ARGENTINIEN: 05.04. -  17.06.2007

Route: Bariloche, San Martin, Alumine, Zarate, General Ancha, Saladillo, Buenos Aires, Tigre, Rosario, Colon

Kilometer: 2869 Km     Höhenmeter total: 12675 m

 
Vorwort: Bei Argentinien fallen vermutlich jedem vermutlich sofort Schlagworte wie "Pampa" und "Tango" ein, und beide beschreiben die beiden Extreme dieses riesigen Landes. Auf der einen Seite die endlose Pampa, tausende von Kilometern Weide- und Ackerland, das für uns Reiseradler trostloser kaum sein kann. Die Pampa ist vermutlich die langweiligste Stecke auf unserer gesamten Reise gewesen und die wenigen Städte wirken wie einsame Inseln im endlosen Meer aus Feldern und Weiden. Ganz anders dagegen die Argentinischen Anden die vor allem im Lake Distrikt wunderschön und sehenswert, allerdings auch touristisch etwas überlaufen, sind. Das andere Extrem ist der Tango, das Synonym für die Hauptstadt des Landes, Buenos Aires. Wer gedacht hat, daß New York die Stadt ist die niemals schläft der war vermutlich noch nie in Buenos Aires, denn hier bekommt man sogar um 3:00 Uhr oder 5:00 Uhr morgens keine Sitzplatz in den öffentlichen Bussen weil diese voll gefüllt sind. Wie man so schön sagt kommen die Peruaner von den Inkas, die Mexikaner von den Mayas und die Argentiniern von den Schiffen, und so ist es kaum verwunderlich, daß die meisten Argentinier europäischer Abstammung sind. Auch wenn Argentinien selbst im seiner kurzen Geschichte seinen Anteil an Revolutionen und Militärputschs hatte, so zählt die Republik Argentinien zu einer der ältesten Demokratien der Welt, und durch ihre offene, freundliche und höfliche Art sind uns die Argentinier sehr ans Herz gewachsen. Etwas schwieriger war dann die Sache mit dem Verkehr und der Zeltplatzsuche. Prinzipiell gibt es in Argentinien nicht allzu viele Straßen, die dementsprechend teils sehr stark befahren sind. Vor allem viele LKW-Fahrer rasen wie verrückt und so haben wir eine kleine Fahne an Martins Gepäckträger befestigt, die etwa einen halben Meter in die Fahrbahn steht, so daß uns die Lkw Fahrer zum einen besser sehen können, und zum anderen einen größeren Bogen um uns machen müssen. Viele haben die Botschaft verstanden und fahren sehr rücksichtsvoll, doch viele andere fangen schon kilometerweit hinter uns an zu hupen und wenn wir nicht in allerletzter Sekunde schnell noch die Fahrbahn verlassen würden, würden sie uns einfach totfahren! Mehrmals sind wir nur mit knapp einem derartigem Schicksal entgangen und einmal wurde Martin sogar von einem Polizeibus angefahren. Auch wenn riesige Teile des Landes nahezu kaum besiedelt sind ist es uns trotzdem meist sehr schwer gefallen einen Zeltplatz zu finden, da alles Land eingezäunt ist (Seen, Wälder, Äcker, Viehweiden, ...). So befinden wir uns öfter als uns lieb ist in unmittelbarer Nähe von stark befahrenen Straßen wieder, wo die Lkws dann quasi fast durch unser Zelt donnern. Rückblickend ist Argentinien jedoch ein sehr schönes Reise- und auch Radreiseland, und insbesondere die Berge Patagoniens sind absolut einen Besuch wert. Einen großen Bogen sollte man jedoch um die Pampa und die stark befahrenen Fernstraßen machen, es sei denn man ist Masochist. Wer sich übrigens mehr für die turbulente Geschichte Argentiniens interessiert dem möchten wir das Buch "A short history of the Argentinans" von Felix Luna ans Herz legen.
 
201. Wochenbericht 04.04. - 08.04.2007

Route: Villa Angostura, Bariloche
 
Wieder in Argentinien: Als wir bei der Ausreise aus Chile den Zollbeamten darauf aufmerksam machen, daß in meiner Einreisekarte noch unsere Packrafts eingetragen sind und er den Zollvorgang bitte aus dem System löschen möge, da wir das Land samt Booten nun verlassen, schaut er uns mit ganz großen Augen an und versteht nur Bahnhof. Nur erkläre ich ihm, daß wir für die Boote in Punta Arenas keine Einfuhrsteuer zahlen mußten und stattdessen eine "Temporäre Nutzungsgenehmigung" hätten. Der Vorgang wäre unter der auf der Einreisekarte angegebenen Bearbeitungsnummer im Computersystem des Zolls. Er bräuchte also nur die Nummer aufzurufen um den Vorgang abzuschließen. Unser Zollbeamter versteht immer noch Bahnhof und fragt erst einmal seinen Kollegen, der genauso ratlos ist. Daß wir Boote mit ausführen wo wir doch mit Fahrrädern unterwegs sind ist ihm ebenfalls etwas schleierhaft, doch als ich ihm die Photos von den Booten und den Packsack in dem sie stecken zeige haben wir zumindest diese Hürde genommen. Nun geht er erst einmal zur internationalen Polizei, doch die haben mit der Sache natürlich nichts zu tun. Nun werde ich gefragt ob ich denn nicht ein großes Zollformular hätte, doch das habe ich natürlich nicht. Immer noch etwas mit der Situation überfordert meint er einfach nur, daß wir weiter fahren könnten. Ich traue der Sache nicht und bitte ihn daher mit Stempel und Unterschrift auf meiner Einreisekarte zu quittieren, daß ich die Boote mitgenommen habe. Erst überlegt unsere Zollbeamte eine Weile, doch dann gibt er uns unwillig doch den gewünschten Stempel samt Unterschrift. Nun quälen wir uns wieder über den 1300m hohen Pass der zwischen den beiden Grenzposten liegt, was wir diesmal schneller als das letzte mal schaffen. In Argentinien werden wir absolut herzlich begrüßt. Der Eingangscheckposten reicht uns die vorausgefüllte Grenzpostenkarte (auf der dann die einzelnen Stationen wie Immigration, Zoll, und Lebensmittel Check abgezeichnet werden) locker beim vorbeiradeln zu (Sein chilenischer Kollege hat und mürrisch gefragt ob wir zu Fuß unterwegs wären). Unsere Einreiseformalitäten dürfen wir am Ausreiseschalter erledigen, wobei wir die Jungs aber noch darauf hinweisen müssen, daß sie uns eine Einreisekarte ausstellen müssen (haben sie vergessen) und die Zollformalitäten werden ebenfalls quasi im Vorbeigehen erledigt. "Ciclista?", "Si!" und bums haben wir unseren Stempel.
 
Preisfrage: Was ist das für eine blaue Flüssigkeit in der Flasche? Nein es ist nicht die neueste Kreation von Coca Cola und auch nicht ein alkoholisches Mixgetränk mit dem blauen Likör. Auch Domestos mit seinem WC Reiniger hat hier seine Finger nicht im Spiel. Farbiges Duftlampenöl kommt der Sache schon sehr nahe, ist aber leider nicht die korrekte Lösung. Für all diejenigen die die Richtige Antwort eh schon die ganze Zeit wußten hier die Bestätigung: Es ist normales "Super" Tankstellenbezin in Argentinien. Nadine meint zwar es gäbe keinen richtigen Grund für die Geschichte, ich fand jedoch die Farbe ziemlich witzig und zu einem Photo gehört halt zumindest auch eine kurze Story .
 
Ostern: Als wir nach Villa Angostura, den ersten Ort in Argentinien kommen sind wir etwas verwundert über die vielen argentinische Touristen die wir hier antreffen. Offenbar scheint hier wieder Urlaubszeit zu sein, obwohl die Sommerferien doch gerade erst waren. Plötzlich dämmert es uns: vielleicht ist ja Ostern! Um ganz sicher zu gehen frage ich an der Tankstelle nochmal nach. Ja wir hätten heute Gründonnerstag, bekommen ich zur Antwort und im gleichen Atemzug fragt mich der Tankwart wo ich den herkommen würde, und ob da wo ich herkomme Ostern an einem anderen Termin gefeiert wird. Als ich ihm erkläre, daß wir Radler sind und schon so lange unterwegs sind, daß wir hin und wieder den Überblick verlieren lacht er kurz und wünscht uns eine gute Reise. Am Karfreitag kommen wir in San Carlos de Bariloche (oder kurz: Bariloche) an. Der Touristen Trubel auf den wir hier treffen stellt alles in den Schatten was wir bisher in Südamerika erlebt haben. Die Straßen und die Souvenierläden sind proppe voll. Für Unterhaltung sorgen auf dem Marktplatz einige Holzschnitzer, die mit ihren Motorsägen Skulpturen aus Baumstämmen schneiden. Sehr zu unserer Freude gibt es hier in der Gegend anscheinend einige Schweizer, denn auf dem Marktplatz können sich die Touristen zusammen mit einem Bernhardiner, incl. Schnapsfäßchen um den Hals, fotografieren lassen. Komisch ich hatte immer gedacht das christliche Konsumfest wäre Weihnachten. :-)))
 
202. Wochenbericht 09.04. - 15.04.2007

Route: Bariloche, Villa Cathedral, Villa Suiza, Bariloche
 
Cathedral: Bei Bariloche wollen wir eine 5-tägige Wandertour, die Nahuel Huapi Traverse machen, die als mittel bis fordernd ausgeschrieben ist. Für den ersten Tag empfiehlt Lonely Planet den Aufstieg vom Tal auf den 2200m hohen Grat nur dann nicht mit dem Sessellift zu machen, wenn es einem zu teuer ist, oder um seinen Charakter zu bilden. Der Sessellift soll laut Reiseführer von 2003 nicht einmal 2,- € kosten, und soll will Nadine lieber Lift fahren. Als wir dann vor Ort erfahren, daß der Lift dann doch 6,50 € kostet gibt es eine kurze Planänderung: Nadine will nun doch lieber ihren Charakter bilden. Obwohl wir hin und wieder etwas querfeldein gehen kommen wir gut voran und so sind wir nach nicht einmal 2,5h samt Pause oben am Grat angelangt, wo wir auf etliche Tagestouristen treffen. Ein argentinischer Familienvater zählt gerade seine Geldvorräte und steckt das Geldbündel dann kopfschüttelnd wieder ein; wohl doch gar nicht so billig hier. Im Bad füllt Nadine nochmal unsere Wasserflasche auf, und als bei ihr beim Händewaschen eine leicht dunkle Brühe in den Abguss fließt ist eine Argentinierin in Designerklamotten etwas irritiert; Sie kann sich vermutlich nicht vorstellen wie man sich im Lift so schmutzig machen kann. Nun geht es dem Grat folgend immer weiter in die Berge und zunehmend wird auch das Gelände schwieriger. Als wir mitten in einem steilen Geröllhang stecken, in dem wir hin und wieder auch etwas klettern müssen, treffen wir auf zwei Israelis, die ihren Weg verloren haben. Sie wollen erstemal in die gleiche Richtung wie wir und so folgen sie uns. Beim Abstieg zum Refugio Frey entscheiden wir uns aber an der einsamen Laguna Schmoll unsere Nacht lieber hier zu verbringen. So ersparten wir uns nicht nur jetzt den Abstieg sondern morgen auch den Aufsteig da wir hier wieder vorbei müssen.
 
Sonnenaufgang: In der Nacht haben wir ordentlich Frost und so fällt es insbesondere mir sehr schwer morgens für den Sonnenaufgang aus dem Zelt zu krabbeln. Zum Glück bin ich jedoch aufgestanden, denn die beleuchteten Berge sind wirklich sehr schön.
 
Eisskulpturen: Durch den harten Frost in der Nacht ist auch das ganze Wasser im Boden gefroren und so wurde die oberste Gesteinsschicht von Eiskristallen etwa 5cm angehoben. Gemerkt habe ich das jedoch nur deshalb, da ich beim laufen ungewöhnlich eingesunken bin. Die langen Eiskristalle mit den kleinen Steinchen an der Spitze schauen schon ziemlich skurril aus.
 
Tag 2: Der 2. Tag führt uns dann über zwei schöne Grate und ein schönes Tal das wir durchqueren müssen zum Refugio San Martin. So faszinierend die Ausblicke von den Graten auch waren, so anstrengend waren auch die zwei Abstiege durch loses Geröll und Felsbrocken ins Tal. Dank Geröllabfahrt (wenn die Steine klein genug sind kann man einfach mit ihnen hinunter rutschen) und neuseeländischer Wanderstecken bekommt Nadine jedoch keine Knieprobleme
 
Schneesturm: Am dritten Tag schneit es zwar hin und wieder etwas, doch da es noch zu warm ist schmilzt der Schnee sofort wieder. In der folgenden Nacht setzt jedoch ein Schneesturm ein und als die Schneemassen von den umstehenden Bäumen auf unser Zelt krachen wagt Nadine einen Blick nach außen. Unser Zelt ist komplett eingeschneit, und damit der viele Schnee unser Zelt nicht zum Einsturz bringt wischt sie alles runter. Ein paar Stunden später, es hat unaufhörlich weiter geschneit, krachen wieder die Schneemassen aufs Zelt. Während Nadine, die Tapfere, sich wieder in den Schneesturm wagt schaffe ich, der Schlafmuffel, es immerhin einen Arm aus dem Schlafsack zu strecken um von innen gegen das Außenzelt zu klopfen.
 
Gemütliches Frühstück: Nachdem Nadine Nachts so tapfer war ist es nun an mir morgens erst den Schnee vom Zelt zu schaufeln und anschließend im frostigen Schneesturm den Tee zu kochen. Im Zelt ist es jedoch nicht ganz so frostig, denn hier haben wir immerhin 6°C.
 
Laguna de los Tempanos: Um nicht den ganzen Tag im Zelt sitzen zu müssen machen wir am frühen Nachmittag einen kleinen Ausflug zur Laguna de los Tempanos. Der Schnee hat jedoch nahezu alle Markierungen verdeckt, so daß wir manchmal eine Weile brauchen um den richtigen Pfad zu finden. Als wir dann nach etwa 30 Minuten an der Laguna angekommen sind ist von den steilen Felswänden die sie umgeben sollen leider nichts zu sehen, da alles mit dicken Schneewolken verhangen ist. Nichts desto trotz war der kleine Ausflug im Schnee jedoch sehr schön.
 
Abbruch: Sicherheitshalber hatten wir für unsere 5-tägige Wandertour schon Essen für 7 Tage eingepackt. Die ersten beiden Tage liefen noch wie geplant, doch durch den Wintereinbruch saßen wir insgesamt 3 Tage in unserem Zelt. Nachdem eine Wetterbesserung weit und breit nicht in Sicht ist machen wir uns schließlich am 6. Tag wieder auf den Rückweg nach Bariloche.
 
203. Wochenbericht 16.04. - 22.04.2007 

Route: Bariloche, Villa Angostura, San Martin de los Andes
 
Regentage: Bereits in Bariloche wußten wir vom Wetterbericht aus dem Internet, daß uns eine viertägige Regenperiode bevorstand. Am ersten Regentag blieben wir noch hart und radelten so lange bis wir bis auf die Unterhose naß waren. Prinzipiell ist hier im Nationalpark Nahuel Huapi jedoch wild zelten verboten und so gehen wir ausnahmsweise auf eine Viehweide. Wir haben mehr als ausreichend essen und auch moralisch sind wir auf mehrere Regentag vollkommen eingestellt. Wir wollen den Regen aussitzen! Am zweiten Tag regnet es mehr oder weniger durchgehend und als am dritten Tag der Regen aufhört trauen wir der Sache zunächst nicht, da noch dicke Wolken über uns hängen. Als wir uns schließlich eingestehen, daß es heute wohl nicht mehr regnen wird ist es jedoch bereits so spät, daß wir den Tag doch lieber im Zelt verbringen. Am 4. Tag dann wieder Regen. Für etwas Spannung sorgte jedoch dann gegen Abend der Besitzer der Viehweide, der uns von der Straße aus gesehen hatte und nun zu uns kam. Natürlich war er nicht gerade glücklich, daß wir seit nunmehr 3 Tagen auf seiner Weide zelteten, doch da es leicht regnete und wir ihm versicherten, daß wir morgen weiterfahren würden dürfen wir noch eine Nacht bleiben.
 
Ruta Los Siete Lagos: Vorbei an 7 idyllischen Seen fahren wir nun bei strahlend blauem Himmel bis nach San Martin de los Andes. Obwohl überwiegend ungeteert ist die Strecke eine extrem beliebte Touristenroute und selbst jetzt in der Nebensaison sind hier noch viele Tourbusse unterwegs.
 
Katzenklo: Auf einem freien Campingplatz im Nahuel Huapi Nationalpark haben wir dieses nette Schild gefunden, auf dem die Besucher aufgefordert werden von den Katzen zu lernen und so wie diese ein 20cm tiefes Loch zu scharren um darin ihre Exkremente samt Toilettenpapier zu verscharren. Ein kurzer Blick um die Ecke überzeugte uns jedoch davon, daß die Lektion der Katzen nicht ganz so wie erhofft in die Tat umgesetzt worden ist, da überall kleine Häufchen und Toilettenpapier zu sehen sind. Wir vermuten, daß die Katzen den Argentiniern vorenthalten haben wie man sich mal schnell ein paar Krallen wachsen lassen kann, um die 20cm tiefen Toilettenmulden zu graben.
 
Atlantik oder Pazifik: Es gibt vermutlich nicht viele Bäche auf dieser Welt (wenn überhaupt einen anderen) in dem sich das Wasser entscheiden kann ob es lieber in den atlantischen Ozean oder lieber in den pazifischen Ozean fließen möchte. Einer dieser wenigen Bäche ist der Arroyo Culebra kurz vor San Martin de los Andes. Während der linke Hauptarm des Arroyo Culebra in den Atlantik fließt strömt der rechte Abzweig, der nunmehr Arroyo Pil-Pil heißt, vermutlich dank bautechnischer Unterstützung auf die andere Seite der Anden, um dann in den Pazifik zu münden. Wir fanden das ziemlich beeindrucken und da es sowieso bereits später Nachmittag war haben wir an dem Bach gleich unser Zelt aufgeschlagen.
 
204. Wochenbericht 23.04. - 29.04.2007 

Route: San Martin de los Andes, Alumine, Zapala, Cultural Co
 
Nachtfrost: Von San Martin de los Andes, einem idyllischen Touristenbergdorf, das mit seinem Holzhäusern auch gut in der Schweiz stehen könnte, radeln wir über Junin de los Andes weiter am Rand der Anden entlang nach Norden. Die guten Teerstraßen werden zu Schotterpisten, während die herrlichen herbstlichen Bergwälder kargen Hocheben weichen müssen. Daß wir mittlerweile Herbst haben wird immer deutlicher, denn jeden morgen haben wir nun dicken Frost auf unserem Zelt. Nicht nur unser Zelt sondern auch wir brauchen nun lange bis wir morgens wieder auftauen, so daß wir eigentlich kaum vor 10:30 Uhr loskommen. Tagsüber klettern die Temperaturen hier in den Bergen dann am Spätnachmittag gerade mal mit Mühe auf 11°C - 12°C. Wo ist unser Sommer geblieben?
 
Araukarien: Araukarien sind eine uralte Baumart die im englischen Monkey Puzzle Tree heißt, da die Rinde der älteren Bäume aussieht wie ein riesiges Puzzle, das selbst einen Affen verrückt machen würde, müsste er es machen. Obwohl die Landschaf hier im Regenschatten der Anden liegt und es relativ trocken ist scheinen die Araukarien jedoch gut zu gedeihen.
 
Wüste mit Gaucho: Nach dem Lago Alumine geht es für uns über Schotterpisten dann vollends in die Wüste. Kein Baum oder Strauch weit und breit (bis auf diesen einzigen), dafür jedoch 360° Rundumsicht und das auf einer Höhe von knapp 1800m. Wir haben von unserem Zelt aus gerade die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont verschwinden sehen, als wir ein Pfeifen und Johlen hören das langsam näher kommt. Ein paar Minuten später steht auf einmal ein Gaucho mit seinem Pferd vor unserem Zelt. Malerisch wie aus dem Bilderbuch sehen wir die Silhouette von Roß und Reiter vor dem gelb leuchtendem Abendhimmel. Der Gaucho kommt gerade von der Arbeit und ist auf dem Weg zu der armseligen Blechhütte, die wir vor einigen Kilometern passiert hatten. Er lädt uns zwar ein, die Nacht bei ihm zu verbringen, doch wir haben es uns in unserem Zelt schon zu gemütlich gemacht, als daß wir in der kalten Nacht nochmal umziehen wollten. So zieht unser Gaucho der bereits untergegangenen Sonne nach, wobei er weiterhin fröhlich vor sich hin pfeift und johlt. Noch lange hören wir sein "Jihay" über die offene Fläche schallen. Am nächsten Morgen, wir haben geraden die letzen Frostreste von unserem Zelt geschüttelt, steht unser Gaucho wieder vor unserem Zelt, diesmal jedoch eingemummelt in einen dicken Wollponcho. Er fragt uns ob wir letzte nach auch so gefroren hätten wie er, und als wir dies verneinen meint er anerkennend, daß wir wohl ein sehr gutes Zelt hätten. Seine Hütte jedenfalls wäre eiskalt gewesen. Er erklärt uns, daß er jetzt zur Arbeit müsse und mit einem "Jihay" macht er sich wieder auf dem Weg. Wir packen unser Zelt und begeben uns ebenfalls auf die Straße. Wir sind bereits einige Kilometer geradelt und haben bereits Mittag, als wir unserem Gaucho wieder begegnen, als er sich gerade mit einem Berufskollegen unterhält, während nebenan ein Kuhherde grast. Doch anscheinend ist dies nicht seine Kuhherde und sein Arbeitsplatz noch weiter entfernt , den nun reitet er uns langsam hinterher. Nach ein paar Kilometern winkt er uns zu und biegt seitlich in die Berge ab. Wir radeln weiter bergauf über einen Paß und als wir gegen 16:00 Uhr auf der anderen Seite wieder ins Tal rollen schauen wir nicht schlecht, als wir auf einmal wieder unseren Gaucho vor uns sehen. Ok. dann wird das wohl mit der Arbeit heute nichts mehr denken wir uns und mit einem "Buen viaje" und "Suerte" (Gute Reise und viel Glück) verabschieden wir uns ein letztes mal von unserem Gaucho.
 
Mysteriöse Buddeltiere: Das schöne an wüstenartigen Gegenden ist, daß es dort zwar vermutlich nicht viel mehr Tiere als normal gibt, aber mangels Bewuchs sieht man sie wenigstens alle. So haben wir bei einer Pause eine Kolonie von Buddeltieren entdeckt, die ständig Sand im hohen Bogen aus ihren Bauten geschleudert haben. Natürlich bin ich sofort auf Photosafari gegangen und bin sogar bis auf wenige Meter an einen Bau rangekommen. Das Buddeltierchen hat mich immer wieder lange gemustert, mich als ungefährlich eingestuft und mit seinen "Bauarbeiten" weiter gemacht. Erst als ich bis etwa 3m herangeschlichen war ist es in seinen Bau verschwunden wo es laut vor sich hin gemotzt hat. Wir sind uns jedoch nicht sicher was für ein Buddeltierchen wir gesehen haben. Prinzipiell kommen für uns Erdhörnchen, Murmeltier und Lemming in Frage. Erdhörnchen sitzen aber gerne auf ihren Hinterbeinen um nach potentiellen Feinden Ausschau zu halten was unser Buddeltier jedoch nicht gemacht hat. Prinzipiell sieht unser Buddeltier einem Murmeltier schon sehr ähnlich, doch Murmeltiere sind locker 3-4x größer; also auch kein Murmeltier. Obwohl wir beide noch nie Lemminge gesehen haben und nicht einmal wissen auf welchem Kontinent sie leben, bevor sie sich bei Übervölkerung zu Tode stürzen, tippen wir jedoch stark auf einen Lemming. Wenn jemand mit der Fauna Südamerikas etwas bewanderter ist als wir wären wir für Hinweise was für Buddeltier wir hier entdeckt haben natürlich sehr dankbar (Gästebucheintrag oder Email an: martinlunz@yahoo.de)
 
Argentinisches Rindfleisch: Das hier sind die herrlichen Weiden, auf denen das berühmte argentinische Rindfleisch "wächst". Für so manche Milchkuh in Europa, die ihr halbes Leben lang in einem viel zu engem Stall steht, muß so das Paradies aussehen.
 
Wohlverdiente Pause: Am am Nachmittag des 29.04.2007 zwischen Zapala und Cultural Co war es dann soweit: wir sind laut Tachostand 50000 Km geradelt. Gefeiert haben wir den Erfolg bei einer Tasse Tee, gebrannten Erdnüssen (den Resten vom letzten Weihnachten die es noch zu stark reduzierten Preisen gibt) und einigen Keksen.
 
Wein, Äpfel und Öl: Von den Anden geht es für uns nun direkt runter in die Pampa. Wenn man von Horizont zu Horizont außer niedrigem und dornigem Gebüsch und einigen Stacheldrahtzäune nichts sieht, dann ist man in der Pampa Argentinien. Doch das Klischee ist natürlich nicht ganz richtig, denn überall da wo dank Bewässerungskanälen das Wasser in die trocken Pampa geleitet werden kann floriert der Ackerbau. Zwischen Zapala und Neuquen treffen wir daher auf viele Weinberge und Apfelorchards. Der andere Reichtum der Pampa liegt jedoch unter der Erde: Öl. So kommt es, daß wir rechts neben uns einen Weinberg haben während links Öl abgepumpt wird und das, obwohl wir doch eigentlich in der Wüste sind.
 

205. Wochenbericht 30.04. - 06.05.2007

Route: Cultural Co, Catriel, General Acha

 
Ameisen: In der Pampa wählen wir die sogenannte Wüstenroute über Cultural Co, Catriel und General Acha. Für uns sind wüstenartige Gegenden normalerweise immer sehr spannend, da man mangels Bewuchs immer sehr viele Tiere sehen kann. Aus irgendwelchen Gründen ist die Pampa hier jedoch weder von Guanakos noch Ñandus besiedelt, so daß wir unsere Aufmerksamkeit den etwas kleineren Tierchen widmen: den Ameisen. Zufälligerweise machen wir immer in der Nähe eines Ameisenbaues Pause und kaum haben die Krabbeltiere herausgefunden, daß hier zwei Radtouristen rasten kommen sie auch schon an um insbesondere unsere Brotbrösel abzutransportieren. Immer wieder sind wir von den riesigen Brocken, die eine einzelne Ameise tragen kann fasziniert und insbesondere mir fällt es immer schwer mich von meinen Beobachtungen loszureißen.
 
Teamarbeit: Alle Ameisen die wir getroffen haben haben immer alleine gearbeitet, auch wenn die Last noch so schwer und groß war. Auf einmal treffen wir jedoch auf einen Ameisenstamm bei dem es Teamarbeit gibt. Um einen besonders großen und leckeren Brocken von unserem Kaffestückchen zu ergattern arbeiteten gleich 7 Ameisen zusammen. Besonders erstaunlich ist wie sie es schafen scheinbar ohne irgendeine Form der Kommunikation den Brocken über oder um Hindernisse herum zu transportieren.
 
Rastplätze: Wie im Outback in Australien gibt es auch hier Rastplätze. Mit Schattenspendenden Bäumen, Grillstellen samt Feuerholz und fließend Wasser sind die Rastplätze  eigentlich absolut luxuriös, doch leider haben sie ihre besten Zeiten bereits lange hinter sich. Wenn sie nicht von Farmern heimlich als Viehweide genutzt werden steht zumindest das Gras meterhoch und bis auf einmal sind die installierten Wasserhähne auch schon eingerostet.
 
Heißes Wasser: Bei uns in Deutschland wurde der Mate Tee schwer in die alternative Ecke gedrängt und seine Anhänger zuweilen sogar leicht verächtlich belächelt. Dabei ist der etwas bitter schmeckende Mate, das Nationalgetränk der hartgesottenen Gauchos, keineswegs was für Weicheier. Insbesondere die ersten Schlucke ziehen einem fast die Schuhe aus, so stark und bitter ist das Gebräu, doch von Aufguß zu Aufguß wirder milder. Ist man beharrlich lernt man den Mate jedoch lieben und schätzen. Hier in Südamerika und speziell in Argentinien, Uruguay und Südbrasilien ist der Matetee jedoch das Nationalgetränk schlechthin. Getrunken wird der Mate zu jeder Tages und Nachtzeit im Gehen, im Stehen, im Sitzen, beim Autofahren, im Bus oder in der U-Bahn aus einer ausgeschnittenen und ausgehöhlten kürbisähnlichen Frucht (meist kunstvolle verziert, mit Metallbeschlägen oder mit Leder überzogen). Das Trinkgefäß wird einmal mindestens halb mit den Mateblättern gefüllt und dann durch einen Trinkstrohhalm mit Sieb getrunken. Der Mate ist sehr ergiebig und so wird ständig heißes Wasser nachgegossen. Ist ein waschechter Argentinier dann außerhalb seines Hauses oder Arbeitsplatzes unterwegs führt er neben seiner Matetasse stets auch noch eine Thermoskanne mit heißem Wasser mit sich, um ständig nachfüllen zu können. Schwieriger ist das Ganze dann aber, wenn man länger als eine Thermoskannenfüllung unterwegs ist oder sich gar auf Reisen befindet. Woher neues heißes Wasser bekommen?! Doch dieses Problem wurde perfekt gelöst, denn an fast allen Tankstellen gibt es einen Heißwasserautomaten an dem man sich für ein paar Centimos seine Thermoskanne wieder auffüllen kann. Heißes Wasser ohne den Kocher dafür auspacken zu müssen ist natürlich absolut super! Hier hat der Heißwasserautomat sogar die Form einer Matetasse mit Trinkstrohhalm. 
 
206. Wochenbericht 07.05. - 13.05.2007

Route: General Acha, Carhue, Saladillo
 
Dornen: Wie in allen wüstenartigen Gegenden so ist auch die Pampa die Heimat vieler dorniger und stacheliger Gewächse. Eine besondere Spezialität der Pampa sind kleine etwa erbsengroße stachelige Bällchen, die sich bei der leichtesten Berührung sofort an den Reifen festsetzen. Um nicht täglich Stunden mit dem Flicken zerstochener Reifen zu verbringen lassen wir stets allerhöchste Vorsicht walten, wenn wir die geteerte Straße verlassen. Eines Abends rollen wir auf eine schöne gemähte Wiese auf der wir unser Zelt aufschlagen wollen. Die Wiese wird von einem Straßenbautrupp genutzt und so ist sie anfangs absolut dornenfrei, so daß wir munter bis an deren Ende radeln. Aus irgendwelchen Gründen hört die dornenfreie Zone jedoch auf einmal ohne Vorwarnung auf und ehe wir uns versehen haben wir sicherlich je an die hundert der Stachelbällchen in unseren Reifen stecken. Wir treten umgehend den Rückzug an und verbringen die nächsten 15 Minuten damit die Reifen grob von den  Stachelbällchen zu befreien. Die Sonne ist bereits untergegangen und da wir dringend einen Schlafplatz benötigen verschieben wir die richtige Reifenkontrolle auf den nächsten Vormittag. Am nächsten Vormittag benötigen wir dann nochmal 1 Stunde um zumindest die größeren abgebrochenen Dornen mit einer Pinzette aus den Reifen zu ziehen. Der Aufwand sollte sich lohnen, denn in der Folge haben wir keinen platten Reifen zu beklagen.
 
Zeitungsinterview: Hier in der Pampa sind Reiseradler, ganz im Gegensatz zu Patagonien,  eine selten gesehene Rarität und so werden wir regelmäßig in den Städten von Radio- oder Zeitungsreportern interviewt. Während die Radioreporter meist so schnell sprechen, daß wir die Fragen eigentlich nicht verstehen, so daß wir zuweilen etwas ganz anderes antworten (das fällt uns immer dann auf, wenn die Frage dann nochmal wiederholt wird), beschränken sich die Zeitungsreporter meist auf das Mindestmaß an notwendigen Informationen: "2 Radfahrer aus Deutschland sind in unserer Stadt". Insbesondere am Anfang sind wir etwas irritiert, daß die Zeitungsreporter weder an unseren Namen interessiert sind, noch wieviel Kilometer wir geradelt sind. Wir sind gerade an einem sehr windigen Tag mitten in der Pampa unterwegs als wir von einem Auto langsam überholt werden und der Beifahrer ein paar Photos von uns macht. Hundert Meter später hält der Wagen an, der Reporter und sein Fotograf steigen aus und interviewen uns über unsere Reise (diesmal werden wir sogar nach unseren Namen gefragt!). Als wir gefragt werden, ob wir im nächsten Ort übernachten werden meinen wir, daß wir noch etwas weiter müssen und dort nur Brot einkaufen wollen. Der Ort liegt 3-4 Kilometer abseits der  Landstraße und so bietet uns der Reporter an, uns Brot zu besorgen und es für uns an der Tankstele die sich am Abzweig befindet zu hinterlegen. Gesagt, getan und so werden wir 1,5 Stunden später nicht nur mit Brot sondern auch noch mit Crackern, Orangensaftpulver und Knabberstangen beliefert.
 
Typischer Pampatag: Die argentinische Pampa gehört sicherlich zu den eintönigsten und stupidesten Radelstrecken die wir auf unserer Reise zurückgelegt haben. Wir haben mittlerweile Spätherbst und so geht die Sonne erst gegen 8:00 Uhr auf. Durch die kalten und frostigen Nächte ist unser Zelt meist zugefroren und so brauchen wir oft bis 10:00 oder gar 11:00 Uhr bis es aufgetaut, getrocknet und verpackt ist. Die Pampa wird fast ausschließlich als Farmland für riesige Rinder- und Sojafarmen genutzt, so daß wir außer Weidezäunen eigentlich kaum etwas sehen. Das Highlight des Tages ist meist ein totgefahrenes Stinktier das in irgendeinem Verwesungsstadium am Straßenrand liegt. Nach 2-3 Stunden radeln dann die erste Pause. Wir erholen uns bei einer Tasse Tee, Käsebrötchen und Kaffestückchen (die hier super billig sind) und beobachten irgendwelche Ameisen (2. Tageshighlight). Nun geht es wieder für 2h aufs Rad bevor wir eine weitere kurze Teepause einlegen. Die Tage sind kurz und so haben wir nach der 2. Pause gerade mal noch Zeit um ein paar Kilometer zu radeln, bevor es gegen 18:00 Uhr schon wieder zu dunkel zum Radeln ist. Wir bauen irgendwo direkt neben der Straße unser Zelt auf (weiter weg können wir nicht, da ja alles eingezäunt ist), in das wir uns dann auch direkt verkrümeln, denn sobald die Sonne weg ist wird es sofort kalt und ungemütlich. Es folgt eine lange Nacht und am nächsten Tag vermutlich wieder die gleiche Prozedur. Lediglich alle paar Tage bildete ein kurzer Einkaufsbesuch in einem Städtchen etwas mehr Abwechslung, doch da hier während der Siesta die Geschäfte teilweise sogar zwischen 12:00 Uhr und 17:00 Uhr (meist zumindest zwischen 13 und 16 Uhr) geschlossen sind, ist das richtige Timing oft ziemlich kompliziert.
 
Sojafelder: Die Pampa wird Landwirtschaftlich intensiv von vielen Großgrundbesitzern genutzt und neben Rindern, die hier jedoch oft auf kahlen Weiden ohne Vegetation stehen (alles kaputtgetrampelt) und sich vermutlich von Kraftfutter ernähren müssen, ist Soja das große Geschäft. Wir haben hier gerade Erntezeit und überall treffen wir auf riesige Mähdrescher die die endlosen Anbauflächen abernten. Dadie Mähdrescher in der Anschaffung sehr teuersind gehören sie nicht etwa den einzelnen Bauern, sondern es gibt spezialisierte Erntekolonnen, die von Fram zu Farm ziehen um die Ernte einzufahren. Mehtmal begegnen wir so einer Erntekolonen auch auf der Straße, wo sie mit 1-2 mähdreschern, 2-4 Traktoren mit Anhängern sowie einem Lkw und einign Wohnanhängern einen endrucksvollen Konvoi abgeben. Soja sieht übrigens einer Erbse sehr ähnlich. Die Körner befinden sich in einer Schote die mit anderen Schoten an einem etwa 50 cm hohen Stängel wachsen. Quasi perfekt um mit dem Mähdrescher geerntet zu werden. 90% des angebauten Soja sind übrigens genmanipuliert. Komisch, daß gegen Genmaipulation, obwohl sie von dem Großteil der Menschen abgelehnt wird, quasi gar nichts unternommen wird. Das Sojafeld auf dem Foto liegt übrigens recht nahe an einem Fluß der nach heftigen Regenfällen etwas über die Ufer getreten ist.
 
Privatgrund! Betreten verboten! Eines was anscheinend allen Ländern der sogenanntenn Neuen Welt (Australien, Neuseeland, Chile, Argentinien, ...) gemein ist, ist, daß die europäischen Auswanderer in ihrer grenzenlosen Gier und Überheblichkeit den Ureinwohner ihre Ländereien abgenommen haben. Auch heute noch scheinen die Landbesitzer und insbesondere die Großgrundbesitzer intuitiv zu wissen, daß das Land, das sie beanspruchen eigentlich nicht Ihnen gehört, und um ihren Anspruch zu rechtfertigen haben sie alle Ländereien eingezäunt und mit Schildern "Privatgrund!" ihre Besitzansprüche für alle sichtbar kenntlich gemacht. Wenn wir das Thema manchmal ansprechen bekommen wir immer zu hören, daß die Zäune nicht für dafür da sind um die Menschen draußen zu halten, sondern die Tiere drin. Nun gut, das mag ja teilweise zutreffen, aber warum sind dann auch alle Seen, Getreidefelder, Äcker und Wälder eingezäunt. Warum überall Schilder aufstellen und alle Gatter zusätzlich mit dicken Vorhängeschlössern abschließen? Vermutlich sind die Farmtiere in der neuen Welt cleverer als bei uns in Deutschland und diese Vorsichtsmaßnahmen sind erforderlich, damit sie auf ihren Weiden bleiben. Hier in Argentinien hat das zur Folge, daß nahezu das gesamte Land eingezäunt ist. Völlig egal ob der nächste Ort mit seinen 50 Einwohnern erst in 100 oder 200 Km kommt, es wird eingezäunt. Ich komme mir manchmal vor wie in einem Gefängnis bei all den Zäunen, und würde man auf einer Landkarte all die privat beanspruchten Großländereien aus der Karte ausschneiden würde außer ein paar Straßen, ein paar Städten und ein paar Nationalparks quasi nichts von Argentinien mehr übrigbleiben. Quasi ein totes Gerippe. Interessanterweise ist dieses extreme Besitzanspruchsdenken lediglich in der neuen Welt so ausgeprägt, obwohl da proportional zur Landläche relativ wenige Menschen leben. Im überbevölkerten Asien haben wir zumindest kaum Zäune gesehen.
 
Unfall: Je näher wir an Buenos Aires herankommen, desto wilder und hektischer wird der Verkehr. Bereits in den Bergen habe ich mir eine etwa 1m lange Bambusstange aus dem Busch geschnitten, diese an einem Ende mit Plastiktüten die im Wind flattern gut sichtbar gemacht und hinten über die Gepäckrolle geschnallt. Beim radeln steht die Bambusstange etwa einen halben Meter weit in die Fahrbahn hinein und dank der im Wind flatternden Plastiktüten werden wir besser gesehen. Ein weiterer Vorteil der Bambusstange ist, daß wir so noch etwas breiter sind und der von hinten kommende Verkehr entweder richtig überholen oder abbremsen muß. Außerdem haben ich mir einen Rückspiegel zugelegt um den von hinten kommenden Verkehr besser im Auge haben zu können. Bisher haben wir mit der Methode sehr gute Erfahrungen gemacht und die gefährlichen Überholmanöver der Lkw Fahrer drastisch reduziert. Nun, knappe 200 Km vor Buenos Aires wird aber der Verkehr so dicht, daß mehr und mehr Lkw Fahrer meinen sie können uns mit ihrer Hupe von der Straße blasen, den oft hören wir die lauten Fanfaren schon viele hundert Meter hinter uns. Ins Dornenverseuchte Bankett können wir nicht wirklich ausweichen und so sind meistens gute Nerven gefragt. Besonders rücksichtslos sind dabei die Lkw Fahrer die die Argentinischen Kühe zum Schlachthof fahren. Kurz vor Saladillo höre ich hinter uns wider gehuptwird. Ich schaue in den Rückspiegel und sehe lediglich einen Bus und da wir gerade keinen Gegenverkehr haben scheint die Situation völlig ungefährlich. Doch anstatt auf die andere Fahrspur auszuweichen rast der Bus weiterhin auf uns zu und während er uns überholt erwischt er mich an der Bambusstange. Ich hätte einen Sturz vermutlich noch irgendwie verhindern können, doch aus Prinzip lasse ich mich ins Gras fallen (die Einzige Chance daß der Fahrer sieht, daß er unser Lebenriskiert hat).
 
Unfall mit der Polizei: Der Bus hält an und nun sehen wir erst das allerbeste: Es ist ein Bus der Polizei!!!!! Als der Fahrer zu uns kommt überschütte ich ihn lauthals mit meinem ganzen Ärger über die rücksichtslosen argentinischen Autofahrer. Doch anstatt sich zumindest zu entschuldigen meint der Fahrer nur, daß er nicht in einem größeren Bogen überholen konnte, da er selbst gerade von einem Lkw überholt wurde. Als ich ihn frage ob sein Bus Bremsen hätte und ob diese funktionieren würden schaut er zwar etwas betreten, doch zu einer Entschuldigung kann er sich immer noch nicht durchringen. Nun kommen seine Kollegen aus dem Bus, und auch sie sind nicht der Meinung, daß der Fahrer sich irgendetwas zu Schulden habe kommen lassen, denn schließlich hätten Fahrräder nichts auf der Fahrbahn verloren, sondern müssten nebenan in der Wiese fahren. Jegliche Diskussion mit den Beamten ist sinnlos, was kein wunder ist, den Argentinien ist für sein korruptes Polizeiwesen bekannt, und so lasse ich mir von dem Fahrer seine Personalien geben und erkläre ihm, daß ich die Sache dann wohl in Buenos Aires mit der Polizeibehörde regeln müsse (die Polizisten sind von der Abteilung Gefangenentransport und mit den Verkehrsregeln anscheinend nicht ganz so vertraut). Immerhin erkundigen sich unsere Polizisten sich noch bei mir, ob ich nicht etwas gebrochen hätte. Obwohl ich ihnen erkläre daß ich vermutlich noch unter Schock stehe und leichte Schmerzen im Rücken hätte ist das für sie kein Grund zur Beunruhigung und so fahren sie wieder weiter. Letztendlich sind wir bei der ganzen Sachen lediglich mit dem Schreck davongekommen, doch wir sind sichtlich erleichtert, als es 30 Km später plötzlich einen Seitenstreifen gibt. Hier sind wir sicher!!!
 
207. Wochenbericht 14.05. - 20.05.2007

Route: Saladillo, Buenos Aires
 
Auf der Autobahn nach Buenos Aires: Nach unserem Erlebnis mit dem Polizeibus wollten wir weitere unfreiwillige Kontakte mit anderen Verkehrsteilnehmern gerne vermeiden, und so fragen wir an einer Tankstelle vor den Toren der Riesenmetropole (65 Km vor dem Zentrum) ein paar Polizisten einer Polizeischule die hier gerade eine Pause machen, was die sicherste Möglichkeit wäre um ins Zentrum zu fahren. Ohne zu zögern meint der Chef der Truppe: "la autopista", die Autobahn. Wir fragen ihn ob man da als Radfahrer drauf dürfe und er meint, daß es kein Problem sein sollte. Die sicherste Möglichkeit wäre es auf jeden Fall. Etwas unsicher fragen wir auch nochmal den Tankstellenwart und auch dieser nennt uns die Autobahn. Na gut, dann halt über die autopista. Wir fahren gerade auf die Autobahn auf, als uns ein riesiges Schild quasi entgegenspringt auf dem ganz klar erkennbar ist, daß hier Radfahren verboten ist. Ok. dann halt doch die normale Straße. Wir kommen auf der normalen Straße gerade mal 1 Km weit, als wir an einem Polizei Checkposten landen. Erneut fragen wir nach der sichersten Route. Die Polizeibeamten raten uns mehr als nur dringend von der normalen Straße ab und sagen wir sollen unbedingt über die Autobahn ins Zentrum radeln. OK. erlaubt wäre es zwar offiziell nicht, doch es ist und bleibt die sicherste Strecke. Wir vertrauen der Polizei und fahren auf die Autobahn. Die ersten Kilometer laufen sehr gut, doch da es bereits Abend ist bauen wir nch bevor die ersten Häuser anfangen unser Zelt auf. Am nächsten Morgen dann das große Abenteuer: wir radeln über die Autobahn in die 13 Mio. Metropole Buenos Aires. Die ersten 30 Km laufen noch sehr gut, doch ab dem Flughafen nimmt der Verkehr ständig zu. Mehrmals werden wir von Polizeiautos überholt, doch da sie kein Interesse an uns zeigen scheint das mit dem Radfahrverbot auf der Autobahn nicht allzu streng zu sein. Wir halten uns äußerst rechts am Seitenstreifen und lediglich die vielen Ein- und Ausfahrten lassen unseren Adrenallinspiegel hin und wieder in die Höhe schnellen. Dann kommen wir auf einmal an eine Autobahnkreuzung! 2 sechsspurige Autobahnen kreuzen sich, und wir mitten drin. Zuerst wollen wir abfahren und irgendwie anders um das Kreuz herumfahren, doch plötzlich stehen wir mitten drin. Na gut, zurück geht nicht mehr, und nachdem wir ein paar Minuten gewartet haben gibt es plötzlich eine Lücke im Verkehr, so daß wir sicher die Aus- und Einfahrten überqueren können. Auf den letzten Kilometern vor dem Zentrum wechseln wir dann auf eine wenig befahrene Straße die parallel zur Autobahn verläuft und erreichen so sicher das Hostel, das wir uns im Reiseführer ausgesucht haben. Das Hotel ist leider ausgebucht und so radeln wir weiter bis mitten ins Herz von Buenos Aires.
 
Stadtbesichtigung mit Carlos: An unserem 3. Abend werden wir von Carlos zu einer Stadtrundfahrt abgeholt. Carlos und seine Frau haben wir bereits vor einigen Wochen in den Bergen vor Alumine kennengelernt. Die beiden haben uns damals ein paar sehr schöne Strecken empfohlen. Obwohl es bereits dunkel ist, ist die Stadtrundfahrt sehr schön, denn alle alten Bauwerke sind wunderschön beleuchtet. Vermutlich der größte Vorteil der nächtlichen Stadtrundfahrt ist, daß es kaum Verkehr gibt und wir so nicht stundenlang im Stau stehen müssen. Nach all der strampelei hatten wir schon fast vergessen, wie schön es doch sein kann, bequem in einem Auto zu sitzen und sich die Gegend anzuschauen. Natürlich ist so eine Stadtrundfahrt im Auto ebenfalls sehr anstrengend und so lädt uns Carlos anschließend zum Abendessen ein. Hauptnahrungsmittel in Argentinien ist jedoch Fleisch, bzw. besser gesagt Rindfleisch und so ist Carlos etwas nervös, als er erfährt, daß wir Vegetarier sind. Doch alle Sorge war umsonst, denn in dem kleinen Restaurant in das wir gehen gibt es herrliche Salate und leckere Pommes, die wir uns reichlich schmecken lassen. Carlos spricht übrigens hervorragend Deutsch, so daß wir uns nicht mit unserem schlechten Spanisch rumquälen müssen.
 
Tourismus1st Class: In Buenos Aires nimmt man die Betreuung der Touristen anscheinend etwas ernster als anderswo. Reisenden denen diese Art von Service jedoch etwas zu "einfühlsam" ist sollten sich jedoch sicherheitshalber lieber ein anderes Urlaubsziel aussuchen.
 

208. Wochenbericht 21.05. - 27.05.2007

Route: Buenos Aires

 
Spanischkurs: In Buenos Aires stellen wir uns dann endlich unseren schlechten Spanischkenntnissen und melden uns für eine Woche bei einer Sprachenschule an. Nach einem Einstufungstest kommen wir beide in 2 verschiedene Kursgruppen und haben außerdem komplett verschiedene Unterrichtszeiten. Nadine landet im fortgeschrittenen Anfängerkurs und hat täglich zwei Gruppenstunden und zwei Privatstunden. Ich lande im Kurs für Fortgeschrittene und habe täglich vier Gruppenstunden und eine Einzelstunde. Unsere Sprachenschule ist vermutlich die günstigste in Buenos Aires den wir zahlen gerade mal etwas mehr als 100,-€ pro Person für eine Woche, doch dafür haben wir auch keine studierten Spanischlehrer. Während bei mir die Gruppenstunden ziemlich gut und anspruchsvoll sind (ich habe bisher ja nur mit Buch gelernt und kenne die meisten Grammatikregeln, doch beim Sprechen und Verstehen habe ich große Schwierigkeiten), ist Nadine recht genervt. Zum einen kommen die anderen Kursteilnehmer (und zuweilen sogar die Lehrerin) regelmäßig zu spät, woraufhin die Lehrerin erst einmal aufsteht und der jeweils verschlafenen Dame noch einen Kaffe zubereitet. Anschließend werden erst einmal die Erlebnisse der letzten Nacht ausgetauscht, doch leider auf Englisch, das sie ja im Anfängerkurs ist. Wenn der Kurs dann nach 15 - 45 Minuten endlich losgeht ist Nadine bereits ordentlich am kochen. Da der fortgeschrittene Anfängerkurs doch noch nicht so fortgeschritten ist wie die Schulleitung versprochen hat, ist Nadine meist vollkommen unterfordert und frustriert. Richtig Glück hat sie jedoch bei ihrer Einzelstunde, da ihre Lehrerin sehr gut Deutsch spricht und so macht sie hier richtig viele Fortschritte. Dafür sind jedoch bei mir die Einzelstunden etwas nerviger, da ich quasi in nahezu jeder Einzelstunde eine andere Lehrerin habe, so daß es leider nie klappt kontinuierlich an meinen vielen Fehlern zu arbeiten. Aber ganz so schlimm wie es sich anhört ist es nun auch wieder nicht. Wir haben viel Spaß und kommen auch mit unserem Spanisch ordentlich weiter, wenn auch nicht so wie erhofft, was aber vermutlich auch an viel zu hoch gesteckten Zielen liegt. Prinzipiell können wir die Spanischschule EDENA jedoch empfehlen, denn im Endeffekt hängt der Kurs ja immer vom einzelnen Lehrer und allen Kursteilnehmern ab.
 
Verkehr in Buenos Aires: Buenos Aires ist mit seinen 13 Mio. Einwohnern ein unglaubliches Chaos aus Autos, Bussen, Pferdekutschen und Fußgängern. Täglich fahren wir mit unseren Fahrrädern etwa 5 Km in die Sprachenschule, und obwohl wir es selbst kaum fassen können: Fahrrad fahren ist keinerlei Problem! Die Autofahrer in BsAs sind Radfahrer gewöhnt, und so lange man nicht zu sehr auf  Verkehrsregeln besteht, sondern irgendwie kreuz und quer oder auch gegen die Einbahnstraße durch die Gegend kurvt, kommt man schnell und sicher voran. Kaum zu glauben, aber Buenos Aires ist wesentlich sicherer zu radeln als Wellington (Neuseeland) oder Sydney! Sehr angenehm fällt uns auch die nette höfliche Art der Porteños (Bewohner von BuenosAires) auf. Egal wie trottelig wir Touristen uns anstellen, stets gibt es jemanden der uns, meist sogar unangesprochen, aus der Patsche hilft. Der Name Buenos Aires hat übrigesn nichts mit der gut riechenden Luft zu tun sondern ist als dank an die wohlgesonnenen Winde gemeint, die die Schiffe aus Europa hierher gebracht haben.
 
Cartoneros: "Berühmt" ist Buenos Aires unter anderem für seine Catoneros. Jede Nacht ziehen die Catoneros mit ihren Handkarren durch die Stadt und sammel Kartons und leere Plastikflaschen aus dem Müll, um sie dann weiter zu verkaufen. Vor allem seit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch von Argentinien 2001, bei dem die vorher an den US$ gekoppelte Währung gecrasht ist und die Argentinier ihr gesamtes erspartes Vermögen verloren haben, ist die Zahl der verarmten Menschen die sich als Catoneros ihren Lebensunterhalt verdienen müssen massiv gestiegen. Durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch ist damals nämlich die Hälfte der Bevölkerung Argentiniens unter die Armutsgrenze gerutscht! Ich habe vor den Catoneros einen unglaublichen Respekt! Obwohl sie durch den Wirtschaftscrash in den vollkommenen Ruin getrieben worden sind haben sie den Kopf nicht hängen lassen sondern nach Möglichkeiten gesucht, sich und die ihren zu ernähren. Doch sie scheinen in einer anderen Welt zu leben, denn die normal Werktätigen nehmen keine Notiz von ihnen. Würde ich daheim jemandem mitten in der Nacht begegnen der im Müll wühlt würde ich sicherlich die Straßenseite wechseln, doch von den Catoneros fühlen wir uns weder bedroht noch belästigt. Noch sind die Catoneros relativ neu in Buenos Aires, und so würden die Chancen sicherlich gut stehen, ihnen von Staatswegen aus ihren Misere zu helfen. Eine Möglichkeit könnte sein mit den Catoneros eine staatliche subventionierte Recyclingfirma zu gründen die ihnen vielleicht nicht ein viel besseres Einkommen ermöglicht, ihnen aber eine bessere soziale Stellung und soziale Absicherung verschafft. Außerdem könnten die Catoneros so auch in der Firma aufsteigen und ggf. sogar in andere Stellen vermittelt werden. Ferner könnte man so auch verhindern, daß die Eltern nicht auch noch ihre Kinder auf die Straße schicken müssen, sonder diese stattdessen eine Schule besuchen können. Leider haben wir jedoch auch viele Kinder bei den Catoneros gesehen, doch wenn diese Nachts Müll sammeln müssen und so am nächsten Morgen nicht in die Schule gehen entsteht ein Kreislauf, dem vermutlich nur sehr schwer wieder zu entkommen ist. Das Photo ist jedoch nicht von den Catonero aus Buenos Aires sondern von einem Schicksalsgenossen aus Montevideo, die dort jedoch Kutschen haben.
 
209. Wochenbericht 28.05. - 03.06.2007

Route: Buenos Aires, Colonia, Montevideo
 
Mutterbesuch und Jazzfestival: Normalerweise war geplant, daß uns meine Mutter dieses Jahr im August in Peru besuchen kommen sollte, doch wir sind leider etwas zu langsam, so daß wir den Besuch kurzfristig auf ihre Pfingstferien in Buenos Aires und Uruguay vorverlegt haben. Fast schon traditionsgemäß läuft ihr Flug jedoch nicht ganz so wie geplant, so daß sie 2,5 Stunden später ankommt. Ich war bereits morgens kurz nach 5 Uhr aufgebrochen um sie abzuholen. Mit einem Verfahrer erreiche ich nach über 2 Stunden Busfahrt den Flughafen. Als meine Mutter um 10 Uhr immer noch nicht da ist erkundige ich mich bei der Information und erhalte dort die Auskunft, daß ihr Flugzeug erst um 7:30 Abends (und nicht morgens wie ich dachte) ankommen würde. Ich fahre also wieder 1,5 Stunden zurück in die Stadt, wo ich umgehend meine Emails checke, nur um rauszufinden, daß meine Mutter bereits am Flughafen ist. Wir haben uns um lediglich 5 Minuten verpasst! Also nochmal 1,5 Stunden zum Flughafen, Mutter abgeholt und wieder 1,5 Stunden zurück. Bin vermutlich einer der wenigen Menschen die an einem Tag 8 Stunden in Buenos Aires Bus gefahren sind. Nachdem die große Bescherung mit alle unseren neuen Ausrüstungsteilen vorüber ist machen wir uns am Abend auf den Weg zu einem Jazz Festival. Das Festival ist sehr schön, doch Nadine hatte die glorreiche Idee nochmal schnell raus zu gehen um ein paar Kaffestückchen zu kaufen. Während sie nur kurz beim Bäcker war bildete sich eine riesige Schlange vor dem Eingang, die so groß ist, daß es Nadine leider nicht mehr in die Konzerthalle schafft. Stattdessen verbringt sie einen netten und frischen Abend mit anderen Leidensgenossen in der Warteschlange.
 
Parrilla: Dank schier unendlicher Weideflächen für Rinder ist das argentinische Rindfleisch weltberühmt. Während bei uns daheim jedoch insbesondere das argentinische Rindersteak bekannt ist, ist eines der Nationalgerichte hier die Parrilla, eine Grillplatte. Obwohl ich seit etwa 10 Jahren Vegetarier bin habe ich mich dazu hinreißen lassen in Buenos Aires mal eine Parrilla zu probieren. Imposant war die Parrilla, die für meine Mutter und mich auf einen kleinen Tischgrill gebracht wurde zwar schon, doch ansonsten war sie eher ernüchternd. Bekamen wir doch nicht wie erhofft verschiedene gegrillte Rindersteaks serviert, sondern gegrillte Rinderniere, gegrillte Kutteln (irgend ein Teil des Rindermagens), ein gegrilltes Rippchen und eine gegrillte Blutwurst. Dazu noch alles reichlich fett. Mag sein, daß die Innereien der Kühe in Argentinien ebenfalls weltklasse sind, mich konnten sie jedoch nicht davon überzeugen wieder ins Lager der Fleischesser zu wechseln. Highlight beim Parrilla essen war jedoch der Chefkellner, der sich rührend um uns gekümmert hat und sogar das Photo von uns gemacht hat.
 
Tangoshow Teil 1: Frisch "gestärkt" von der Parrilla geht es dann zu einer Tangoshow. Bereits am frühen Abend haben wir diverse Tangoshowveranstalter ausspioniert, doch bei allem schien der Kommentar im Reiseführer "völlig überteurte auf  Touristen abgestimmte Shows" zu stimmen, und so wählten wir einen kleineren Veranstalter, der mit dem Kommentar "authentisch" betitelt war. Direkt vor dem Lokal werden wir dann von einem Schlepper angesprochen, der meinte die Show würde auch gleich anfangen. Wir gehen in Lokal nur um festzustellen, daß es vollkommen leer ist, obwohl auf vielen Tischen "Reserviert" Schilder stehen. Es wird also schon noch voll werden denken wir uns. Obwohl wir die einzigen Gäste sind fängt die Show umgehend an, jedoch nicht wie erwartet mit zackigen Tanzvorführungen sondern mit einer Gesangsdarbietung. Tango ist nämlich nicht nur der Tanz sondern auch ein Musikstil. Im Eintrittspreis mit inbegriffen sind auch die Getränke und so bekommen wir eine Flasche Wein und Mineralwasser serviert. Obwohl wir die Einzigen Gäste sind wird das volle Programm durchgezogen. Die drei Musiker (Akkordeon, Klavier, Baß) sowie drei Sänger spulen ihr Programm runter, als wäre das Haus voll und wir ihre Ehrengäste. Nach etwa einer Stunde kommen dann noch zwei chilenische Damen und noch etwas später ein Pärchen aus Kolumbien. Wir sind erleichtert! Als eine Gruppe Männer kommt und sich an ein paar Tische setzt wagen wir schon fast zu hoffen, daß nun das Lokal wirklich voll wird, doch zwei Musikstücke später stellt sich heraus, daß es die Zweitbesetzung der Band ist, denn nun lösen sie ihre Kollegen ab. Nach und nach wird uns auch klar, was der Reiseführer mit authentisch gemeint hat. Alle Musiker und die insgesamt 5 Sänger sind bis auf zwei Ausnahmen alle hoch in den Sechzigern. Es wirkt fast so, als wenn sie alle vor vielen Jahren bekannte Größen in der Tango Szene von Buenos Aires waren, die jedoch nicht wahrhaben wollen, daß ihre Zeit mittlerweile vorüber ist. Die fast krampfhafte Hingabe mit der sie sogar nur für uns drei spielen ist professionell und mitleiderregend zugleich. Die Gründe, warum die Künstler ihre Show aufrecht erhalten sind sicherlich sehr vielfältig, finanzielle Interessen dürften es jedoch kaum sein, denn für 15 Akteure (incl. Kellner) und 3-7 zahlenden Gästen dürfte für den einzelnen wohl nicht allzuviel übrig bleiben. Vielmehr wirkt es auf uns so, als wenn der Tango, die Musik und der Tanz, ihr Leben war und ist, und dieses Leben gibt man halt nicht so einfach auf. Uns jedenfalls schmerzt es zu sehen, wie insbesondere einige der Sänger still und heimlich leiden. Gleich als wir ankommen bekommen wir einen Stapel Cd's auf den Tisch gelegt und zwei Sänger machen uns sogar darauf aufmerksam, daß sie ihre CD für uns auch handsignieren würden, wenn wir sie kaufen wollen. Schließlich singt auch der Chef der Truppe. Mehr als bei allen anderen Sängern fühlt man, daß er singt weil er es liebt zu singen,  auch wenn die in vielen Jahren einstudierte Mimik eines älteren Herren vor so wenig Gästen etwas skurril wirkt. Etwas lockerer scheinen die Sache jedoch die Musiker zu sehen, denn ihre primären "Kunden" sind ja die Sänger. Auch scheinen sie die Musik um der Musik willen zu machen und so schwelgt einer der Akkordeonisten in seinen Melodien, während er vom Pianisten, der vorher mühevoll mit kleinen Tippelschrittchen zu seinem Klavier gelaufen ist, unerwartet zackig und schwungvoll begleitet wird. Vielleicht sind wir etwas zu mutig, wenn wir es wagen hier parallelen zu Argentinien zu sehen, ein großartiges Land mit großartigen Menschen und einer großartigen wirtschaftlichen Vergangenheit, dessen Bürgen nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch oftmals bis auf die Erinnerung an bessere Zeiten und der Liebe zum Leben nicht viel geblieben ist.
 
Tangoshow Teil 2: Obwohl die Musiker und Sänger das Hauptprogramm des Abends gestalten gibt es zu jeder vollen Stunde eine Tanzvorführung eines Tangopaares. Den Tango den ich noch aus den Tanzschulzeiten kennen ist kantig und unromantisch. Ganz anders jedoch der argentinische Tango hier in Buenos Aires. Den Tango den wir hier sehen hat die Zärtlichkeit unterdrückter Leidenschaft, was sicherlich auch mit der etwas lieblicheren Musik zu tun hat.
 
Tangoshow Teil 3: Nach jeder Tanzvorführung schnappen sich unsere beiden Profitänzer das Publikum um uns in die Geheimnisse des argentinischen Tango einzuweihen. Während die Tänzerin eher etwas lustlos an den Tanzunterricht herangeht gibt er sich reichlich Mühe dabei die anwesenden Damen übers Parkett zu wirbeln. Meine Mutter kann ihre jahrelangen Tanzschulbesuche voll ausspielen und schafft es so sogar den Chef der Truppe zu einem Tanz aufzufordern.
 
Stadtfriedhof: Insbesondere Ende des 18. Jhr. bis Mitte des 19. Jhr. wurde in Argentinien und speziell  in Buenos Aires auf großem Fuß gelebt. Geld spielte bei der wohlhabenden Oberschicht oft keinerlei Rolle, was sich unter anderem auch in den Mausoleen auf dem pompösen Friedhof von Buenos Aires zeigt. Neben vielen anderen Berühmtheiten Argentiniens liegt hier auch Eva Peron begraben.
 
Uruguay: Vom 30.05. - 05.06. haben wir einen Ausflug nach Colonia und Montevideo in Uruguay gemacht. Berichte darüber folgen wenn wir in ein paar Tagen etwas länger in Uruguay sind.
 

210. Wochenbericht 04.06. - 10.06.2007

Route: Buenos Aires

 
Arbeitsbesuch von Sandra: Nach 4 Jahren hat es endlich mal geklappt, daß wir Sandra nicht nur bei einem Urlaubsbesuch treffen, sondern daß wir in der gleichen Stadt sind die sie als Flugbegleiterin der Lufthansa anfliegt. Da sie gerade mal 24 Stunden Aufenthalt hat verbringen wir beinahe die gesamte Zeit miteinander. Besonders interessant ist für uns, daß sie uns am Abend zum Essen mit ihren Crewkollegen einlädt und wir so die seltene Gelegenheit haben, mal einen kleinen Blick hinter die Kulissen werfen zu können. Obwohl wir diesmal keine Großbestellung bei ihr aufgegeben hatten, da ja meine Mutter alle notwendige und anderweitigen Ausrüstungsgegenstände schon mitgebracht hatte, lies sie es sich jedoch nicht nehmen uns zumindest mit einigen Leckereien zu verwöhnen.
 
La Boca: Gemeinsam geht es nach La Boca, das ehemals italienische Stadtviertel von Buenos Aires. Mittlerweile ist La Boca einer der ärmsten Stadtbezirke von Buenos Aires und ein Besuch in den 3 - 4 von der Polizei streng überwachten Straßen um die Fußgängerzone Caminito beschräkt. Wir drehen ebenfalls eine Runde durch diese für Touristen künstlich hergerichtete Welt aus kunterbut bemalten schiefen Wellblech und Hplzhäusern, und haben auch Spaß dabei in den vielen Läden mit Touristenartikel zu stöbern. Letztendlich werden wir auch fündig, und Sandra kauft ein Bild und eine Mate Tasse und Nadine ebenfalls eine Mate Tasse.
 
Straßentango: Tango ist eine Touristenattraktion in Buenos Aires und so natürlich auch in La Boca. Um Touristen anzulocken haben die Wirte Musiker und Tangotänzer angestellt, die für die Unterhaltung der Gäste in den Straßenrestaurants und Straßencafés sorgen.
 
Café Tortoni: Eines der berühmtesten Cafés von Buenos Aires ist das Café Tortoni. Seit über hundert Jahren ist es der Treffpunkt von Künstlern und Schriftstellern und da wir diesmal schon einen Städteurlaub mit meiner Mutter machen statten wir dem Café auch einen Besuch ab. Überrascht sind wir, daß das Café überwiegend von Argentiniern frequentiert wird. Neben den herrlichen alten Räumlichkeiten mit Marmorsäulen, Ledersesseln, den Portraits von vielen seiner berühmten Besuchern und den Kellnern, die ebenfalls noch aus der großen alten Zeit Argentiniens zu stammen scheinen, hat es uns jedoch ganz besonders die Mousse au Chocolate Torte angetan. Meine Mutter, ein ausgesprochener Schokoladenliebhaber, ist sogar der Meinung, daß das die beste Torte ihres Lebens war! Am Abreisetag waren wir daher noch mal zum Torteessen hier.
 
Tigre Delta: Nur 30 Km von Stadtzentrum von Buenos Aires entfernt liegt das Tigre Delta, ein riesiges Flußdelta mit unzähligen Kanälen und Inseln. Kein Wunder, daß dies das Naherholungsgebiet der Porteños ist. Wer es sich leisten kann hat ein kleines, bzw. größeres Häuschen auf einer der Inseln, und für den Rest gibt es noch genügend Cafés, Restaurants, Hotels und Campingplätze. Erreichen kann man das Delta natürlich nur per Boot was jedoch mit den regelmäßig verkehrenden Lanchas (Bootsbussen) keinerlei Problem ist. Auch wir fahren mit einer Lancha zu einer der Inseln im Delta und steigen bei Tres Bocas (3 Mündungen) aus.
 
Abenteuerpfad auf Tres Bocas: Auf der Deltainsel Tres Bocas unternehmen wir eine kleine Rundwanderung. Zunächst bin ich noch etwas belustigt, da der Rundweg in einer Broschüre als Abenteuertrekking bezeichnet wird, doch dann wird aus dem mit Gehsteigplatten gepflastertem Weg ein lehmiger Trampelpfad. Schließlich dürfen wir auch noch einige Wasserläufe auf abenteuerlichen Holzbrücken überqueren, so daß wir zwischendurch gar nicht mehr so sicher sind, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind. Zu unserem Schutz haben sich übrigens 2 Hunde bereiterklärt uns auf dem Rundweg zu begleiten, so daß wir sicher nach 2 Stunden wieder am Anlegesteg ankommen.
 
Schwimmender Supermarkt: Für diejenigen die im Tigre Delta wohnen ist der Gang zum nächsten Supermarkt natürlich etwas schwieriger, und so gibt es hier schwimmende Supermärkte, die vermutlich besser ausgestattet sind als so mancher Tante Emma Laden.
 
Besenflugschein: Da hat eine Hexe anscheinen ihren Besenflugschein im Lotto gewonnen. Oder handelt es sich hier um einen Fall von Trunkenheit auf dem Besen?
 
Schwer beladen: Wäre dieses Holztransportschiff noch etwas mehr beladen würde es sicherlich eine Zulassung als U-Boot bekommen
 
Leben auf der Straße: Während wir in Uruguay waren waren in Buenos Aires Wahlen, und vermutlich deswegen haben wir die ganze Zeit vorher nie Menschen getroffen, die auf der Straße leben müssen. Wir vermuten, daß die Stadtregierung sie für den Wahlkampf vorübergehend verräumt hat. Nun, gerade mal ein paar Tage nach dem Wahlkampf, sehen wir sie auf einmal überall. Egal ob in kleinen Grünanlagen oder in Häusernieschen, plötzlich sehen wir überall Matratzen oder Kartons liegen, die für diejenigen, die aus der Gesellschaft nach unten herausgefallen sind, das zu Hause bilden. Kaum zu glauben, daß Argentinien einmal zu den 10 reichsten Ländern der Erde gehört hat, doch das war noch vor Juan Perons erster Amtsperiode.
 
Hundekindergarten: In Buenos Aires kann man seinen Hund tagsüber in einer Art Hundekindergarten abgeben, wo er mit seinesgleichen sicherlich einen spannenderen Tag verbringt als alleine daheim. Natürlich kann man hier seinen Hund auch einem professionellen Hundespaziergänger anvertrauen, der ihn dann zusammen mit 10 anderen Hunden gleichzeitig ausführt.
 
Musicalbesuch und Abflug: Nachdem wir in Montevideo schon eine Theateraufführung des kleinen Prinzen gesehen hatten schauen wir uns an unserem letzten Abend noch ein Musical in Buenos Aires an. Das Musical Camela handelt von der Liebe von Camela zu eine Pfarrer zur Zeit von Rosa (in der ersten Hälfte des 19. Jhr.). Als Camela dem Pfarrer ihre Liebe gestehtund dieser seine Kutte auszieht, um mit ihr ein glückliches Leben zu führen, werden sie verhaftet und zum Tode verurteilt. Obwohl wir gerade genug verstehen um der Handlung überhaupt folgen zu können sind sowohl Bühnenbild und die Gesangseinlagen wirklich sehr schön. Ein gutes Kulturangebot ist vermutlich eines der wenigen Dinge, das mich an Großstädten reizt. Am nächsten Tag gegen 21 Uhr soll dann der Flug meiner Mutter gehen. Wir sind um 18:30 Uhr am Check In, nur um zu erfahren, daß wegen starkem Nebel der Flug zu spät ankam, die Crew jetzt 12 Stunden Pause haben müsse, und somit der Rückflug morgen Früh um 5:40 Uhr wäre. Gegen 4:00 Uhr sollte sich meine Mutter dann bitte im Bording Room einfinden! Meine Mutter hat ja auf ihren Flügen schon viel erlebt, doch das ist nun doch wieder etwas neues. Wir fahren also wieder 1,5 Stunden mit dem Bus zurück zu unserer Gastfamilie und gönnen uns noch ein paar Stunden Schlaf, bevor wir uns um 02:30 Uhr wieder auf dem Weg zum Flughafen machen. Ziemlich erstaunt bin ich in Buenos Aires, daß hier die Busse sogar die ganze Nacht hindurch fahren, und selbst als wir um 2:30 Uhr in den Bus einsteigen müssen wir erst eine Weile warten, bis wir einen Sitzplatz bekommen.
 
211. Wochenbericht 11.06. - 17.06.2007

Route: Buenos Aires, Rosario
 
Auf der Autobahn durch die Pampa: Unsere nächste Etappe führt uns von Buenos Aires nach Rosario. Um dem Stadtverkehr zu entgehen nehmen wir einen Vorstadtzug bis nach Tigre, wo wir dann direkt auf die Autobahn wechseln. 300 Km Autobahn durch die Pampa Argentiniens. Felder so weit das Auge reicht, hin und wieder kreuzen einige schmutzige und stinkende Bäche. Wir haben quasi jeden Tag Nebel oder Hochnebel, es ist kalt und wir haben meist Gegenwind. Als wenn das nicht alles schon genug wäre donnert ein Lkw nach dem anderen an uns vorbei, wovon uns abends ordentlich der Kopf dröhnt. Eine Alternativroute gibt es nicht, und selbst Nachts müssen wir in unmittelbarer Nähe der Autobahn unser Zelt aufbauen, da ja ansonsten alles eingezäunt ist. Die Etappe gehört sicherlich zu den langweiligsten und anstrengendsten unserer Reise, und obwohl es absolut flach ist kommen wir dank Gegenwind kaum voran. Hinzu kommt daß wir nach der langen Radelpause in Buenos Aires nicht gerade fit sind. Lichtblicke sind da ein lebendes Stinktier und ein paar wilde Meerschweinchen die wir sehen. Außerdem sieht Nadine einmal sogar kurz ein Gürteltier. Kurz bevor Nadine jedoch in ernsthafte Depressionen verfällt erreichen wir zum Glück aber Rosario bei strahlendem Sonnenschein.
 
Tecnomaiz: Nein, Tecnomaiz ist nicht der neueste Musikstil der Freunde der elektronischen Unterhaltungsmusik. Doch wer weiß, wenn wir alle nur genügend genmanipulierte Lebensmittel zu uns nehmen sind wir vielleicht alle bald auch so aufgedreht wie die von chemischen Drogen aufgeputschten Liebhaber der elektronischen Musik
 
Geplanter Besuch bei Toto: Eigentlich wollten wir in Rosario Toto, einen Argentinier den wir schon aus Limburg kennen, besuchen. Leider ist er jedoch gerade irgendwo in Patagonien unterwegs, so daß wir bei ihm zu Hause leider niemanden antreffen. Toto war gerade umgezogen und wir habe zwar die neue Adresse doch leider keine aktuelle Telefonnummer, und die Handynummer, die wir notfallmäßig noch aus Deutschland geschickt bekommen, endet ebenfalls bei der netten Bandansage der Telefongesellschaft, die meint wir sollten doch die Telefonauskunft anrufen, da die gewählte Nummer nicht existieren würde. Leider kam Toto erst zurück als wir Rosario schon wieder verlassen hatten, so daß ein Wiedersehen vermutlich noch eine Weile warten muß.
 

Fahrradreparatur: In Buenos Aires hatten wir Nadines Fahrrad ein neues Tretlager und einen neuen Steuersatz verpasst. Die Radmechaniker haben sich dort aber nicht mit Ruhm bekleckert und ich hatte damals schon mehrfach Angst, daß sie während der 1,5 Stunden dauernden Umbauaktion mit 2 Mechaniker das Rad ernsthaft beschädigen würden. Nun, 300 Km später, ist dann das Tretlager auch schon wieder kaputt, denn es macht Knackgeräusche das einem die Haare zu Berge stehen. Also wieder in einen Radladen. Die Mechaniker hier verstehen ihr Handwerk jedoch um einiges besser und fahren das Rad erst einmal Probe. Erst meinen sie zwar, daß es lediglich die Kette sei, die die Knackgeräusche macht (insbesondere als ich erzähle, daß die Kette bereits 7000 Km drauf ist), doch letztendlich kann ich sie davon überzeugen, doch das Tretlager zu tauschen. Nun ja und was soll ich sagen, beim öffnen kommt es uns auch schon entgegengeflogen. Da haben die uns in Buenos Aires für teueres Geld irgendein chinesisches Billigteil eingebaut! Wir verstehen uns blendend mit dem Besitzer des Radladens und unterhalten uns noch den halben Abend mit ihm. Wir haben sogar die Vermutung, daß er uns das Tretlager besonders günstig verkauft hat, den 10,- € für ein Shimano Tretlager samt Umbau ist etwa die Hälfte wie das, was wir für das Billigteil in Buenos Aires bezahlt haben!!!

 
Semana de la Bandera: Hier am Rio Parana in Rosario liegt der Ort, an dem General Belgrano 1812, auf dem Weg um gegen die Spanier in Jujui zu kämpfen, das erste mal die Argentinische Flagge hißte. Dem zu ehren wurde in Rosario ein riesiges Monumento de la Badera mit einem 70m hohen Turm von dem man einer herrlichen Blick über den Rio Parana hat. Die Woche vor dem 20 Juni ist die "Woche der Flagge" die mit Festivitäten rund um die Flagge gefeiert wird. Wir kamen passend zur Semana de la Bandera nach Rosario, und konnten so ein kleinwenig dem bunten Treiben rund um die Flagge beiwohnen.
 
Näharbeiten zur großen Feier: Die Vorbereitungen zur großen Feier am 20. Juni laufen auf Hochtouren und so sitzen mehrere Schneiderinnen vor dem großen Monument und nähen diverse Riesenflaggen zusammen. Auf einer Nähmaschine dürfen dann sogar alle Passanten, große wie kleine, ebenfalls selbst mal ein Stück der Fahne nähen.
 
La Bandera: Anders als wir Deutschen haben die Argentinier jedoch ein etwas natürlicheres Verhältnis zu Ihrer Flagge, und so ist es dann auch kein Problem, daß man sich mal für ein Photo in den blau-weis-blau gestreiften Stoff kuschelt.
 
Che Guevara: Der große südamerikanische Revolutionsheld der Moderne, Che Guevara, wurde 1928 hier in Rosario geboren. Seit der Verfilmung seiner Motorradtagebücher wieder in aller Munde ist Che Guevara aber schon lange ein Vorbild für viele Jugendliche in aller Welt. Mir war der Kult um ih jedoch schon immer ein Rätsel. Hier in Rosario gibt es gerade eine Photoausstellung über Revolutionshelden und ehemaligen Freund von Fidel Castro, der schließlich im Kongo ermordet wurde. Besonders aufgefallen sind mir natürlich zwei Aufnahmen. Zum einen die, auf der er mit einem Freund auf einem Floß auf dem Amazonas paddelt, und eine andere Aufnahme, wo er eine 4000 Km lange Fahrradtour durch Argentinien unternommen hat.
 
Über die Brücke nach Victoria: Offiziell ist die Brücke über den Rio Parana für Fahrradfahrer gesperrt, doch als wir auf die Brücke auffahren ist der Polizist in seinen Häuschen so in seine Zeitung vertieft, daß er uns nicht sieht. Auf der anderen Seite der Brücke ist jedoch eine Mautstelle und ein größerer Polizeiposten die uns dann auch sofort anhalten. Sehr höflich erklären sie uns, daß nach der Mautstelle keine Fahrräder mehr fahren dürften. Die Straße nach Victoria wäre zwar eine normale Bundesstraße. doch es gäbe nur eine Fahrspur pro Seite und kein Bankett, so daß es bei dem starken Lkw Verkehr für Fahrradfahrer viel zu gefährlich wäre. Daher schlagen die Polizisten uns vor, daß wir doch wieder über die Brücke zurück nach Rosario fahren sollten und dort dann einen Bus nach Victoria nehmen sollten. Ich frage höflich an, ob wir den Bus auch hier anhalten könnten. Der Polizist funkt kurz seinen Chef an und meint, daß sie versuchen würden einen Camionetta (Pickup) für uns anzuhalten. Es dauert gerade mal 15 Minuten, bis es den Polizisten gelungen ist, einen Camioneta anzuhalten dessen Fahrer uns bereitwillig mit über die für Radler gesperrte Strecke nimmt. Erst will der Fahrer zwar noch unsere voll beladenen Räder komplett auf die Ladefläche verladen, doch als er versuchte eines der Räder anzuheben sieht er schnell ein, daß es wohl doch einfacher ist alle Packtaschen vorher abzuladen. Ein paar Minuten später sind wir und die Räder auf der Ladefläche verstaut und los geht die 50 Km lange Fahrt durch die Flußlandschaft des Rio Parana bis nach Victoria, wo wir wieder auf die Straße gelassen werden.
 
Flußlandschaft: Die Strecke von Rosario nach Victoria führt durch eine riesige Flußlandschaft des Rio Parana, mit unzähligen, Kanälen, Sümpfen und Inseln. Die Straße selbst verläuft übrigens auf einem aufgeschüttetem Wall. Es wäre sicherlich sehr schöne gewesen vom Fahrrad aus die Landschaft in aller Ruhe zu betrachten, doch von der Ladefläche des Camionetta haben wir ebenfalls eine gute Aussicht. Lediglich der Fahrtwind bei den ohnehin schon frischen Temperaturen schmälert etwas die Freude an der schönen Fahrt.
 
212. Wochenbericht 18.06. - 17.06.2007

Route: Victoria, Colon
 
Palacio San José: Der Palacio San José ist die Residenz des früheren Gouverneurs der Provinz Entre Rios, José de Urquiza. Urquiza organisierte 1852 eine dreifache Allianz von Argentinien, Brasilien und Uruguay um den General de Rosas, den Gouverneur von Buenos Aires, der damals seit 17 Jahren ein Art Schreckensherrschaft führte, zu entmachten, was 1852 bei Caseros gelang. Später wurde Urquiza hier in seinem eigenem Haus ermordet. Besonders beeindruckend sind für uns zum einem in welcher Pracht die argentinische Oberschicht so kurz nach der Unabhängigkeit Argentiniens gelebt hat. Neben einem riesigen Garten und einem künstlich angelegtem See mit Dampfschiff verfügte der Palacio über eine eigene Kapelle, und im Hauptgebäudekomplex über zwei große Innenhöfe, um die die jeweiligen Zimmer angelegt sind. Während der erste Innenhof von den Verwaltungs- und Küchenräumlichkeiten umgeben ist, liegen um dem zweiten Innenhof die Wohn- und Gesellschaftsräume der Familie von José Urquiza. Zum anderen finden wir es absolut faszinierend, hier diesen riesigen Palast mitten im Nirgendwo zu finden. Weit und breit gibt es nicht viel mehr als Weiden und Sumpflandschaft und selbst bei dem mittlerweile gut ausgebautem und wetterfesten Wegenetz ist es zum Beispiel von Buenos Aires eine kleine Weltreise bis hierher. Kaum vorzustellen, wie es wohl war den Palacio vor gut 150 Jahren in einem regenreichen Sommer zu erreichen! Vermutlich ist damals die Hälfte der Besucher nämlich irgendwo im Schlamm steckengeblieben.
 
Küche: Diese Küche zählte um 1860 vermutlich zu den modernsten in Argentinien, hatte sie doch als erste im ganzen Land fließend Wasser! Auch der achteckige Herd dürfte damals sicherlich sehr ausgefallen gewesen sein.
 
Gästetoilette: In der Kommode ist zugleich ebenfalls die Gästetoilette eingebaut, für das dringende Bedürfnis in der Nacht. Das Ausleeren am nächsten Morgen ist jedoch sicherlich eine ganz besondere Freude!
 
Nüsse und Orangen: Als wir gerade dabei sind zu gehen sprechen uns die mittlerweile neugierig gewordenen Mitarbeiter des Palacio an, und im Nu entwickelt sich eine sehr nette Unterhaltung. Während der Unterhaltung sind der Sicherheitsmann und eine Kartenverkäuferin unentwegt dabei Nüsse zu knacken und so kommt es, daß sie auch uns Pecannüsse anbieten. Wir sind gerade in der Unterhaltung dabei zu erklären, was wir als Vegetarier so essen, wodurch der Sicherheitsman auf die Idee kommt, daß wir von hier zumindest ein paar Nüsse mitnehmen sollten. Zusammen mit drei Angestellten gehen wir also in den Garten des Palacio und sammeln bis wir eine große Tüte voll gefüllt mit Pecannüssen haben. Zusätzlich bekommen wir dann auch noch eine Tüte mit einigen Kilo Orangen, so daß wir uns um unseren Vitaminhaushalt der nächsten Tage keine Sorge machen müssen. Voller beladen als nach einem Supermarktbesuch machen wir uns schließlich kurz vor Sonnenuntergang wieder auf den Weg.
 
Thermalbad in Colon: Unser vorerst letzter Ort in Argentinien ist diesmal der kleine Thermalort Colon am Rio Uruguay, wo wir unseren müden Radlermuskeln bei einem gemütlichem Bad in den 40°C warmen modernen Thermalbecken etwas Erholung gönnen. Doch die Erholung war teuer erkauft, hatte es doch am Nachmittag so stark geregnet, daß wir auf dem Weg zum Thermalbad komplett im Schlamm versunken sind. Nadines Fahrrad war so voll Schlamm, daß sich kein Rad mehr drehte und wir es am nächsten Tag erst einmal mit einem Hochdruckreiniger wieder sauber und fahrbar machen müssen bevor wir weiter nach Uruguay fahren. Doch wie auch für Paulchen Panther ist für uns in Argentinien hier nicht aller Tage Abend, denn, "wir kommen wieder, keine Frage!"
 

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Broschüre über unsere

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