkei geradelt) zusammen mit einem Freund (vor einer Woche bei -18°C in Erzurum gestartet!!!), die nun auf dem Heimweg in die Schweiz waren. Sie hatten die kalten und hohen Berge der Türkei und des Iran bereits hinter sich. Sie schwärmten uns so vom Karakorum Highway (Übergang von China nach Pakistan mit einigen der höchsten Pässen der Welt) vor, daß wir nun am überlegen sind unsere Route etwas umzulegen. Am nächsten Tag trafen wir dann Garry und Corinna. Die beiden waren vor 2,5 Jahren in Neuseeland gestartet, und sind über Australien und Asien hierher geradelt. Völlig frustriert waren wir, als wir ihren wenigen und dazu noch halb leeren Fahrradtaschen sahen. Obwohl sie auch ein Zelt dabei hatten schien es uns, daß sie nur knapp die Hälfte von unserer Ausrüstung mitschleppten. Zur Krönung steckte in einer der halbvollen Taschen noch eine große Packung Cornflakes. Völlig fasziniert von ihrem wenigem Gepäck sind wir nun auch auf der Suche nach Möglichkeiten Gewicht einzusparen.
 
Nach 4 Tagen und 3370 Höhenmetern erreichten wir am Donnerstag gegen 10:00 Uhr dann Tatvan am Vansee. Meine Eltern hatten sich für Samstag zu Besuch angekündigt und da ihr Flug nach Antalya ging wollten wir ihnen mit dem Zug etwas entgegenfahren. Der Bahnhofsvorsteher erklärte uns, daß der Zug nach Ankara heute um 7:20 Uhr fahren würde. Als wir nochmal nachfragten erfuhren wir, daß der Zug jedoch bereits gegen 7:20 Uhr abgefahren war. Kein Problem meinten wir, dann nehmen wir halt den Zug morgen Früh. Auch hier hatte der Bahnhofsvorsteher eine unerfreuliche Nachricht für uns. Der nächste Zug sollte nämlich erst wieder am Dienstag fahren! Nun war guter Rat teuer. Mit Hilfe des Bahnhofsvorstehers fanden wir heraus, daß am nächsten Morgen um 11:30 Uhr ein Zug von Diyarbakir aus nach Ankara fahren würde. Zuerst erkundigten wir uns nach dem Preis einer Busfahrt, doch da sie von uns einen völlig überteuerten Preis verlangten entschieden wir uns, die 250 Km mit Lkws zu trampen. Wir radelten also wieder aus Tatvan raus und bereits nach wenigen Minuten hielt der erste Lkw. Der Fahrer chauffierte uns, vom 1700m hoch gelegenen Tatvan, 80 Km lang bis kurz nach Baykan (knapp 1000m tiefer gelegen). Mit einem VW-Bus und anschließend noch mit einem Kleinlaster legten wir dann die nächsten 60 Km bis kurz vor Silvan zurück. Dort hielt zuerst ein Lkw-Fahrer der für eine Mitnahme Geld von uns wollte und dem dann das angebotene Geld auch noch zu wenig war. Ein paar Minuten später hielt dann ein Lkw-Fahrer an, der uns die letzten 110 Km bis nach Diyarbakir mitnehmen wollte. Schnell waren die Räder verladen und wir saßen im Führerhaus. Obwohl der Fahrer leider nur türkisch sprach erfuhren wir, daß er noch bis Izmir, an der Westküste, fahren musste. Es dauerte zwar eine Weile bis wir uns fragen trauten, aber letztendlich bot er uns dann an, uns bis Konay mitzunehmen (knapp 1000 Km von hier entfernt und 350 Km vor Antalya). Natürlich nahmen wir das Angebot gerne an. Während Ahmet die Nacht im Führerhaus schlief durften wir unsere Isomatten auf der nahezu leeren Ladefläche ausbreiten. Kaum zu glauben aber Ahmet hatte nur etwa 30 Autobatterien und ein paar leere Paletten geladen und fuhr so einmal quer durch die Türkei (knapp 2000 Km). Leider bekam er am nächsten Vormittag noch einen Folgeauftrag, so daß er uns bereits 100 Km vor Konya absetzten mußte. Die letzten Km trampten wir dann mit einem leeren Autotransporter und erreichten so am Freitagabend Konya. Bis Manavgat (hier waren wir bereits im letzten Herbst) wollten wir dann doch mit dem Bus fahren. Wir verließen um 22:00 Uhr Konya und sollten gegen 4:00 Uhr im 270 Km entfernt liegenden Manavgat ankommen. Obwohl es Nacht war wunderten wir uns, daß uns die Strecke überhaupt nicht bekannt vorkam (wir waren sie ja bereits einmal geradelt). Gegen 3:00 Uhr stellten wir dann fest, daß der Bus nicht den direkten Weg nahm, sondern über Isparta fuhr. Nachdem so aus den 270 Km knappe 470 Km wurden erreichten wir Manavgat erst gegen 6:00 Uhr. Völlig müde und erschöpft von der langen Fahrerei (42 Std. und etwa 1500 Km) bauten wir am Strand unser Zelt auf und schliefen erst einmal eine Runde. Den Rest des Tages nutzten wir, um unsere Ausrüstung wieder einmal zu sortieren, doch obwohl wir einiges nach hause schicken werden haben wir keine Chance, das Gewicht der Neuseeländer zu erreichen!!!
 
Am Sonntag Mittag kamen meine Eltern dann in Side an. Eigentlich hatten sie als Mietwagen einen Fiat Doblo (fast ein Kleintransporter) gebucht doch stattdessen eine Mischung aus einem VW Golf und einem Kombi bekommen. Zuerst dachten wir, daß wir keine Chance hätten unsere Fahrräder und das ganze Gepäck in das Auto zu bekommen. Während wir gerade dabei waren unsere Fahrräder etwas zu zerlegen war anscheinend gerade der Osterhase in der Gegend. Zum Glück hatte er aber die Ostereier nicht ganz so gut versteckt, so daß wir sie finden konnten, bevor die ganze Schokoladenpracht in der Sonne dahinschmolz. Eigentlich grenzte es fast an ein Wunder, aber nach etwa 1 Stunde hatten wir alles im Auto verstaut. Am Nachmittag stärkten wir uns erst einmal mit einer Pizza bei Giuseppe (unser Lieblingsitaliener vom letzten Dezember, der sich riesig über unseren Besuch freute), bevor wir die nähere Umgebung erkundeten (Wasserfälle von Manavgat, Ruinen von Side). Die erste Nacht verbrachten wir zeltend am wilden Strand von Side. Da mein Vater leider keinem Platz für eine Isomatte in seinem Koffer hatte konnten wir ihm zum Glück mit dem Schafpelzmantel aushelfen.
 
Am nächsten Morgen nach einem ausgiebigem Frühstück am Strand starteten wir dann nach Pamukkale. In Pamukkale gibt es mehrere Quellen, in denen warmes, stark mit Mineralien angereichertes Wasser aus der Erde kommt. Schon vor 2000 Jahren nutzen dies die Ärzte und errichteten dort eine berühmte Heil und Kurstadt (Heraklion). Neben dem Theater und einigen Ruinen der Heilanlagen sind dort aber überwiegend nur noch die Gräber derjenigen zu besichtigen, für die alle Hilfe zu spät kam. Berühmt ist Pamukkale jedoch für seine Sinterterrassen. Das stark kalkhaltige Wasser fließt hier über einen mehrere hundert Meter breiten Abgrund in die Tiefe. Im laufe der Jahrhunderte haben sich hier so wunderschöne, schneeweiße Sinterterrassen gebildet. Im Zuge des Tourismusboomes Anfang der 80er Jahre in der Türkei wurden ärgerlicherweise viele Hotels direkt oberhalb der Terrassen erbaut und binnen weniger Jahre verschmutzten die Terrassen so stark, daß alle Hotels wieder abgerissen mußten und nun unterhalb der Terrassen wieder aufgebaut wurden. Nun versucht man, einem ausgetüftelten Bewässerungsplan folgend, die Terrassen sich selbst wieder reinigen und mit neuem Sinter überziehen zu lassen.
 
Mit einem Zwischenstopp in Konya incl. kleinen Moscheebesichtigung ging es nun weiter nach Kapadokien. In Kapadokien bestehen die Felsen überwiegend aus Tuffstein, so daß die Witterung bizarre Formen in der Landschaft entstehen lies. Doch auch die Menschen nutzten das weiche Gestein. Um sich vor Feinden zu schützen errichteten sie keine riesigen Festungsanlagen, sondern gruben sich unterirdische Städte. Die erste unterirdische Stadt entdeckten wir eher durch Zufall. Vermutlich wird sie erst in einiger Zeit eröffnet, da wir weit und breit die einzigen Touristen waren und einige Bauarbeiter sogar noch dabei waren, die Außenanlagen fertigzustellen. Die Städte waren in mehreren Etagen (bis zu 8 Etagen) in die Erde gegraben worden. In Friedenszeiten lebten die Bewohner in ihren oberirdischen Häusern. Wurden sie jedoch angegriffen flüchteten sie einfach in ihre uneinnehmbaren unterirdischen Wohnungen. Bis zu einem halben Jahr verbrachten sie so unter der Erde. Alles andere als ein Vergnügen, aber so konnten sie wenigstens überleben.
 
Die zweite unterirdische Stadt die wir besuchten war zwar im Reiseführer ausgeschrieben, doch lag sie etwas abseits der Hauptouristenroute. So war dann bei unserer Ankunft die Anlage auch geschlossen. Wir trafen einen jungen Mann, der anbot uns dennoch durch die unterirdische Stadt zu führen. Entweder war die Beleuchtung defekt, der unser Führer wußte nicht, wie man das Licht anschaltet. So gingen wir bewaffnet mit 4 Taschenlampen auf Entdeckungstour. Diese Stadt war sogar noch imposanter als die vorherige. Als Tore dienten riesige Steinscheiben, die man mit Hilfe von Tieren (Esel oder Kühe) vor die Eingänge rollen konnte. Die verschiedenen Ebenen der Stadt waren über Schächte verbunden. Als Leiter hatte man einfach kleine Trittstufen rechts uns links in den Fels geschlagen. Sehr zur Freude meiner Eltern und unseres Führers wollten wir natürlich auch einige andere Ebenen sehen. Besonders abenteuerlich war ein etwa 9m hoher Schacht. Die ersten 2 Meter mußte man erst eine normale Leiter hochkrabbeln um dann von dieser in die "Steinleiter" im Schacht einzusteigen. Obwohl es durch den Tuffstein überall sehr staubig war, war die Luft in der unterirdischen Stadt sehr frisch. Da die Bewohner im Angriffsfall mit ihrem gesamten Vieh unter der Erde verschwanden hatten sie vermutlich auch ein eigenes Belüftungssystem. Leider sprach unser Führer außer türkisch nur noch ein paar Brocken französisch, so daß er uns nicht alles was es zu sehen gab erklären konnte. Nach knapp einer Stunde krabbelten wir wieder an die Oberfläche und verabschiedeten uns bei einer Tasse Tee.
 
Es wurde bereits wieder Abend und beim Auffüllen unserer Wasservorräte entdeckten wir ein Hinweisschild auf einige Kirchen. Wir folgten der Straße und kamen nach einigen Kilometern zu einer in einem Canyon gelegenen alten Byzantinerstadt. Ebenso wie die Eigentümer der unterirdischen Städte hatten auch sie ihre Wohnungen in den Fels gegraben. Durch die Lage in dem Canyon hatten sie aber Fenster und Balkone. Ebenso wie ihre Wohnungen hatten die Byzantiner auch ihre Kirchen in den Fels geschlagen.
 
Da die gesamte Anlage nicht geöffnet war (das Kassenhäuschen und einige Eingänge waren geschlossen) konnten wir nur einen mit Fresken verzierte Kirche besichtigen. Nachdem eine französische Wandergruppe, die ebenfalls das Tal besichtigte gegangen war, entschieden wir uns in einer oberhalb des Canyons gelegenen Höhle zu übernachten. Nach dem Abendessen spielten wir noch bei romantischem Kerzenlicht eine Runde Siedler bevor wir unsere Zelte aufschlugen und uns in die Schlafsäcke verkrümelten.
 
Weltberühmt ist Kapadokien für seine bizarren Tuffsteinfelsen. Zwischen Göreme und Zelve wurden die Felsen so stark von der Witterung ausgewaschen, daß sie einzelnen Felstürme bilden. Teilweise bestehen die Felstürme aus verschiedenen Gesteinsschichten, so daß es aussieht, als hätten die Felsen Hüte auf. In einen der Felstürme gab es sogar eine Kirche. Der Einstieg war im Erdgeschoß. Über eine Steintreppe wie in den unterirdischen Städten, ging es erst auf einen kleinen Balkon und von da aus in einen gemütlichen kleinen Raum im 2. Stock. Die faszinierende Landschaft muß man unbedingt mit eigenen Augen sehen, da sich die außergewöhnlichen Felsskulpturen unmöglich mit Worten beschreiben lassen. Uns hat Kapadokien auf alle Fälle stärker beeindruckt als die Pyramiden in Ägypten oder Petra in Jordanien.
 
Den Abschluß unserer Kapadokienrundreise bildete der Besuch des canyonartigen Tales von Ihlare. Nach einem Abstieg von über 600 Treppenstufen erreichten wir den Grund des 16 Km langen Tales. Zu beiden Seiten des nur knapp 100m breiten Tales ragten steil die Felswände nach oben während in der Mitte fröhlich ein Bach plätscherte. Auch hier wurden viele Kirchen in die steilen Felswände geschlagen. Nachdem wir bereits 2 Kirchen besichtigt hatten wollten wir uns noch eine etwa 1 Km entfernt liegende Kirche ansehen. Der Bach führte etwas mehr Wasser als üblich, so daß Teile des Hauptweges verschüttet waren. So durften wir einem wunderschönen Trampelpfad folgend über Felsen krabbeln bis wir endlich die Kirche erreichten. Im Gegensatz zu den anderen Kirchen was diese jedoch aus schwarzem Vulkangestein gemauert und nahezu verfallen. Nun verfinsterte sich der Himmel und es fing bereits an mit großen schweren Tropfen zu regnen, so daß wir fluchtartig Richtung Auto eilten. Wir hatten jedoch Glück und blieben von dem Gewitter verschont.
 
Obwohl wir statt mit dem Fahrrad mit dem Auto unterwegs waren wollten wir meinen Eltern doch ein kleinwenig das Gefühl geben wie es ist, wenn wir mit dem Rad unterwegs sind. So übernachteten wir bis auf 2 Ausnahmen im Zelt und besorgten uns eine Picknickdecke um an den schönsten Plätzen zu Frühstücken und zu Abend zu essen. Highlight war sicherlich unser letztes Picknick, bei dem wir dann gemeinsam in einer Schaukel saßen.
 
Da meine Eltern eigentlich eine Rundreise gebucht hatten mussten sie den Mietwaren in einem Hotel bei Alanya abgeben. Der Transfer zum Flughafen sollte dann am nächsten Morgen um 03:00 Uhr stattfinden. Nachdem wir unser Gepäck wieder auf die Fahrräder verladen hatten luden sie uns zum Abschlußessen an das Buffet des Fünfsternehotels ein. Leider kamen wir etwas zu spät so daß wir uns mit dem Essen etwas beeilen mußten. Wir waren gerade bei der ersten Runde Nachtisch, als das Buffet auch schon wieder abgeräumt wurde.
 
Nachdem wir uns dann von meinen Eltern verabschiedet hatten schlugen wir unser Zelt etwa 100m neben dem Hotel in einer Art Straßenunterführung auf.
 
Mit dem Bus ging es nun wieder nach Ankara um von dort aus mit dem Zug zurück nach Tatvan am Vansee zu fahren. Den Aufenthaltstag in Ankara nutzten wir um ein Visum für Pakistan zu beantragen. Obwohl wir wieder ein Empfehlungsschreiben der deutschen Botschaft benötigten, gelang es uns das Visum noch am gleichen Tag zu bekommen. Der Zug nach Tatvan sollte am nächsten Morgen um 06:50 Uhr abfahren, und so verbrachten wir die Nacht am Bahnhof. Um 01:30 Uhr, nachdem der letzte Zug gefahren war, wurden alle Lichter gelöscht und wir waren alleine. Nun ja, wir dachten wir wären alleine. Als Nadine um 04:00 Uhr morgens auf die Toilette ging schreckte nämlich der Toilettenwärter aus seinem Schlaf, nur um die Benutzungsgebühr zu verlangen und dann wieder einzuschlafen. Welch ein Diensteifer!
 
Um 6:00 Uhr fuhr dann der Zug ein. Nachdem unsere Räder verladen waren suchten wir uns einen Sitzplatz in einem Abteil und fanden eines, in dem bereits zwei Männer saßen. Während der erste bereits nach 4 Stunden wieder ausstieg, wollte der Zweite (Tekin) bis kurz vor Tatvan fahren. Tekin ist Sänger in einem Restaurant in Istanbul und war sehr um unser Wohl besorgt. Nahezu immer wenn der Zug etwas länger anhielt rannte er aus dem Zug, um irgendetwas zum Essen für uns zu besorgen. Auch wir hatten eigentlich für die Zugfahrt vorgesorgt, doch wir wurden ständig nahezu genötigt, die Leckereien von Tekin zu essen. Am ersten Tag gelang es uns gerade mal ein Paar Orangen unter die Leute zu bringen (hin und wieder waren auch ein paar andere Passagiere in unserem Abteil). Da in der Türkei anscheinend offiziell immer noch Winter war, lief die Heizung ständig auf vollen Touren. Laut Thermometer, die es in jedem Abteil gab, hatten wir ungefähr 29°C im Abteil. Tagsüber fuhren wir so entweder mit geöffnetem Fenster oder zumindest mit geöffneter Türe (je nach Mitfahrern). So war es dann in der Nacht selbst im T-Shirt unerträglich heiß und an einen erholsamen Schlaf kaum zu denken. Am nächsten Nachmittag erreichten wir mit einer Verspätung von 2 Stunden nach insgesamt 32 Stunden Tatvan. Tekin war um unser Wohlergehen so besorgt, daß er statt in Mus auszusteigen noch ein Ticket bis Tatvan löste, um uns weiter zu umsorgen.
 
Per Telefon hatte Tekin bereits seine Verwandtschaft verständigt, die uns mit einem Lieferwagen bereits am Bahnhof erwartete. Ehe wir uns versahen oder gar um Zustimmung gefragt wurden, waren wir und unsere Räder bereits verladen. So wurden wir ohne Umwege direkt zum Haus von Tekin´s Schwester gefahren. Die wirklich sehr nette Familie nahm uns herzlich bei sich auf. Nachdem wir uns gemeinsam bei mehreren Tassen Cay von der langen und anstrengenden Zugfahrt entspannt hatten (Tekin hatte die Erholung aber wesentlich nötiger als wir), ging es erst einmal unter die Dusche (Dusche mit Schöpfkelle). Da die Familie eine Waschmaschine hatte ließen wir uns nicht zweimal bitten und nutzten die Gelegenheit um unsere Klamotten mal wieder so richtig porentief rein zu waschen. Zum krönenden Abschluß gab es dann noch ein umfangreiches und leckeres Abendessen, das wie immer auf dem Boden eingenommen wurde, bevor wir in unsere Betten krabbelten, um uns einmal richtig auszuschlafen.
 
Nach einer erholsamen Nacht und einem super Frühstück am nächsten Morgen gelang es uns nach zähen Verhandlungen uns zu verabschieden. Wir wollten mit dem Schiff über den Vansee nach Van fahren, und so bestand Tekin darauf, uns bis zum Hafen zu begleiten. Da wir gemeinsam mit ihm gelaufen sind, waren wir aber etwas zu langsam. Wir waren gerade mal 200m vom Hafen entfernt, als das Schiff auslief. Die 3-stündige Wartezeit auf das nächste Fährschiff vertrieben wir uns zusammen mit Tekin in einem Internetcafe, wobei wir jedoch nicht bezahlen durften. In seiner Fürsorge lud uns Tekin sogar noch auf einen Tee ein und kaufte Kekse, etwas zu trinken und Bananen für uns. Die Fähren gehörten der Türkischen Eisenbahngesellschaft, und so war es nicht weiter verwunderlich, daß auf das Schiff statt Lkws Eisenbahnwaggons verladen wurden. Wir spannten unsere Fahrräder einfach an einen der Güterwaggons. Nun eröffnete uns Tekin, daß er uns bis Van begleiten wolle und von dort mit dem Bus wieder nach Tatvan fahren wolle. Es kostete unsere ganze Überredungskraft ihm zu erklären, daß wir auch gut alleine zurechtkommen würden. Schweren Herzens verabschiedete er sich dann von uns. Das Fährschiff benötigte knapp 5 Stunden um den riesigen Vansee zu überqueren, so daß wir Van gegen 21:30 Uhr erreichten. Zum Glück lag der Hafen etwas außerhalb der Großstadt, so daß wir relativ schnell einen Zeltplatz fanden.
 
Wir hatten gerade die ersten 40 Km am nächsten Morgen zurückgelegt, als zu dem starkem Gegenwind auch noch Regen hinzukam. Also steuerten wir den nächsten Rastplatz an und wärmten uns bei ein paar Gläsern Cay (Türkischer Tee) wieder auf. Wir waren gerade dabei wieder aufzubrechen, als drei Lkw Fahrer in das Restaurant kamen. Sie hatten sofort einen riesigen Spaß mit uns und baten uns, gemeinsam mit ihnen noch einen Tee zu trinken, während sie aßen (Essen hatten wir abgelehnt). Bevor wir auch nur ein Wort sagen konnten hatten sie beschlossen, uns ein Stück mitzunehmen. Sie würden zwar nicht direkt in unsere Richtung fahren sondern nach Agri, aber sie meinten, daß die von uns gewählte Route nach Dogubayazit extrem hügelig wäre. Von Agri wären es zwar nur etwa 20 Km weniger, aber die Strecke wäre flach und gut zu radeln. Da wir uns noch mit Christa und Stefan (Christa ist die Schwester von Peter, der zusammen mit seiner Frau Gerda  unser erster Gastgeber war (in Linz a.d.D in Österreich)) treffen wollten, die seit knapp einem Jahr auf dem Weg von Australien nach Österreich sind, willigten wir ein. So landeten wir im Lkw beim lustigsten der drei Fahrer. Nach etwa 4 Stunden erreichten wir Agri. Unser Fahrer hatte irgendwelches Getreide geladen, daß nun bei verschiedenen Händlern abgeladen wurde. Da unser Fahrer meinte er würde von Agri direkt weiter nach Dogubayazit fahren, entschieden wir uns, noch ein Weile mitzufahren. Als wir aber auf gleicher Strecke zurückfuhren wurde ich schon etwas mißtrauisch, doch unser Fahrer meinte, daß der direkte Weg etwas zu schwierig für ihn sein würde, weshalb er anders fahren würden (quasi über die Route, von der er uns vorher abgeraten hatte). Also fuhren wir nahezu die gesamte Strecke wieder zurück. An dem Abzweig bog er dann auch Richtung Dogubayazit ab, hielt jedoch 2 Km später an einem Rastplatz wieder an und erklärte uns, daß er nun eine Weile schlafen müsse. Freundlicherweise bot er uns sogar beide Schlafkojen in dem Lkw an, und obwohl wir uns gemeinsam in eine legten entschied er sich auf dem Beifahrersitz zu schlafen. Alle unsere Proteste halfen nichts. Nach kaum 5 Minuten läutete sein Telefon, worauf er nach einem kurzen Gespräch ohne Kommentar wieder weiterfuhr. Nun kam mir die Sache noch komischer vor, und ich setzte mich wieder auf den Beifahrersitz (unter schweren Protesten unseres Fahrers). Die Straße auf der wir waren war eigentlich eine gut ausgebaute Transitstrecke. Trotzdem bog unser Fahrer auf einmal von der Hauptstraße ab und es ging über kleine Nebensträßchen weiter. Kurz darauf ging es dann auf einmal wieder auf die Hauptstraße. Obwohl es bereits kurz vor Mitternacht war, kam mir die Strecke irgendwie bekannt vor, und ich fragte unseren Fahrer ob wir denn nicht wieder auf dem Weg nach Van seien. Nun beteuerte er auf einmal, daß er eine andere Route fahren müsse. Da ich ihm nicht glaubte hielt er an einer  Straßenmeisterei an und meinte dies wäre eine Polizeistation, und die würden mir bestätigen, daß er eine andere Route fahren würde. Nachdem in der Straßenmeisterei natürlich kein Polizist zu finden war, und der Hausmeister der Straßenmeisterei, ein netter älterer Mann, auch nur ungläubig dreinblickte, entschieden wir uns auf eine weitere Mitfahrgelegenheit zu verzichten. So waren wir also nach knapp 12 Stunden, von unserem Ausgangspunkt nur 20 Km entfernt, wieder am Vansee gelandet!!! Zum Glück hatte der Hausmeister der Straßenmeisterei aber erbarmen mit uns und lies uns in der beheizten Fahrzeughalle schlafen.
 
Vom Vansee ging es dann noch weiter in die Berge. Laut Karte sollten wir einen Pass in 1900m Höhe vor uns haben. Wir hatten die Stelle, an der der Pass hätte kommen sollen längst passiert, doch die Straße schlängelte sich immer weiter in die Berge. Nachdem wir ein Schweitzer Ehepaar trafen, die mit ihrem geländegängigen Wohnmobil ebenfalls mehrere Jahre durch die Welt bummeln wollen, machten wir bei herrlichem Sonnenschein eine kleine Rast. Wir kochten uns ein Süppchen und wollten gerade zu essen anfangen, als der Himmel plötzlich zuzog und es richtig kräftig zu hageln anfing. Also schlangen wir unsere Suppe runter, packten dabei unser Kochgeschirr wieder zusammen und machten uns wieder auf den Weg.
 
Bereits bei unserem letzten Türkeibesuch hatten wir ja schon etwas Probleme mit der Genauigkeit unserer Karte. Damals war kein Pass angekündigt und plötzlich standen wir auf 1800m. Diesmal war zwar ein Pass angekündigt, doch der eigentliche Pass kam 40 Km später mit einer Höhe von 2644m! Wir hatten Glück und das Schneetreiben das bereits einige Radler (die Schweizer und die Neuseeländer, die wir 2 Wochen vorher getroffen hatten) an diesem Pass zur Aufgabe gezwungen hatte, kam bei uns einige Kilometer vorher, so daß es lediglich etwas kalt war.
 
Nach einer schönen langen Abfahrt setzte dann wieder etwas Regen ein und da gleichzeitig die Sonne schien, hatten wir das große Glück, gleich mehrere sehr schöne Regenbogen zu sehen. Leider war der Himmel hinter dem Regenbogen zu stark bewölkt, denn sonst hätte man hinter der Bergkette den Berg Ararat gesehen. Ist irgendwie schon witzig, daß wir den ersten Regenbogen (und dann auch noch 3 Stück gleichzeitig) quasi direkt am Fuße des Berges Ararat sehen. Dem Berg, auf dem Noah am Ende der Sintflut gelandet ist, nachdem er zuvor einen Regenbogen gesehen hat...
 
Als hätten wir mit der türlischen Bergwelt nicht schon genügend zu tun gehabt, hatten wir zwischen dem Vansee und Dogubayazit auch noch ein echtes Hundeproblem. Bisher waren wir nur sehr vereinzelt von Hunden angegriffen worden. An diesem Tag kamen wir aber ungefähr auf 20 einzelne Attacken. Egal ob von einzelnstehenden Häusern, aus Ortschaften oder von Schafherden. Sobald wir von irgendeinem Hund gesichtet wurden startete er sofort seinen Angriff. Zuweilen kamen bis zu 10 Hunde gleichzeitig. Das wäre alles relativ undramatisch gewesen, wenn es sich von Hunden in der Größenordnung von Dackeln gehandelt hätte. Die Hunde hier ähnelten aber eher Wölfen als Hunden. Sie hatten ungefähr die Größe von einem Berner Sennehund und mausgraues zotteliges Fell. Einige der Hunde, die von den hiesigen Schäfern zum Schutz ihrer Schafherden gegen Wölfe eingesetzt werden, hatten sogar Halsbänder mit etwa 10 cm langen Stacheln (damit sie von den Wölfen nicht in den Hals gebissen werden können!). Die einzige wirklich sichere Methode dem Angriff zu begegnen war sofort stehen zu bleiben, sich ein paar Steine zu schnappen und die Hunde damit zu bewerfen. Anfang nahmen wir dafür relativ große Steine, die sich weit werfen ließen. Mit zunehmender Erfahrung wechselten wir dann auf kleinere Steine (Murmelgröße). Dafür nahmen wir aber auch immer gleich eine ganze Hand voll und erhöhten so unsere Trefferquote ganz erheblich. Für die Aktion war aber auch etwas Nervenstärke gefragt, da einige Hunde, nachdem sich zuvor etwa 200m auf uns zugerast kamen, trotz Steinebewurf erst 2m vor uns anhielten und zurückwichen. Enttäuscht waren wir aber von den Hundebesitzern. Bis auf ein paar Kinder und zwei Opas, die uns in einem Ort zur Hilfe kamen und ebenfalls die Hunde mit Steinwürfen verscheuchten, störte es die Erwachsenen relativ wenig, wenn wir von ihren Hunden angegriffen wurden. Sorry, aber wir hatten leider andere Sorgen, so daß es leider kein Bild von den "Hunden" gibt. 
 
Bevor wir über die Grenze in den Iran weiterfuhren passierten wir noch den Berg Ararat der mit seinen ueber 5000m das Ganze Tal (1500m) überragt. Leider hatten wir wieder kein Glück mit dem Wetter (wie anscheinend üblich), denn der Gipfel des Riesen blieb ständig von Wolken umhüllt ist.
 

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